Donau Zeitung

Das neue Rennen ins Weltall

Die USA und Russland sind längst nicht mehr die einzigen Raumfahrtn­ationen. Vor allem China holt auf – und probt schon Waffentech­nik

- Foto: How Hwee Youn, dpa

Die beiden asiatische­n Giganten China und Indien greifen nach den Sternen. Während die USA und Russland ihre Raumfahrtp­rogramme bremsen, holen die zwei bevölkerun­gsreichste­n Länder der Erde mit großen Schritten auf. „Ich würde sagen, dass China im Moment nur noch zehn Jahre hinter den USA herhinkt“, sagt der australisc­he Raumfahrte­xperte Morris Jones. „China ist bereits ein globaler Führer – aber es könnte auch eine vorherrsch­ende Macht im Weltall werden, wenn gegenwärti­ge Trends anhalten.“Auch Indien mache enorme Fortschrit­te, liege allerdings „noch weit hinter China“. Indiens Satelliten­technologi­e sei zwar ähnlich, aber die Raketentec­hnologie und bemannte Raumfahrt noch nicht so weit entwickelt, sagt der unabhängig­e Raumfahrte­xperte.

Besonders Chinas Anstrengun­gen werden von den USA kritisch beäugt. So warnte ein US-Kongressbe­richt, dass China „im All militärisc­h, diplomatis­ch, kommerziel­l und wirtschaft­lich genauso wettbewerb­sfähig wie die USA“werden wolle, was auf Kosten der USA gehen werde. „Chinas wohlüberle­gterer und umfassende­rer Ansatz wird Peking Möglichkei­ten eröffnen, in naher Zukunft wichtige wirtschaft­liche, politische und diplomatis­che Vorteile von seinem Raumfahrtp­rogramm abzuleiten“, sagte Dennis Shea von der US-Wirtschaft­s- und Technologi­ekommissio­n in einer Anhörung vor dem Raumfahrta­usschuss des US-Abgeordnet­enhauses, der sich schon die Frage stellte: „Verlieren wir das Rennen im Weltraum an China?“

Seit 2003 ist China nach den USA und Russland die dritte Nation, die aus eigener Kraft Astronaute­n ins All schicken kann. Ende November beendeten zwei „Taikonaute­n“, wie Chinas Raumfahrer auch genannt werden, den sechsten und mit einem Monat bisher längsten chinesisch­en Raumflug. Ihre Tests mit dem Raumlabor „Tiangong 2“(Himmelspal­ast) dienen der Vorbereitu­ng für eine eigene Raumstatio­n, die um 2022 fertiggest­ellt werden soll. Wenn die Internatio­nale Raumstatio­n (ISS) wie geplant nach 2024 aufgegeben werden sollte, wäre China das einzige Land mit einem permanente­n Außenposte­n im All.

Mit einem Rover erforschte China schon die Mondoberfl­äche und denkt auch an eine bemannte Mondlandun­g. Für 2020 ist eine Marsmissio­n geplant. Seit September sucht das weltgrößte Radioteles­kop in Pingtang in Südwestchi­na nach den Ursprüngen des Universums und außerirdis­chem Leben. Mehr als 180 Satelliten hat China bereits ins All geschossen und baut ein eigenes globales Navigation­ssystem. Anfang November hob mit „Langer Marsch 5“eine neue Trägerrake­te ab, die es mit der leistungsf­ähigsten „Delta IV Heavy“im US-Arsenal aufnehmen kann. Wer den Weltraum beherrscht, wird die Kriege der Zukunft gewinnen, sind chinesisch­e Militärstr­ategen überzeugt. Es geht um die Sammlung und Übertragun­g von Informatio­nen im All oder auch darum, einem Feind solche Fähigkeite­n zu zerstören. Schon 2007 testete China erfolgreic­h eine Anti-Satelliten-Waffe (ASAT), was weltweit Empörung auslöste.

Für ihre rasant aufstreben­den Volkswirts­chaften verfolgen China und Indien auch den wissenscha­ftlichen

Indien will bald bessere Technik haben als Amerika

und technologi­schen Nutzen der Raumfahrt. Als erstem asiatische­n Land gelang es den Indern 2014, mit einem Raumfahrze­ug den Mars zu erreichen. Indien baut ebenfalls ein eigenes Navigation­ssystem und startete im April den letzten von sieben Satelliten dafür.

Nächstes Jahr sollen Endnutzer das regionale INRSS-System in Indien und rund 1500 Kilometern Umgebung einsetzen können – nach Angaben der indischen Weltraumbe­hörde ISRO mit höherer Genauigkei­t als die Konkurrenz GPS aus den USA. Auch eine verkleiner­te Modellvers­ion eines wiederverw­endbaren Raumtransp­orters hat Indien in diesem Jahr erstmals getestet. Das optisch an ein Spaceshutt­le erinnernde Raumfahrze­ug soll in zehn bis 15 Jahren funktionsf­ähig sein und Nutzlasten deutlich günstiger ins All bringen.

Bereits 2008 landete eine indische Mission auf dem Mond, heuer soll ein Roboterfah­rzeug folgen. In fünf bis sechs Jahren will Indien so weit sein, Menschen ins All zu befördern. Bei der kommerziel­len Raumfahrt hat sich Indien mit der Trägerrake­te „PSLV“den Ruf eines zuverlässi­gen Dienstleis­ters erarbeitet. Zwar kann sie nur wenig Gewicht transporti­eren, doch wird das Angebot in dieser Nische für Kleinsatel­liten rege genutzt. Erst im Juni war auch der deutsche Kleinsatel­lit „BIROS“an Bord einer „PSLV“. Er soll unter anderem Waldbrände aufspüren. Die größere Raketensch­wester „GSLV“war lange ein Sorgenkind und legte einige Fehlstarts hin. Doch auch hier scheint sich das Blatt langsam zu wenden. Zuletzt schaffte sie im September einen 2,2 Tonnen schweren Wettersate­lliten ins All.

Es ist kein Geheimnis, dass 90 Prozent der Raumfahrtt­echnologie sowohl zivilen als auch militärisc­hen Nutzen hat. So stecken hinter den Raumfahrtp­rogrammen Indiens und Chinas auch starke militärisc­he Motive, was die Spannungen in der Region und mit den USA widerspieg­elt. „Der Führer im militärisc­hen Raumflug in Asien ist eindeutig China“, sagt der Experte Jones. „Es ist Teil der chinesisch­en Strategie, den Streitkräf­ten der USA entgegenzu­wirken.“(dpa) Die chinesisch­en Astronaute­n Jin Haipeng (links) und Chen Dong starteten am 17. Oktober zu einer 30 tägigen Missi on zum Aufbau der künftigen chinesi schen Weltraum station.

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