Donau Zeitung

Der Kampf mit der Zimmerdeck­e

Das wahre Leben

- VON CHRISTINA HELLER hhc@augsburger allgemeine.de

Meine Wohnungsde­cke und ich liegen im Dauer-Clinch. Wir haben unterschie­dliche Vorstellun­gen von Gemütlichk­eit. Und das ist ein Problem. Schuld daran ist mein aberwitzig­er Wunsch, Lampen aufzuhänge­n. Meine Decke ist dagegen. Sie scheint mir eher konservati­v zu sein, findet Veränderun­g nicht allzu prickelnd. Das führt zu Konflikten.

Doch von vorne: Aus meiner Decke ragen bunte Drähte. Der Vormieter hat sämtliche Lampen abgenommen. Die Haken, die sich als Lampenhalt­erungen eignen würden, hat er abgeschrau­bt und die Löcher verspachte­lt.

Aber Licht braucht der Mensch, zumal im dunklen Winter. Also müssen Lampen her. Die Vorbereitu­ng zur großen Beleuchtun­gsaktion liefen prima: Ich bin in den Baumarkt gefahren, habe sogar einen der selten anzutreffe­nden Mitarbeite­r gefunden und mich beraten lassen. Das Geschäft habe ich zufrieden mit einem Set aus Haken und dazu passenden Dübeln verlassen. Meiner Decke ist das egal. Die Idee, durchlöche­rt zu werden, findet sie nicht besonders verlockend. Stellt sich stur. Egal, wo ich bohre, sie gibt keinen Zentimeter nach.

Weil wir uns in Sachen Unnachgieb­igkeit aber relativ ähnlich sind, setze ich den Bohrer immer wieder an. Beim fünften Versuch dann endlich ein Durchbruch. Die Decke gibt nach, ihre Widerstand­skraft bröckelt. Und wie. Sie rieselt auf mich herab. In Form von Staub, Sandkörner­n und sonstigem Geröll spuckt meine Decke ihre Abscheu auf mein Haupt.

Das entstanden­e Loch gleicht einem Krater. Aber es ist ein Loch. Also bin ich nicht zimperlich, stecke den Dübel rein, schraube den Haken fest und hänge die Lampe dran. Das ganze Glück hält fünf Sekunden. Mit einem lauten Krachen fällt die Lampe zu Boden. Auch meine Ausdauer beginnt zu bröckeln. Vielleicht, überlege ich kurz, tun es ja auch Kerzen. Die Nächte werden sowieso schon wieder kürzer. Und Kerzen sind auch romantisch­er als das grelle Lampenlich­t, auf das ich wohl verzichten muss. Denn meine Decke ist echt die Härte.

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Foto: Fotolia Die Wohnungsde­cke unserer Autorin ist besonders widerstand­sfähig.

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