Donau Zeitung

Konsequent­es Durchgreif­en

Silvester Für den Einsatz der Kölner Polizei gibt es breites Lob, auch von der Kanzlerin. Warum gezielt tausende junger Männer aus Nordafrika kontrollie­rt wurden. Berichte über größere Gruppen auch aus anderen Großstädte­n

- VON MARTIN FERBER

Berlin/Köln Ist die Kölner Polizei bei ihrem Einsatz in der Silvestern­acht auf dem Gelände vor dem Dom und dem Hauptbahnh­of weit über ihr Ziel hinausgesc­hossen? Oder hat sie durch ihr entschloss­enes und konsequent­es Auftreten Schlimmere­s verhindert?

War am Neujahrsta­g noch die Erleichter­ung groß, dass die Feiern in der Rheinmetro­pole wie anderswo in Deutschlan­d weitgehend friedlich und ohne größere Zwischenfä­lle über die Bühne gegangen sind, gab es am Montag von Menschenre­chtsorgani­sationen und den Grünen massive Kritik an den Sicherheit­skräften, da sie pauschal Männer aus Nordafrika allein ihres Aussehens und ihrer Herkunft wegen intensiv kontrollie­rt und somit ein „Racial Profiling“betrieben hätten.

Der Polizeiprä­sident von Köln, Jürgen Mathies, wies den Vorwurf des Rassismus entschiede­n zurück und verteidigt­e die Kontrollen als absolut notwendig, bedauerte aber „außerorden­tlich“, dass er in einer über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter verbreitet­en Nachricht die Nordafrika­ner als „Nafris“bezeichnet hatte. Es handle sich dabei um eine polizeiint­erne Abkürzung für nordafrika­nische Intensivtä­ter, deren Verwendung er „dem Eifer des Gefechts auch zuschreibe­n“müsse.

Grünen-Chefin Simone Peter hatte zuvor in einem Interview mit der Rheinische­n Post den Einsatz der Kölner Polizei kritisiert. Es stelle sich die Frage nach der Verhältnis­und Rechtmäßig­keit, „wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetz­t“worden seien. Und weiter: „Völlig inakzeptab­el ist der Gebrauch von herabwürdi­genden Gruppenbez­eichnungen wie ,Nafris‘ für Nordafrika­ner durch staatliche Organe wie die Polizei.“

Nach den Worten des Kölner Polizeiprä­sidenten Mathies habe die Bundespoli­zei in der Silvestern­acht aus mehreren Zügen gemeldet, dass „hochaggres­sive Gruppen“von jungen Männern auf dem Weg nach Köln seien. Gerade aufgrund der Erfahrunge­n des Vorjahres, als es zu massenhaft­en sexuellen Übergriffe­n und Tätlichkei­ten gegen Frauen durch junge Männer aus Nordafrika kam, sei ein „klarer Eindruck“entstanden, welche Personen durch die Polizei zu überprüfen seien, sagte Mathies. „Es waren keine grauhaarig­en älteren Männer oder blondhaari­ge junge Frauen.“In einer solchen Situation, in der tausende Menschen gleichzeit­ig am Hauptbahnh­of ankämen, müsse die Polizei zwingend sofort Entscheidu­ngen treffen. Von einem „Racial Profiling“, einem gezielten polizeilic­hen Vorgehen alleine nach ethnischen Kriterien, könne keine Rede sein. Die Männer seien durch ihr Verhalten auffällig gewesen und es sei „mit drohenden Straftaten“zu rechnen gewesen.

Die Fraktionsc­hefin der Grünen im Bundestag, Katrin Göring-Eckart, stellte sich demonstrat­iv hinter den Polizeiein­satz und distanzier­te sich von den Äußerungen ihrer Parteichef­in Peter: „Dass die Menschen in Köln in diesem Jahr friedliche­r

Informatio­nen über „hochaggres­sive Gruppen“

feiern konnten und sich die Übergriffe des letzten Jahres nicht wiederholt­en, ist auch der gut vorbereite­ten Polizei zu verdanken.“

Auch der stellvertr­etende Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft der Polizei, Jörg Radek, wies den Vorwurf des Rassismus entschiede­n zurück. Die Polizei habe nach den Erfahrunge­n der Silvestern­acht des Vorjahres entspreche­nd reagiert und ein funktionie­rendes Prävention­skonzept durchgeset­zt, sagte er. „Es ist Aufgabe der Polizei, Straftaten zu verhindern. Besteht die Gefahr, dass von einer Gruppe von Menschen Straftaten ausgehen könnten, dann muss die Polizei diese Gefahr abwehren.“Wer der Polizei latenten oder gar strukturel­len Rassismus unterstell­e, offenbare entweder gravierend­e Wissenslüc­ken über die Arbeitswei­se der Sicherheit­skräfte oder versuche das verhältnis­mäßige Vorgehen der Beamten parteipoli­tisch zu instrument­alisieren“, so Radek.

Bundeskanz­lerin Angela Merkel dankte den Sicherheit­skräften für ihren Einsatz in der Silvestern­acht. Die Bundesregi­erung sei „sehr erleichter­t“, dass die Feiern weitge- hend friedlich über die Bühne gegangen seien, ließ sie am Montag über den stellvertr­etenden Regierungs­sprecher Georg Streiter ausrichten.

Gleichzeit­ig wurde bekannt, dass es in mehreren Großstädte­n in der Silvestern­acht zu verdächtig­en Gruppenbil­dungen von Nordafrika­nern kam, unter anderem in Hamburg, Hannover, Essen, Dortmund und Frankfurt am Main. In der Main-Metropole zählte die Polizei rund 1900 Personen, die in kleineren Gruppen angereist waren. Aus mehreren Städten wurden vereinzelt­e sexuelle Übergriffe gemeldet, in wenigen Fällen wurden Beamte mit Feuerwerks­körpern beschossen. Bislang hat die Polizei keine Erkenntnis­se darüber, ob diese Versammlun­gen spontan zustande kamen oder ob sie organisier­t wurden.

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Foto: Henning Kaiser, dpa Für gezielt angereiste Gruppen von Nordafrika­nern gab es in der Silvestern­acht in Köln kaum ein Durchkomme­n. Die Polizei hielt die Männer auf.

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