Spielmacher mit Feingefühl
Handball Hans Moser gehörte einmal zu den besten Spielern der Welt. Mit Rumänien gewann er zweimal den WM-Titel, dann war er erfolgreicher Trainer in Deutschland. Demnächst wird er 80
Augsburg/Günzburg Für Hans Moser ist Handball zum Fernsehsport geworden. Die lädierten Kniegelenke halten den bald 80-Jährigen vom regelmäßigen Hallenbesuch ab. Wenn Deutschland am heutigen Dienstag (18.30 Uhr/Sky Sport News) vor der Weltmeisterschaft in Frankreich (11. bis 29. Januar) in Krefeld ein Testspiel gegen Rumänien bestreitet, wird der einstmalige Weltklassespieler in Konzenberg (Kreis Günzburg) mit besonders großem Interesse vor dem Bildschirm sitzen. „Ich kann das aktuelle Leistungsvermögen der rumänischen Mannschaft nicht so recht einschätzen. Fast alle Spieler sind im Ausland tätig, der katalanische Trainer Xavi Pascual muss versuchen, daraus eine Einheit zu formen“, so Moser. Deutschland ist aktueller Europameister, Rumänien nicht für die WM qualifiziert, aber vierfacher Weltmeister.
Zweimal (1961 und 1964) war der Rückraumspieler Moser aus Temeschburg daran beteiligt. 1961 gewann er den Titel in Dortmund durch ein 9:8 nach der zweiten Verlängerung im Finale gegen die Tschechoslowakei. Allein dieses Ergebnis verrät, dass Handball damals ein „anderes“Spiel war. „Die Sportart war eher technisch orientiert. Wir hatten mehr Zeit die Angriffe zu organisieren“, sagt der 224-fache Nationalspieler. Der frühere WM-Torschützenkönig wurde im Jahr 2000 bei einer Umfrage unter Nationaltrainern in die Jahrhundertauswahl des Weltverbandes gewählt. Moser war Vorbereiter und Vollstrecker, ein Fürsprecher des Filigranen, ein ganz anderer Typ als die modernen Gladiatoren der Wegwerfgesellschaft. „Das Publikum will Härte und Schnelligkeit sehen. Die Spieler müssen deshalb vor allem Gewicht und Durchschlagskraft mitbringen.“Der Ball wird auf über 100 Stundenkilometer beschleunigt. Kraft ist häufig wichtiger als Taktik, meint Moser, der 1968 nach Deutschland kam und den Aufenthalt zum Unwillen der damaligen sozialistischen Machthaber seiner Heimat eigenmächtig verlängerte.
Als Spielertrainer führte der Banater Schwabe den TSV Milbertshofen in die Bundesliga und hatte auch mit vielen anderen Teams großen Erfolg. „Ich bin mit meinen Mannschaften 16-mal aufgestie- gen“, rechnet der Diplom-Sportlehrer vor, der viele Jahre am Günzburger Dossenberg-Gymnasium arbeitete und nebenbei dem VfL zum Höhenflug verhalf. Moser musste aber auch die Erfahrung machen, dass sein in Rumänien erworbener bedingungsloser Wille zum Erfolg in Deutschland nicht immer geteilt wurde. „Es gab Spieler“, verrät der Handball-Spezialist, „die nach dem Sprung in die nächsthöhere Klasse an Ehrgeiz verloren, weil sie den höheren Aufwand scheuten.“
Als er mit Milbertshofen an einem Turnier in Augsburg teilnahm, sagte der Teammanager zu ihm, dass ihm der zweite Platz lieber wäre als der Sieg. Der Grund: Der Zweite bekam einen Laib Emmentaler und Mortadella als Prämie, der Sieger „nur“einen Kupferstich von Augsburg. Beim FCA war Moser als Trainer einer derjenigen, die früh das Talent des Erhard Wunderlich entdeckten. Dieser stieg anschließend nach seinem Wechsel zum VfL Gummersbach zum Star auf. Trainer Moser kam viel herum. FrischAuf Göppingen war eine ebenso wichtige Station wie die Profijahre in der Schweiz in den 80er Jahren, als Moser mit über 50 Jahren sogar noch einmal als Spieler eingriff. Die vielen Jahre als Spitzensportler haben Spuren hinterlassen. In seinem linken früheren Sprungbein steckt ein künstliches Kniegelenk, am rechten Bein bereitet die Arthrose große Schmerzen. „Das Stehen und Gehen fällt mir schwer, zum Glück kann ich noch Auto fahren“, beschreibt er seine Verfassung.
Moser lebt in Konzenberg im Haus seines Sohnes Richard. Die gebürtige Kubanerin Norka ist Mosers Ehefrau Nummer vier. „Meine Großmutter hat mir schon als Kind eingeschärft: Wenn es nicht läuft, muss man einen Schlussstrich ziehen“, beschreibt der ehemalige Handballstar sein mitunter kurvenreiches Leben jenseits des Spielfelds.
Derzeit genießt es Moser, dass er in den vergangenen Monaten zweimal Großvater wurde. Das hält jung. Am 24. Januar wird der Handballer a. D. 80. „Wahrscheinlich feiere ich zu Hause.“Ein bisschen Zeit für das geliebte Handballspiel bleibt möglicherweise dennoch. An diesem Tag finden bei der WM die Viertelfinale statt. Noch ist allerdings ungeklärt, ob die Spiele überhaupt im frei empfangbaren Fernsehen zu sehen sein werden.