Ein Mensch brennt, die Täter lachen
Kriminalität An Weihnachten sollen sieben junge Männer einen Schlafenden angezündet haben. Als die Polizei nach ihnen fahndet, stellen sich sechs. Alle kamen als Flüchtlinge nach Deutschland
Berlin Wer nicht weiß, welche schlimme Tat sich hinter diesem Video verbirgt, der denkt, es sei ein harmloser Mitschnitt aus einer Berliner U-Bahn. Der Film zeigt eine Gruppe von sieben jungen Männern. Sie stiegen in eine U-Bahn ein. Irgendetwas scheint sie zu amüsieren. Sie erzählen, lachen, deuten aus dem Fenster der U-Bahn-Tür. Dann setzt sich der Zug in Bewegung, die Männer drängen an die Tür, schauen hinaus und lachen noch mehr. Was nicht zu sehen ist: Auf dem Bahnsteig der Haltestelle Schönleinstraße an der Grenze der Berliner Stadtteile Kreuzberg und Neukölln steht derweil ein Obdachloser fast in Flammen.
Polizei und Staatsanwaltschaft verdächtigen diese sieben jungen Männer im Alter zwischen 15 und 21 Jahren, ihn um zwei Uhr am Morgen des 25. Dezember angezündet zu haben. Sie sollen seine Kleider in Brand gesteckt haben, während der 37-Jährige auf einer Bank in der U-Bahn-Station Schönleinstraße schlief. Nach Angaben der Polizei war er alkoholisiert. Nur weil Passanten beherzt eingriffen und ein U-Bahn-Fahrer sofort mit einem Feuerlöscher zur Hilfe kam, passierte dem Mann nichts weiter. Aber sowohl das Papier, mit dem sich der 37-Jährige zugedeckt hatte, als auch seine Kleidung brannten wohl.
Das Video, das die Männer kurz nach der Tat zeigt, hatte die Berliner Polizei am Montagabend veröffentlicht. Sie fahndete damit nach der Gruppe – mit Erfolg. Sechs der Verdächtigen stellten sich im Laufe des Montagabends. Sie kamen zu unterschiedlichen Dienststellen – alleine, andere zu zweit, heißt es von der Polizei. Den siebten Gesuchten schnappten Zivilfahnder ebenfalls in der Nacht zum Dienstag. Gegen alle Verdächtigen hat die Staatsanwaltschaft sofort Haftbefehl beantragt: Ihnen wird gemeinschaftlicher versuchter Mord vorgeworfen. Und noch am gestrigen Abend wurden die Haftbefehle dann auch erlassen. Die sieben sitzen nun in Untersuchungshaft.
Nach Angaben der Ermittler handelt es sich bei allen sieben Männern um Flüchtlinge. Sechs stammen demnach aus Syrien, einer aus Libyen. Nach Angaben der Behörden sind sie zwischen 2014 und 2016 nach Deutschland eingereist. Über ihren Aufenthaltsstatus machte die Staatsanwaltschaft keine Angaben. Einige aus der Gruppe seien der Polizei schon wegen kleinerer Delikte bekannt, heißt es.
Alle sieben wurden gestern von der Mordkommission verhört. Ob sie sich zur Tat geäußert haben, konnte der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Dienstag nicht sagen.
Aus dem Videomaterial der Überwachungskameras, das die Ermittler ausgewertet haben, erschließe sich, dass der Hauptverdächtige der 21-Jährige sei, teilte die Polizei mit. Noch ein weiterer der jungen Männer sei volljährig.
Den scharfen Bildern und Videos der Überwachungskameras schreimanche ben die Ermittler auch den schnellen Fahndungserfolg zu.
Erst Anfang Dezember war die Berliner Polizei in die Kritik geraten, weil sie ein anderes Fahndungsvideo erst Wochen nach der Tat veröffentlicht hatte. Es zeigte einen Mann, der eine Frau auf einer U-Bahn-Treppe in den Rücken getreten hatte. Die Frau war mehrere Meter tief gestürzt und hatte sich den Arm gebrochen. Inzwischen ist ein Verdächtiger geschnappt. Die späte Veröffentlichung hatte die Polizei damals mit Datenschutzgründen begründet und damit, dass die öffentliche Fahndung eines der letzten Mittel in den Ermittlungen sei. Das hatte eine Debatte ausgelöst. (mit dpa, afp, epd)