Der Kampf mit der Zimmerdecke
Das wahre Leben
Meine Wohnungsdecke und ich liegen im Dauer-Clinch. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen von Gemütlichkeit. Und das ist ein Problem. Schuld daran ist mein aberwitziger Wunsch, Lampen aufzuhängen. Meine Decke ist dagegen. Sie scheint mir eher konservativ zu sein, findet Veränderung nicht allzu prickelnd. Das führt zu Konflikten.
Doch von vorne: Aus meiner Decke ragen bunte Drähte. Der Vormieter hat sämtliche Lampen abgenommen. Die Haken, die sich als Lampenhalterungen eignen würden, hat er abgeschraubt und die Löcher verspachtelt.
Aber Licht braucht der Mensch, zumal im dunklen Winter. Also müssen Lampen her. Die Vorbereitung zur großen Beleuchtungsaktion liefen prima: Ich bin in den Baumarkt gefahren, habe sogar einen der selten anzutreffenden Mitarbeiter gefunden und mich beraten lassen. Das Geschäft habe ich zufrieden mit einem Set aus Haken und dazu passenden Dübeln verlassen. Meiner Decke ist das egal. Die Idee, durchlöchert zu werden, findet sie nicht besonders verlockend. Stellt sich stur. Egal, wo ich bohre, sie gibt keinen Zentimeter nach.
Weil wir uns in Sachen Unnachgiebigkeit aber relativ ähnlich sind, setze ich den Bohrer immer wieder an. Beim fünften Versuch dann endlich ein Durchbruch. Die Decke gibt nach, ihre Widerstandskraft bröckelt. Und wie. Sie rieselt auf mich herab. In Form von Staub, Sandkörnern und sonstigem Geröll spuckt meine Decke ihre Abscheu auf mein Haupt.
Das entstandene Loch gleicht einem Krater. Aber es ist ein Loch. Also bin ich nicht zimperlich, stecke den Dübel rein, schraube den Haken fest und hänge die Lampe dran. Das ganze Glück hält fünf Sekunden. Mit einem lauten Krachen fällt die Lampe zu Boden. Auch meine Ausdauer beginnt zu bröckeln. Vielleicht, überlege ich kurz, tun es ja auch Kerzen. Die Nächte werden sowieso schon wieder kürzer. Und Kerzen sind auch romantischer als das grelle Lampenlicht, auf das ich wohl verzichten muss. Denn meine Decke ist echt die Härte.