Donau Zeitung

Dillingen wird zum Narren Tollhaus

Biberstehl­er 3000 Fastnachte­r treiben mit den Zuschauern Schabernac­k. Sie sind in der Überzahl

- VON BERTHOLD VEH

Dillingen Etwa 3000 Kilometer ist der Lauinger Stefan Seifert in einer Fastnachts­saison unterwegs, um bei Narrensprü­ngen dabei zu sein. Dort trägt er die Maske der LaudoniaHe­xe. In Baden-Württember­g gehe „der Punk“ab. Am Sonntag hat es Seifert nicht so weit, denn die Biberstehl­er haben ins nahe Dillingen zum Narrenspru­ng geladen. Hexen, Böcke, Teufel und sonstige schaurige Gestalten von etwa 40 Narrenzünf­ten sind angereist. Zusammen mit den Musikern von Spielmanns­und Fanfarenzü­gen sind es rund 3000 Aktive, die Dillingen am Nachmittag für eineinhalb Stunden in ein Tollhaus verwandeln.

Vor dem Beginn des Spektakels hofft der Zunftmeist­er der Biberstehl­er, Manuel Nowak, dass mehr Zuschauer als zuletzt zum Narrenspru­ng kommen. Schnee und Kälte lässt Nowak als Ausrede nicht gelten. „Für einen richtigen Fastnachte­r gibt es kein schlechtes Wetter“, sagt er. Der Zulauf an diesem Sonntag ist nicht überwältig­end. Aber bei 1000 Zuschauern sei die Resonanz größer als beim Narrenspru­ng vor zwei Jahren. Oberbürger­meister Frank Kunz hat schon beim Zunftmeist­erempfang am Vormittag den Einsatz der Biberstehl­er gelobt. „Es kommen 3000 Hästräger nach Dillingen, das ist Brauchtums­pflege im besten Sinne“, sagt der Rathausche­f. Die Dillinger könnten bei dem Spektakel viel Freude haben.

Stadtpfarr­er Wolfgang Schneck ist zuvor bei einer heiligen Messe mit den Hästrägern auf den Ursprung der Fastnacht eingegange­n. „Der Mensch war immer im Kampf mit den Urgewalten, mit dem Bösen, mit Krankheit und Tod.“Er wisse, dass unter den Holzmasken des Brauchtums Menschen mit Herz stecken. Wer eine bessere Welt will, müsse das Herz der Menschen erreichen, sagt Schneck. Der Schlüssel dazu könne zum Beispiel das Wort Danke sein. Diese Botschaft greift Manuel Nowak im Gottesdien­st mit seinem Lied „Danke“auf, das die Mitfeiernd­en sichtlich bewegt.

Gaudi ist dann beim Narrenspru­ng angesagt, denn die Hexen und wilden Gesellen treiben mit den Zuschauern ihre Späße. Carola Ruof etwa wird von Hexen auf einem Besen in die Luft gehoben. „Das macht doch Spaß“, sagt die Bächingeri­n. Manche trifft es öfters. Martina Birzele aus Asselfinge­n bei Niederstot­zingen bekommt immer wieder Sägespäne und Konfetti ins Haar. Auch sie nimmt die Narretei gelassen. „Der Narrenspru­ng ist doch cool“, sagt Birzele.

Die finsteren Gestalten haben in der Tat ein weiches Herz. Für Buetwa ben und Mädchen gibt es Bonbons. Claudia Vögele aus Unterschwa­rzach verteilt Eier, die bei der Brotzeit auf der Zugfahrt nach Dillingen übrig geblieben sind. Und den Vogel ab schießen die Löwen der Narrenzunf­t aus Mengen. Sie wälzen sich im Schnee und rollen sich durch die Königstraß­e. Vermutlich haben die Stadtarbei­ter am Montag beim Schneeräum­en weniger Arbeit.

Den Zuschauern gefallen die Späße und die kuriosen Narrenrufe – wie zum Beispiel „Ja verreck, d’r Rälle kommt om’s Eck“. Oberzunftm­eister Helmut Eichler, Manuel Nowak, Rudi Zobel (Laudonia) und Biberstehl­er-Ehrenzunft­meister Peter Kerschl kommentier­en den Narrenspru­ng. Am Schluss tauchen die Biber der Dillinger Biberstehl­er auf. „Biber weg – Hennadreck“, heißt ihr Narrenruf. Er erinnert daran, dass Dillinger einst im Kloster Maria Medingen Truthähne (Biber) gestohlen haben sollen. Die Franziskan­erin Nicole Oblinger verfolgt zum ersten Mal das Spektakel und ist angetan. „Mir hat’s gefallen“, sagt die Schwester.

 ?? Fotos: Berthold Veh ?? Vor dem Sprung: Die Hexen der Narrenzunf­t Bürgermoos und viele andere schaurige Gesellen liefen gestern beim Narrenspru­ng der Biberstehl­er durch Dillingen. Insgesamt waren Hästräger von rund 40 Zünften an die Donau gekommen. Zusammen mit den Musikern...
Fotos: Berthold Veh Vor dem Sprung: Die Hexen der Narrenzunf­t Bürgermoos und viele andere schaurige Gesellen liefen gestern beim Narrenspru­ng der Biberstehl­er durch Dillingen. Insgesamt waren Hästräger von rund 40 Zünften an die Donau gekommen. Zusammen mit den Musikern...
 ??  ?? Hoch das Bein: Die Mädchen der Narrengese­llschaft Hennenschl­itter aus Immenstaad führten vor dem Podiumswag­en einen Tanz auf. Den Zuschauern wurde dabei warm ums Herz.
Hoch das Bein: Die Mädchen der Narrengese­llschaft Hennenschl­itter aus Immenstaad führten vor dem Podiumswag­en einen Tanz auf. Den Zuschauern wurde dabei warm ums Herz.
 ??  ?? Sie bildeten den Schlusspun­kt eines farbenpräc­htigen Narrenspru­ngs: die Dillinger Biber und der Biberstehl­er. Im Hintergrun­d ist der Dillinger Spielmanns­zug zu sehen.
Sie bildeten den Schlusspun­kt eines farbenpräc­htigen Narrenspru­ngs: die Dillinger Biber und der Biberstehl­er. Im Hintergrun­d ist der Dillinger Spielmanns­zug zu sehen.
 ??  ?? Wehe, wenn sie losgelasse­n: die „Hasle Maale“aus Stetten nahmen gestern richtig Fahrt auf.
Wehe, wenn sie losgelasse­n: die „Hasle Maale“aus Stetten nahmen gestern richtig Fahrt auf.
 ??  ?? Schlechtes Wetter gibt es für echte Narren nicht: Mitglieder der Lauinger Narrenzunf­t der Laudonia machten im Schnee Pause.
Schlechtes Wetter gibt es für echte Narren nicht: Mitglieder der Lauinger Narrenzunf­t der Laudonia machten im Schnee Pause.
 ??  ?? Kopflos zog dieser Narr durch die König straße.
Kopflos zog dieser Narr durch die König straße.
 ??  ?? Die Donaualthe­imer Bärentreib­er hatten es zum Narrenspru­ng nicht weit.
Die Donaualthe­imer Bärentreib­er hatten es zum Narrenspru­ng nicht weit.
 ??  ?? Spaß gehört dazu: Carola Ruof aus Bä chingen musste auf dem Besen reiten.
Spaß gehört dazu: Carola Ruof aus Bä chingen musste auf dem Besen reiten.
 ??  ?? Die Hästräger sorgten für Farbenprac­ht im winterlich­en Umfeld.
Die Hästräger sorgten für Farbenprac­ht im winterlich­en Umfeld.
 ??  ?? In Dillingen Stadtburtz. dabei: der Günzburger
In Dillingen Stadtburtz. dabei: der Günzburger
 ??  ?? Claudia Vögele (mit Florian Weyrauch) verteilte Eier an Zuschauer des Narren sprungs. Sie waren bei der Zugfahrt von Unterschwa­rzach nach Dillingen übrig geblieben.
Claudia Vögele (mit Florian Weyrauch) verteilte Eier an Zuschauer des Narren sprungs. Sie waren bei der Zugfahrt von Unterschwa­rzach nach Dillingen übrig geblieben.
 ??  ?? Die Hüttagoisc­hd’r aus Syrgenstei­n spielten Ohrwürmer.
Die Hüttagoisc­hd’r aus Syrgenstei­n spielten Ohrwürmer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany