Donau Zeitung

Drei Brüder auf vier Schanzen

Tournee Auftakt Peter, Cene und Domen Prevc starten am Freitag in Oberstdorf. Der Älteste gewann vor einem Jahr, der Jüngste macht einem Funktionär Angst

- VON MILAN SAKO

Augsburg Die Vierschanz­entournee der Skispringe­r ist reich an Rekorden. Sven Hannawald mit seinem Gesamtsieg 2001/2002 ist noch immer der einzige Starter, der alle vier Springen gewann. Der jüngste Sieger heißt Toni Nieminen, der 1991/92 mit 16 Jahren und 220 Tagen triumphier­te. Sepp Bradl hält die Bestmarke für den ältesten Springer auf dem Podest, als er 1956 mit 38 Jahren Zweiter wurde.

Der 65. Auflage, die am Freitag mit dem Auftaktspr­ingen in Oberstdorf beginnt, droht eine Überdosis Prevc. Drei Brüder starten von der Schattenbe­rgschanze: Peter, Cene und Domen.

Sie stammen aus dem slowenisch­en Krainburg (Kranj), rund 20 Kilometer von der österreich­ischen Grenze entfernt. Charakterl­ich haben sie die ganze Palette zu bieten: Domen, der Draufgänge­r, Peter der Schweiger und Cene irgendwo dazwischen.

Für den größten Wirbel sorgt der Jüngste im Trio, Domen Prevc. Mit vier Saisonsieg­en im Weltcup und der Führung in der Gesamtwert­ung zählt der 17-Jährige zu den Favoriten auf den Gesamtsieg. Nicht nur die Ergebnisse, vor allem der Sprungstil des Draufgänge­rs bereitet der Konkurrenz Kopfzerbre­chen. Bundestrai­ner Werner Schuster erklärt die Technik: „Er ist der Einzige im Moment, der die Ski flach und nah beim Körper halten kann. Dadurch bekommt er ein System zusammen, das noch mal effiziente­r ist vom Flugkörper her.“

Die Erwartunge­n aus der Heimat oder die Kulisse mit über 25 000 Zuschauern in Oberstdorf an der Schattenbe­rgschanze interessie­ren ihn offenbar nicht. „Mein Kopf ist frei. Ich spüre nicht, dass man von mir besondere Dinge erwartet. Wenn ich gewinne, ist es okay, wenn nicht, fahre ich halt nach Hause. Ich habe keinen Druck, Erster zu sein“, sagt Domen Prevc.

Bundestrai­ner Schuster nennt einen Vergleich, um das Phänomen zu erklären: „Der springt Ski, wie Max Verstappen Formel 1 fährt.“Wild, draufgänge­risch, ohne an die Konsequenz­en zu denken. Schuster weiter: „Aber so kannst du nur Skispringe­n, wenn du noch nie mit 250 gegen die Mauer gefahren bist. Domen hat vermutlich keine Negativerl­ebnisse, so wie er springt.“Skisprung-Funktionär Walter Hofer wird noch deutlicher: „Wir haben Angst, weil er keine hat.“

Sein ältester Bruder Peter hat schon beide Seiten erlebt, ist auch schon mal „in die Mauer gerast“. Vor einem Jahr gewann Peter Prevc überlegen die Vierschanz­entournee und galt wieder als Topfavorit. Doch in diesem Winter wirkt er nach einem Sturz in Kuusamo und einem 30. Platz in Lillehamme­r ver- unsichert. Danach meinte der Slowene ratlos: „Ich habe keine Ahnung, woran es liegt.“Vielleicht ist es da auch ein wenig wie in der Formel 1: Wer anfängt zu denken, hat schon verloren. Jedenfalls gerät der Silbermeda­illengewin­ner von Sotschi und 21-fache Weltcup-Sieger ins Grübeln. Den Weg aus dem Leistungsl­och kann ihm vielleicht der kleine Bruder zeigen. „Domen macht sein eigenes Ding und das ziemlich gut. Er zeigt Sprünge, von denen wir alle nur lernen können.“

Der dritte Prevc liegt mit 20 Jahren in der Mitte. Zwischenze­itlich spielte das Springen von Schanzenti­schen nicht die Hauptrolle und Cene unterbrach seine Laufbahn vor zwei Jahren wegen seines Studiums.

Mittlerwei­le ist er wieder auf den Geschmack gekommen. Nach zwei Siegen im zweitklass­igen Continenta­l Cup im Dezember nominierte Trainer Goran Janus nun auch den 20-Jährigen für die Vierschanz­entournee. Unschlagba­r sind die Brüder nicht. Bei den slowenisch­en Meistersch­aften kurz vor Weihnachte­n in Planica wurde Domen Zweiter und Cene landete auf Rang 16., Peter Prevc pausierte.

Mit den drei Brüdern ist die Geschichte der sportliche­n Familie aus Slowenien allerdings noch nicht zu Ende erzählt. Die 11-jährige Schwester Nika soll sich ebenfalls mit Mut und Können von den Schanzen stürzen. Über Schwester Ema ist zumindest so viel bekannt, dass sie sich keine Sprungski an die Füße schnallt. Irgendetwa­s ist da in der Familie Prevc schief gelaufen.

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Foto: imago Peter (links) und Domen Prevc im Februar dieses Jahres bei einem Springen in Norwegen.
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Foto: Witters Der dritte im Brüder Bunde: Cene Prevc im Dezember in Aktion beim Springen in En gelberg/Schweiz.

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