Sind die Abi Noten besser als früher?
Schule Das G8 gilt als schwer, dennoch ist der Schnitt der Abschlusszeugnisse besser. Schulleiter erklären das Phänomen
Landkreis Wenn das G8 so schwer ist, warum sind dann die Abinoten so gut? Oder täuscht der Eindruck? Tatsächlich sieht Hans Lautenbacher, Schulleiter des Lauinger Albertus-Gymnasiums, einen Sprung im ersten G 8-Jahrgang: „Der Anteil der Einser-Schüler betrug beim neunjährigen Gymnasium etwa 25 Prozent. Im G8 sind es zwischen 28 und 30 Prozent.“Diese Zahl sei relativ stabil. Sein Kollege Franz Haider, Leiter des St.-BonaventuraGymnasiums Dillingen, hat den Abischnitt der vergangenen Jahre auch verfolgt: Im G 8 sei der Schnitt 2011 um ein Zehntel von 2,4 auf 2,3 gestiegen. Die Erklärung dafür liefert Kurt Ritter, Direktor des Dillinger Johann-Michael-Sailer-Gymnasiums: Die Verrechnungsart habe sich verändert. Schriftliche wie mündliche Noten zählen gleich viel. „Gute Schüler werden so noch besser, wer eine 1,8 hätte, bekommt dank dieser Verrechnung eine 1,6.“Denn: Mündlich seien die Schüler in der Regel besser als schriftlich. Auch Ritters Kollegen sehen darin, dass mündliche Noten so viel zählen, des Rätsels Lösung. Alle drei betonten aber auch: Das Prüfungsniveau sei deswegen nicht gesunken, es werde nicht weniger Stoff vermittelt als früher und die Prüfungen seien auch nicht leichter. Schulleiter Laubenbacher fügt an: „Ich bin Physiklehrer. Wir verlangen immer noch die gleichen Dinge wie im G 9. Vielleicht auf eine andere Art und Weise. Früher waren die Aufgaben zu 80 Prozent Rechenaufgaben. Jetzt werden auch viele Erläuterungen und Erklärungen erwartet.“Ritter vermutet, man habe mit der Aufwertung der mündlichen Noten vielleicht den Druck rausnehmen wollen, weil Schüler vom G8 viel Nachmittagsunterricht haben und oft abends noch lernen müssen.
Ritter und sein Kollege Haider vom Bona halten die Gewichtung der Noten für gut. Das Mündliche habe auch im Alltag eine hohe Bedeutung, Kommunikation sei wichtig, sagt etwa Schulleiter Haider. Beide sehen am aktuellen Abitur nur ein Problem. Im G9 konnten sich Schüler spezialisieren. Wer Mathematik als Leistungskurs wählte, hatte ganz andere Anforderungen als die Mitschüler im Grundkurs. Doch im G 8 gibt es solche Leistungskurse nicht mehr. Alle müssen in Mathe die gleiche Abiprüfung schaffen. „Da stellt sich eine Nivellierung ein“, beobachtet der Leiter des Sailer-Gymnasiums. Gerade im natur- wissenschaftlichen Bereich sei das Niveau nicht mehr so hoch wie früher, hat Ritter an Unis erfahren. Und das, obwohl das Abitur in Bayern wie auch in Sachsen und Thüringen immer noch das beste Niveau habe. Wenn Schüler aus anderen Bundesländern nach Bayern wechseln, seien sie in der siebten Klassen bereits ein ganzes Schuljahr hintendran, hat Ritter beobachtet. Doch vielleicht wird sich an den Gymnasien und damit auch am Abitur wieder etwas ändern.
In den nächsten Wochen soll im Kultusministerium eine Entscheidung über die sogenannte Verlängerung der Lernzeit von acht auf neun Jahren fallen. Minister Ludwig Spaenle führt laut Kultusministerium derzeit Gespräche mit der gymnasialen Schulfamilie und Verbänden. Darauf folgen das Gesetzgebungsverfahren und die Vorbereitung auf die Einführung des entsprechenden Lernzeitangebots an den Schulen. Die Neuregelung soll ab dem Schuljahr 2018/2019 umgesetzt werden können. Basierend auf einer Grundkonzeption von acht Jahren soll, falls Staatsregierung und Regierungsfraktion dies so beschließen, die einzelne Schule über ihr Lernzeitangebot und den Zeitpunkt der Entscheidung mitbestimmen.
Wertingens Schulleiter Bernhard Hof vermutet eine deutliche Tendenz zum G 9. Der Wechsel zum G 8 war in Wertingen direkt mit einem großen Umbau zusammengefallen. Dennoch habe es gut funktioniert. Die Schule habe sich bemüht, in den Unterstufen den Pflichtunterricht am Nachmittag zurückzufahren. Auch das sei sehr gut angenommen worden. „Jetzt warten wir erst mal ab, was die Politik entscheidet und wir damit umgehen“, so Wertingens Schulleiter.
Franz Haider favorisiert das G9. „Ich persönlich und als Leiter eines musischen Gymnasiums kann das nur vertreten. Im G9 haben wir mehr und längere Möglichkeiten zu bilden und zu erziehen.“Spezialisierungen in einzelnen Fächern sei jetzt einfach nicht mehr möglich. Die Schulleiter würden stattdessen lieber wieder verschiedenen Begabungen der Schüler mehr in den Vordergrund rücken. Laut Haider habe jeder Schüler eine Begabung, doch derzeit würden vor allem Schwache und Starke gefördert, das sei keine gute Entwicklung. Außerdem hat das G 8 laut Kurt Ritter vom Sailer-Gymnasium noch einen Nachteil: „Viele Abiturienten machen danach erst mal ein Jahr Pause, weil sie nicht wissen, was sie tun.“