Gescheitert am Normalsein
John Burnside über seine dunklen Jahre
Er wollte auf jeden Fall anders sein als sein Vater. Das hat John Burnside geschafft. Der Schotte ist Schriftsteller geworden und lehrt als Professor kreatives Schreiben an der Universität von St. Andrews. Trotzdem ist er überzeugt davon, dass sein Vater nicht stolz auf den Erfolg gewesen wäre. „Er hätte gesagt: Das ist etwas für Weicheier, Bücher lesen und mit Studenten sprechen“, erklärte Burnside in einem Interview. Schon in dem Roman „Lügen über meinen Vater“hat der 61-Jährige mit seinem Vater, einem alkoholkranken Stahlarbeiter, abgerechnet. Die Fortsetzung heißt „Wie alle anderen“, und Burnside beschreibt darin, wie er selbst in den 80er Jahren drogensüchtig und alkoholabhängig war, unter Schizophrenie litt. Damals war sein größter Wunsch, wie alle anderen zu sein, also ein normales Leben zu führen – am besten in der Vorstadt und „aufs Angenehmste betäubt“. Doch er gerät in den Sog der Abhängigkeit, hat Affären, erlebt in selbst gewählter Einsamkeit seltsame Höhenflüge – immer nah dran an der Selbstzerstörung. Ein irrer Typ, den ein Kollege schließlich sogar fragt, ob er nicht für ihn die Frau umbringen könne ...
Am Ende versteht er, dass er mit dem Versuch, wie jedermann zu sein, gescheitert ist, dass er zu sich selbst stehen muss, um zu überleben. „Es ist lange her, dass ich normal sein wollte“, schreibt er im letzten Kapitel. „Ich hab’s probiert, aber es war nichts für mich.“Wie er sein Anderssein literarisch verarbeitet hat, das aber ist grandios. (li)
Knaus, 314 S., 19,99 ¤