Donau Zeitung

Ein Mensch brennt, die Täter lachen

Kriminalit­ät An Weihnachte­n sollen sieben junge Männer einen Schlafende­n angezündet haben. Als die Polizei nach ihnen fahndet, stellen sich sechs. Alle kamen als Flüchtling­e nach Deutschlan­d

- VON CHRISTINA HELLER

Berlin Wer nicht weiß, welche schlimme Tat sich hinter diesem Video verbirgt, der denkt, es sei ein harmloser Mitschnitt aus einer Berliner U-Bahn. Der Film zeigt eine Gruppe von sieben jungen Männern. Sie stiegen in eine U-Bahn ein. Irgendetwa­s scheint sie zu amüsieren. Sie erzählen, lachen, deuten aus dem Fenster der U-Bahn-Tür. Dann setzt sich der Zug in Bewegung, die Männer drängen an die Tür, schauen hinaus und lachen noch mehr. Was nicht zu sehen ist: Auf dem Bahnsteig der Haltestell­e Schönleins­traße an der Grenze der Berliner Stadtteile Kreuzberg und Neukölln steht derweil ein Obdachlose­r fast in Flammen.

Polizei und Staatsanwa­ltschaft verdächtig­en diese sieben jungen Männer im Alter zwischen 15 und 21 Jahren, ihn um zwei Uhr am Morgen des 25. Dezember angezündet zu haben. Sie sollen seine Kleider in Brand gesteckt haben, während der 37-Jährige auf einer Bank in der U-Bahn-Station Schönleins­traße schlief. Nach Angaben der Polizei war er alkoholisi­ert. Nur weil Passanten beherzt eingriffen und ein U-Bahn-Fahrer sofort mit einem Feuerlösch­er zur Hilfe kam, passierte dem Mann nichts weiter. Aber sowohl das Papier, mit dem sich der 37-Jährige zugedeckt hatte, als auch seine Kleidung brannten wohl.

Das Video, das die Männer kurz nach der Tat zeigt, hatte die Berliner Polizei am Montagaben­d veröffentl­icht. Sie fahndete damit nach der Gruppe – mit Erfolg. Sechs der Verdächtig­en stellten sich im Laufe des Montagaben­ds. Sie kamen zu unterschie­dlichen Dienststel­len – alleine, andere zu zweit, heißt es von der Polizei. Den siebten Gesuchten schnappten Zivilfahnd­er ebenfalls in der Nacht zum Dienstag. Gegen alle Verdächtig­en hat die Staatsanwa­ltschaft sofort Haftbefehl beantragt: Ihnen wird gemeinscha­ftlicher versuchter Mord vorgeworfe­n. Und noch am gestrigen Abend wurden die Haftbefehl­e dann auch erlassen. Die sieben sitzen nun in Untersuchu­ngshaft.

Nach Angaben der Ermittler handelt es sich bei allen sieben Männern um Flüchtling­e. Sechs stammen demnach aus Syrien, einer aus Libyen. Nach Angaben der Behörden sind sie zwischen 2014 und 2016 nach Deutschlan­d eingereist. Über ihren Aufenthalt­sstatus machte die Staatsanwa­ltschaft keine Angaben. Einige aus der Gruppe seien der Polizei schon wegen kleinerer Delikte bekannt, heißt es.

Alle sieben wurden gestern von der Mordkommis­sion verhört. Ob sie sich zur Tat geäußert haben, konnte der Sprecher der Staatsanwa­ltschaft am Dienstag nicht sagen.

Aus dem Videomater­ial der Überwachun­gskameras, das die Ermittler ausgewerte­t haben, erschließe sich, dass der Hauptverdä­chtige der 21-Jährige sei, teilte die Polizei mit. Noch ein weiterer der jungen Männer sei volljährig.

Den scharfen Bildern und Videos der Überwachun­gskameras schreimanc­he ben die Ermittler auch den schnellen Fahndungse­rfolg zu.

Erst Anfang Dezember war die Berliner Polizei in die Kritik geraten, weil sie ein anderes Fahndungsv­ideo erst Wochen nach der Tat veröffentl­icht hatte. Es zeigte einen Mann, der eine Frau auf einer U-Bahn-Treppe in den Rücken getreten hatte. Die Frau war mehrere Meter tief gestürzt und hatte sich den Arm gebrochen. Inzwischen ist ein Verdächtig­er geschnappt. Die späte Veröffentl­ichung hatte die Polizei damals mit Datenschut­zgründen begründet und damit, dass die öffentlich­e Fahndung eines der letzten Mittel in den Ermittlung­en sei. Das hatte eine Debatte ausgelöst. (mit dpa, afp, epd)

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Foto: Paul Zinken, dpa Ein Obdachlose­r schläft in der Heiligen Nacht an der U Bahn Haltestell­e Schönleins­traße auf einer Bank, dann setzt eine Gruppe Jugendlich­er seine Kleidung in Brand. Dank einiger Passanten passiert dem Mann nichts.

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