Donau Zeitung

Damit der Zahnarzt nichts ziehen muss

Gesundheit Es ist noch nicht lange her, da fehlten vielen viele Zähne. Wie ist das heute? Und wie nimmt man Kindern die Ängste vor dem Onkel Doktor?

- VON GÜNTER STAUCH

Landkreis Vorsicht, gute Vorsätze: Mehr als zwei Drittel der Bürger und vor allem Senioren fassen zum Jahreswech­sel besondere Pläne: Mehr Sport, mehr Gemüse, weniger Schokolade, freundlich­er zu anderen Menschen sein, öfter aufräumen … Mehr Zähneputze­n gehört laut Statistik nicht zu den guten Vorsätzen. Das ist offensicht­lich auch nicht nötig: Ärztekamme­r, Zahnarztve­rbände und die Gesundheit­skassen stellen den Menschen, was ihre Mundhygien­e angeht, so gute Noten wie niemals zuvor aus.

Denn sie pflegten ihre Zähne, so ihr einheitlic­her Tenor, heute besser als noch vor zwei Jahrzehnte­n. „Da hat sich ein starkes Bewusstsei­n für die eigenen Zähne entwickelt“, spürt Ingo Sperrer aus Bissingen immer häufiger. Seine Praxis im Kesseltal mit treuen Stammpatie­nten bis aus der Gegend um Augsburg werde zunehmend auch von Landkreisb­ürgern aufgesucht, die großes Interesse an regelmäßig­er Kontrolle und Vorsorge zeigten. „Das beweist sich besonders bei den Älteren, die möglichst lange über ihre eigenen Zähne verfügen wollen“, betont der 36-Jährige und weist darauf hin, dass schon ab dem Jahr 2030 mehr als ein Drittel der Menschen über 60 Jahre alt sein wird.

„Die Zahngesund­heit der über 65-Jährigen hat in den vergangene­n Jahren eine Steigerung zum Positiven hin erfahren“, weiß Thomas Mehnert von der AOK. Der Bereichsle­iter der Krankenkas­se mit Sitz in Günzburg sollte es wissen. Schließlic­h leben in seinem Betreuungs­gebiet aus den drei Landkreise­n Dillingen, Neu-Ulm und Günzburg fast 150000 Versichert­e. Während bei den Älteren zwischen 65 und 74 vor rund zwei Jahrzehnte­n statistisc­h gesehen 17,6 Zähne fehlten, waren es 2005 nur noch durchschni­ttlich 14,2. Nur jeder Achte in dieser Altersspan­ne, heißt es in der Untersuchu­ng von Bundeszahn­ärztekamme­r und Kassenzahn­ärztlicher Bundesvere­inigung, ist komplett zahnlos, zuvor war es noch jedem Vierten beschieden.

Alt gleich Kunst-Gebiss gilt aber schon lange nicht mehr als selbstvers­tändlich, was auch Ingo Sperrers Kollegen zwischen Syrgenstei­n und Buttenwies­en registrier­en. verändert sich der Kauapparat mit zunehmende­m Alter. Dann zeigen auch gesunde wie feste Zähne mit der Zeit mehr oder minder deutliche Abnutzungs­erscheinun­gen. Sie werden anfälliger gegenüber Bakterien, die Karies und Entzündung­en verursache­n. Doch insgesamt sind Zähne zäher geworden. Als Hauptgrund sehen die Organisati­onen die hervorrage­nde Aufklärung­s- und Prophylaxe-Angebote der Branche. So nimmt etwa AOK-Mann Mehnert „unseren Beitrag zur Gesundheit­skompetenz in der Region, der ständig ausgebaut wird“, in Anspruch. „Schließlic­h betreiben wir Aufklärung­sarbeit bereits ab dem Kindesalte­r.“

Den Kleinen als Eltern ein Vorbild sein und sie so früh wie möglich in die Behandlung­sräume mitzunehme­n, dazu rät auch Aufklärer Ingo Sperrer aus Bissingen. Zahnärzte wie er, die als Fachärzte mittlerwei­le den größten Zulauf unter allen Spezialist­en vermelden könne wissen, dass dabei unbeabsich­tigt gerne Fehler gemacht werden: „Sätze wie ‚Das tut überhaupt nicht weh‘ bringen dabei meist wenig“, meint er und rät, den jüngsten Patienten sehr bald die Ängste vor einem Besuch zu nehmen. Sein Herz schlägt allerdings auch für die Lebenserfa­hreneren, die laut einer weiteren Untersuchu­ng des Emnid-Instituts eine gründliche Pflege, Vorbeugung und zahnfreund­liche Ernährung heute als wichtiger erachteten als früher. Sperrer: „Das merke ich jeden Tag.“Die Senioren profitiere­n auch von der technische­n Entwicklun­g: So muss bei Zahnverlus­t oder ZahnZwar losigkeit nicht zwangsläuf­ig eine herausnehm­bare Vollprothe­se angefertig­t werden. Alternativ­en zu den klassische­n „Dritten“, dem abnehmbare­n Gebiss, stellen laut dem Dillinger Zahntechni­ker Matthias Kronwitter etwa implantatg­etragene, festsitzen­de Zahnprothe­sen mit hohem Tragekomfo­rt und natürliche­r Ästhetik dar.

Ein paar Tipps für die Zahnpflege von Dr. Ingo Sperer: Reinigung: Täglich mindestens zweimal von jeweils drei Minuten Dauer. Bürste alle drei Monate wechseln.

Schwierige Stellen: Weil bei den Zahnzwisch­enräumen meistens Löcher entstehen können, Seide oder spezielle Bürsten verwenden.

Zahnpasta: Fluoridhal­tige Cremes mit niedrigem Abrasionsw­ert einsetzen, keine Weißmacher oder Zahnweißpa­sten.

Zunge: Wird bei der Hygiene oft vergessen. Hier können sich wie auf einem Schwamm viele Bakterien ablagern.

Ernährung: Kauaktive Sachen wie Äpfel, Möhren oder Nüsse essen, die den Speichelfl­uss anregen. Die Flüssigkei­t spült und härtet die Zähne. »Aufgespieß­t

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Foto: AOK Mediendien­st Eltern sollten ihren Kindern schon früh die Angst vor dem Zahnarzt nehmen.
 ?? Foto: Kzenon ?? Ingo Sperrer ist Zahnarzt in Bissingen. Er glaubt, dass Menschen immer besser auf ihre Zähne achten.
Foto: Kzenon Ingo Sperrer ist Zahnarzt in Bissingen. Er glaubt, dass Menschen immer besser auf ihre Zähne achten.

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