Warum Jesus auf alten Bildern Brezen isst
Forschung Wurde beim letzten Abendmahl Laugengebäck verspeist? Eine Volkskundlerin hat diese Frage erforscht
Tübingen Um die Entstehung der Breze ranken sich ganz unterschiedliche Legenden. Eine stammt aus Bad Urach bei Reutlingen. Sie erzählt, dass sich dort im Jahr 1477 ein inhaftierter Bäcker seine Freiheit erbacken konnte, indem er ein Brot produzierte, durch das dreimal die Sonne scheint – die Breze. Eine andere besagt, dass einem Mönch die Idee zum Backen einer Breze gekommen sein soll, als er seine Mitbrüder beim Beten beobachtete. Ihre vor dem Körper verschränkten Arme sollen ihn inspiriert haben.
Beides ist wohl nicht wahr, sagt Irene Krauß. Die Historikerin, die in den Neunzigern das Museum für Brotkultur in Ulm leitete und heute im baden-württembergischen Bad Säckingen lebt, hat „Das große Buch der Brezel“geschrieben. Darin ist ein Bild aus dem 11. Jahrhundert zu sehen, dass das Abendmahl zeigt. Und bei Jesus und seinen Jüngern liegt neben Fisch und Wein auch eine Breze auf dem Tisch. Gab es sie schon damals? Nein, sagt Krauß. Das Bild stamme aus einem Kloster bei Salzburg. Brezen seien die Vorgänger der Hostien. Sie wurden in der Kirche zum Abendmahl gereicht. Und weil Maler das darstellten, was sie kannten, gab es Brezen beim Abendmahl. Entwickelt habe sich die Breze aus Teigkringeln, die zur Zeit der Römer zu kultischen Zwecken gegessen wurden. Daraus entstand Gebäck in Form einer Sechs, dann wurden zwei Sechsen zusammengelegt und schließlich zur Breze verschlungen. Die Legende von den mit verschränkten Armen betenden Mönche habe aber einen wahren Kern. Das Wort Brezel leite sich vom lateinischen Brachium ab, das übersetzt Arm heißt.
Die religiös behaftete Breze wurde nach und nach in den Alltag der Menschen übernommen. Sie stand für Glück und sollte Unheil abwenden. „Auch heute findet sie sich noch zu verschiedenen Anlässen. Es gibt Neujahrsbrezen oder man isst sie zu Palmsonntag und Allerseelen“, sagt Krauß. Dass Brezen heute eher mit Süddeutschland verbunden werden, liegt laut Krauß daran, dass dort lange vor allem Weizen angebaut wurde. In Nord- und Westdeutschland wuchs Roggen. Brezen bestehen aus Weizenmehl. (mit epd)
Irene Krauß: „Das Brezel“,
große Buch der