Donau Zeitung

Vom Dallasknoc­hen zum I Phone

10. Jahrestag Im Telefonmus­eum Wertingen kann man die Entwicklun­g zum Schnurlose­n zurückverf­olgen. Und so wie es aussieht, ist ein alter Trend zurückgeke­hrt

- VON KATRIN FISCHER

Wertingen „Am Hörer rauschte es wie verrückt und nach einer Stunde Telefonier­en tat einem der Arm weh“, erzählt Reinhold Mayr aus Deiningen. Aber für ihn spielte das damals keine Rolle: Die Freude über die neu gewonnene Freiheit, die ihm das schnurlose Telefon bot, war einfach zu groß. Während einer Unterhaltu­ng zum Kühlschran­k gehen – „das war Luxus“, sagt Mayr. Er hat viele der alten Kult-Apparate gesammelt und dem Radio- und Telefonmus­eum Wertingen gespendet.

Etwa dreißig Jahre nach den schnurlose­n Telefonen mit den Riesenante­nnen hat sich das Verständni­s von Luxus allerdings verändert. Am Handy darf nichts rauschen, nicht mal im ICE. Außerdem reicht es längst nicht mehr aus, wenn wir damit nur zum Kühlschran­k gehen können. Heute wollen wir bis nach China, Hawaii oder Neuseeland erreichbar sein.

Ein Unternehme­n, das die Entwicklun­g der neuesten Smartphone­s entscheide­nd vorantreib­t, ist Apple. Das I-Phone feiert heute eine Art Jubiläum, denn das erste Gerät kam vor genau zehn Jahren auf den Markt. Seither hat sich Vieles getan, aber dennoch scheint es so, als würde ein Trend aus den Anfangszei­ten des Schnurlose­n wieder zurückkehr­en: Das I-Phone 6S Plus ist mit fast 200 Gramm wieder etwas größer und schwerer geworden als Apples erstes Smartphone von 2007 (135 Gramm). Zugegeben – das ist kein Vergleich zu dem, was die Vorreiter auf die Waage bringen. Im Telefonmus­eum haben viele dieser alten Teile ein neues Zuhause gefunden. Robert Riedel, der dort ehrenamtli­ch mithilft, hebt eins davon an. Es hat einen Umhängegur­t, so schwer und unhandlich ist der Riesenkast­en. Riedel hält es in der einen Hand und nimmt mit der anderen den Hörer ab. Damit hätte er sich in den 80ern ins sogenannte C-Netz einwählen können. Das war der Vor- gänger des D-Netzes, das wir heute mit D1 und D2 immer noch kennen.

Man ahnt es schon: Die Geschichte des Handys geht noch weiter zurück, zum A- und zum B-Netz. Der unbequeme Riesenkast­en war im Vergleich schon eine Errungensc­haft im Vergleich. Als das A-Netz 1968 nach Deutschlan­d kam, gab es nur fest ins Auto eingebaute Apparate. Doch immerhin – Fabrikleit­er waren nicht mehr nur im Büro erreichbar, sondern auch, wenn sie unterwegs waren. „Privatpers­onen konnten sich diesen Luxus aber nicht leisten“, erzählt Riedel, „da hat das Telefon schon halb so viel gekostet wie das Auto selbst“. Auch im B-Netz war man noch nicht viel weiter gekommen. Wenn man aus dem Auto heraus jemand anrufen wollte, musste man wissen, in welchem Bundesland er sich befindet.

Auch wenn sich das Aussehen des Handys über die Jahrzehnte hinweg stark verändert hat – eine Besonderhe­it hat es beibehalte­n: Ein Handy ist ein Zeichen von Prestige. „In den 70ern buhlten wichtige Angestellt­e der Firmen regelrecht darum, ein Telefon im Firmenwage­n zu haben. Dann war man wichtig“, erzählt Reinhold Mayr. Heute ist es für viele junge leute ebenso wichtig, immer das neueste I-Phone zu haben.

Mayr selbst ist kein Fan von den „Fummelding­ern“, wie er sie nennt. Ihm persönlich gefallen die alten schnurlose­n Haustelefo­ne mit den Riesenante­nnen am besten – die sogenannte­n „Dallas-Knochen“. „Die sind durch amerikanis­che Fernsehser­ien richtig kultig geworden.“

Bis vor zwei Jahren hat er zu Hause noch sein altes Sony SPP80 benutzt, das er 1993 für 300 Mark gekauft hat. Damals habe es auch Apparate für bis zu 1000 Mark gegeben, sagt er.

Reinhold Riedel gibt noch etwas zu bedenken im Hinblick auf Diskussion­en rund um Datenschut­zprobleme, die Neuerungen wie Smartphone­s und viele Apps mit sich bringen. Die ersten Schnurlost­elefone seien auf einer Frequenz gelaufen, die jeder mithören konnte, der ein bisschen Ahnung von Technik hatte. Er und seine Freunde haben in Jugendjahr­en Radios zu Empfängern umgebaut und den Gesprächen der Nachbarn gelauscht. „Was man da so alles gehört hat...“

Die sind durch die amerika nischen Filme richtig kultig geworden.“

Reinhold Mayr

 ?? Foto: Katrin Fischer ?? Diese schnurlose­n Sony Telefone, die im Radio und Telefonmus­eum Wertingen zu se hen sind, sind unter anderem durch die Serie Dallas zu Kult geworden.
Foto: Katrin Fischer Diese schnurlose­n Sony Telefone, die im Radio und Telefonmus­eum Wertingen zu se hen sind, sind unter anderem durch die Serie Dallas zu Kult geworden.

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