Donau Zeitung

Terror in Istanbul war gezielter Angriff auf Christen

Türkei Der Islamische Staat bekennt sich zu dem Attentat an Neujahr, bei dem auch zwei junge Männer aus der Region starben

- VON THOMAS WUNDER UND MICHAEL STIFTER

Istanbul/Landsberg Die Terrormili­z Islamische­r Staat hat sich zu dem brutalen Anschlag in der Türkei bekannt. Beim Angriff auf einen Istanbuler Klub in der Neujahrsna­cht hatte der Attentäter insgesamt 39 Menschen erschossen. Zwei der Todesopfer stammen aus der Region. In einem Bekennersc­hreiben, das gestern im Internet auftauchte, bezeichnet­en die Terroriste­n die Bluttat als gezielte Attacke gegen Christen. Auch der Ort des Attentats war bewusst gewählt: In der Erklärung wird die Türkei, die seit Monaten von immer neuen Anschlägen erschütter­t wird, als „Beschützer­in des Kreuzes“bezeichnet.

Die Fahndung nach dem Mörder von Istanbul blieb bislang erfolglos. Die Polizei nahm gestern zwar acht Verdächtig­e fest, die im Zusammenha­ng mit der Tat stehen sollen. Der Mann, der mit einer automatisc­hen Waffe in den luxuriösen Nachtklub „Reina“eingedrung­en war und dort nach Medienberi­chten mindestens 180 Kugeln abgefeuert haben soll, war gestern Abend allerdings noch auf der Flucht. Augenzeuge­n berichten, der Terrorist habe sechsmal das Magazin gewechselt. Er soll nicht nur wild um sich geschossen, sondern auch einige bereits auf dem Boden liegende Menschen gezielt mit Kopfschüss­en regelrecht hingericht­et haben. Dann hat er sich offenbar in der Küche des Klubs umgezogen und konnte anschließe­nd in einem Taxi fliehen.

Das Auswärtige Amt bestätigte gestern, dass auch zwei junge Männer aus Bayern in der Istanbuler Neujahrsna­cht starben. Bei den Opfern handelt es sich nach Informatio­nen unserer Zeitung um den 25-jährigen Coray K. aus Kaufering und den drei Jahre älteren Mesut G. aus Landsberg am Lech. Nur wenige Stunden vor ihrem Tod hatte einer der beiden noch ein Foto von sich und seinem Freund in einem sozialen Netzwerk gepostet. Es zeigt die jungen Männer in einem Hotelzimme­r. Sie machten sich fertig für einen Partyabend, der sie das Leben kosten sollte.

In ihren Wohnorten war die Bestürzung gestern groß. Die beiden Männer waren gut integriert und hatten hier einen großen Freundeskr­eis. Auf Facebook drückten Hunderte ihr Mitgefühl aus. Mesut G. spielte Fußball in einem Landsberge­r Verein. Außerdem trainierte er regelmäßig in einem Fitnessstu­dio – zusammen mit seinem Freund Coray K. Dessen Vater hat in Kaufering eine Reinigungs­firma, in der auch die drei Brüder des Opfers beschäftig­t sind. Bereits gestern wurden die beiden Ermordeten in der Türkei beerdigt, wo noch Verwandte leben. Ihre Eltern waren zur Identifizi­erung nach Istanbul gereist, etliche Bekannte folgten ihnen zur Beisetzung.

Das türkische Konsulat hatte die deutschen Behörden über den Tod der Männer informiert. „Wir gehen davon aus, dass zwei der Todesopfer aus Deutschlan­d kamen, das heißt also, hier ihren festen Wohnsitz hatten“, teilte das Auswärtige Amt gestern mit. Einer der beiden habe sowohl einen deutschen als auch einen türkischen Pass gehabt, der andere sei türkischer Staatsange­höriger gewesen. Außerdem seien unter den fast 70 Verletzten des Attentats drei weitere Deutsche. Sie befänden sich in Behandlung, seien aber außer Lebensgefa­hr.

In der Politik lesen Sie, dass der Anschlag eine Debatte darüber ausgelöst hat, wer für die Eskalation der Gewalt in der Türkei verantwort­lich ist. Und im Kommentar schreibt Simon Kaminski über die Taktik der Terroriste­n. (mit dpa, kna)

Der Täter entkam mit einem Taxi

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