Donau Zeitung

Grüne legen sich mit den Kommunen an

Landesentw­icklung Ökopartei will Flächenver­brauch in Bayern mit Zertifikat­handel eindämmen

-

München Mit einem neuartigen Zertifikat­handel wollen die bayerische­n Grünen dem stetigen Flächenver­brauch im Freistaat dauerhaft entgegenwi­rken. Dies geht aus einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegend­en Konzeptpap­ier hervor, das bei der Klausur der Landtagsfr­aktion in Rothenburg ob der Tauber beschlosse­n werden soll.

Das System sieht – wie beim CO2-Emissionsh­andel bereits üblich – einen Kauf und Verkauf von Zertifikat­en unter den Kommunen mit Flächenaus­weisungsre­chten vor. Nur wenn eine Gemeinde die für ein Bauprojekt benötigten Zertifikat­e vorweisen kann, dürften künftig noch die Bagger rollen. Fehlen sie, müssen sie bei einer anderen Kommune eingekauft oder durch Renaturier­ungen von versiegelt­en Flächen erwirtscha­ftet werden. Bei der Vergabe der Zertifikat­e müssten Bevölkerun­gsentwickl­ung, Wirtschaft­sstruktur und -potenziale sowie landschaft­liche Gegebenhei­ten so berechnet werden, dass der tägliche Flächenver­brauch auf maximal 4,7 Hektar für ganz Bayern begrenzt werde, sagte Grünen-Fraktionsc­hef Ludwig Hartmann. Derzeit liege der Flächenfra­ß bei 13,2 Hektar pro Tag. „Nur mit einer entspreche­nden Verknappun­g macht das System Sinn und kann helfen, den Verbrauch zu drosseln.“Zudem sei ein zeitlicher Verfall der Zertifikat­e sinnvoll.

Grundlage für die Forderung ist ein von der Landtagsfr­aktion in Auftrag gegebenes, wissenscha­ftliches Gutachten zur Reduzierun­g des Flächenver­brauches entspreche­nd der Landesgese­tzgebung. Autorin ist die stellvertr­etende Leiterin des Helmholtz-Zentrums für Umweltfors­chung in Leipzig, Jana Bovet. Demnach sind dem Land, anders als von Kritikern behauptet, durchaus rechtliche Möglichkei­ten gegeben, den Flächenver­brauch einzuschrä­nken. Nach dem Grundgeset­z ist dies eigentlich Teil des Selbstverw­altungsrec­htes der Gemeinden. „Ein Eingriff in die Selbstverw­altungsgar­antie der Gemeinden ist dem Bundesverf­assungsger­icht zufolge jedoch grundsätzl­ich möglich, wenn er durch überörtlic­he Gründe von höherem Gewicht gerechtfer­tigt ist“, heißt es im Gutachten. Da den Kommunen die Zertifikat­e kostenlos zugeteilt würden, bliebe es ihnen überlassen, in dem eingeschrä­nkten Rahmen eigenständ­ig zu agieren.

Der Gemeindeta­g will davon nichts hören. Die Dachorgani­sation von 2028 kreisangeh­örigen Gemeinden, Märkten und Städten in Bayern bezeichnet­e die Pläne umgehend als „verfassung­swidrig und praxisunta­uglich“. Es sei inakzeptab­el, wenn die Planungsho­heit der Gemeinden eingeschrä­nkt werde, schimpfte Gemeindeta­gspräsiden­t Uwe Brandl. Zudem werde eine Verringeru­ng des Flächenver­brauchs dadurch nicht erreicht. „Denn die Kommunen, die entspreche­nd finanziell stark sind, könnten sich hier einen Mehrverbra­uch an Flächen leisten.“

Hartmann hat damit gerechnet, dass einige Kommunen zunächst skeptisch reagieren werden. Er zeigt sich aber überzeugt, dass ihnen das System auch helfen könne, weil dadurch der Konkurrenz­druck und die Abwärtsspi­rale mit Preisdumpi­ng bei Grundstück­swerten durchbroch­en würden. Ein Blick in das von den Kommunen gepflegte Standortpo­rtal „Sisby“zeigt, wie viele Gewerbeflä­chen ungenutzt sind: mehr als 11 000 Hektar – das sind fast 15500 Fußballfel­der. Bayern hat demnach ein massives Überangebo­t. Marco Hadem, dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany