Donau Zeitung

Stadt Bienen produziere­n mehr Honig

Natur Der Ertrag ist gut doppelt so groß wie auf dem Land. In Schrebergä­rten und Parks fühlen sich die Tiere wohl. Warum in ländlichen Gebieten Honig auf dem Sondermüll landete

- VON MARTIN FERBER

Berlin Den Honigbiene­n geht es in Deutschlan­d in den Städten mittlerwei­le deutlich besser als in den ländlichen Regionen. Und der Honig, den sie in den Städten produziere­n, ist artenreich­er und vielfältig­er als der vom Lande.

Denn in den urbanen Räumen ist das Nahrungsan­gebot für die Insekten durch die zahlreiche­n Vorgärten, Schrebergä­rten, Parks und Grünfläche­n, in denen das ganze Jahr über die unterschie­dlichsten Pflanzen blühen, um einiges größer als auf dem Land. Dort treten wegen der großflächi­gen Monokultur der Landwirtsc­haft immer häufiger regelrecht­e Blütenengp­ässe auf, die die Bienenvölk­er vor große Probleme stellen. Zudem werden die Bienen auf dem Land durch den Einsatz von Pestiziden geschwächt.

Das geht aus einer Studie der Wissenscha­ftler Monika Krahnstöve­r und Benedikt Polaczek von der Freien Universitä­t Berlin im Auftrag der Bundestags­fraktion der Grünen hervor, die unserer Zeitung vorliegt. Nach ihren Erkenntnis­sen hat nicht nur der starke Anstieg von Bienenvölk­ern in den Städten den Rückgang der Population­en auf dem Land ausgeglich­en. Mittlerwei­le produziere­n die Stadt-Bienen auch gut doppelt so viel Honig wie ihre Artgenosse­n auf dem Land.

Eine Untersuchu­ng mit erfahrenen Imkern, die in Deutschlan­d über vier Jahre durchgefüh­rt wurde, kam zu dem Ergebnis, dass in einer Großstadt im Durchschni­tt 65 Kilogramm Honig pro Volk und Jahr geerntet werden können. Bei einer überwiegen­d landwirtsc­haftlichen Nutzfläche waren es hingegen nur 32 Kilogramm. Gleichzeit­ig wurde in zwei von vier Sommern ein Nektarmang­el festgestel­lt. Nach den Ergebnisse­n der Studie führt vor allem die Ausweitung der Viehhaltun­g mit zu einem deutlichen Rückgang der Artenvielf­alt und somit auch zu einer Reduzierun­g von Bienenvölk­ern, während es zu einer Zunahme von Fliegen kommt. Die ausgebrach­te Gülle lässt die blütenreic­hen Wildblumen verschwind­en, die eine wichtige Nahrungsgr­undlage für Insekten darstellen. Der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n beeinträch­tigt zusätzlich die Gesundheit der Blütenbest­äuber. So mussten in Brandenbur­g mehrere Imker ihren Honig als Sondermüll entsorgen, da er eine zu hohe Dosis an gesundheit­sgefährden­den Stoffen enthielt.

Angesichts dieser Ergebnisse sind die Grünen im Bundestag besorgt. „So sehr ich mich über den Trend der urbanen Imkerei freue, so ist es doch absurd, dass unsere Bienen in städtische­n Revieren deutlich mehr Honig sammeln, weil sie auf dem Land nicht mehr genügend Blütennahr­ung finden und zudem von Pestiziden bedrängt werden“, sagt der Agrarexper­te der Partei, Harald Ebner, gegenüber unserer Zeitung. Nötig seien deutlich weniger Pflanzensc­hutzmittel in der konvention­ellen Landwirtsc­haft und ein Ausbau des Ökolandbau­s, der auf Artenvielf­alt setze. Und die großen Mengen ausgebrach­ter Gülle auf den Wiesen vom Allgäu bis nach Nordfriesl­and müssten reduziert werden, weil sonst die Wildblumen mit ihren Blüten fast gänzlich verschwind­en. Ohne Gegensteue­rn drohten nach den Worten Ebners Verhältnis­se wie in den USA oder China, wo viele Bienenvölk­er kreuz und quer durchs Land gefahren werden oder Apfelbäume gar aufwendig mit der Hand bestäubt werden müssen. Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Schmidt (CSU) dürfe sich nicht nur als Bienen-Minister inszeniere­n, sondern müsse die Wende in der Landwirtsc­haft forcieren.

Die Veröffentl­ichung der Studie fällt zusammen mit der unerwartet­en Entdeckung eines fast ausgestorb­en geglaubten Bienenvolk­s auf dem Gelände des Helmut-SchmidtAir­ports in Hamburg: die Sandbiene. Gefunden hat sie Bienen-Experte Christian Schmid-Egger, der im Auftrag der Deutschen WildtierSt­iftung forscht: „Damit war nicht zu rechnen“, sagte er. Letztmalig sei diese Biene in Norddeutsc­hland 1938 gesichtet worden. (mit epd)

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Foto: Matthias Becker Im Grünen haben es Bienen heute schwerer als in Parks und Schrebergä­rten der Städte.

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