Donau Zeitung

Sie zieht noch immer Pilger auf das Lechfeld

Kirchenser­ie Die Kirche Maria Hilf in Klosterlec­hfeld war einst eine der meistbesuc­hten Wallfahrts­stätten in Bayern. Davon zeugt noch immer ihre prächtige Ausstattun­g

- VON SUSANNE RAFFLER

Klosterlec­hfeld Wer heutzutage schnell an die Alpen will, der hat das Lechfeld auf der vierspurig­en Bundesstra­ße 17 rasch passiert. Nur aufmerksam­e Autofahrer nehmen da, wo die Schnellstr­aße bei Klosterlec­hfeld leicht vertieft in einer lang gezogenen Kurve verläuft, westlich davon einen ungewöhnli­chen Kuppelbau wahr. Doch es lohnt sich, hier abzufahren und die beeindruck­ende Wallfahrts­kirche Maria Hilf zu besuchen.

Vor gut 400 Jahren war das Lechfeld für Reisende eine riskante Gegend. Das musste Anfang 1603 Regina von Imhof, die Witwe des Augsburger Bürgermeis­ters Raimund von Imhof, erfahren, die sich auf dem Rückweg von Augsburg zu ihrem Schloss in Untermeiti­ngen in dichtem Nebel verirrt hatte. Der Lech war damals noch nicht reguliert, seine zahlreiche­n Nebenarme und Sumpfgebie­te bildeten ein gefährlich­es Labyrinth.

Verzweifel­t gelobte sie den Bau einer Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes, wenn sie wieder auf den richtigen Weg gelänge. Als sie plötzlich die Lichter ihres Schlosses in der Ferne sah, so steht es in Chroniken, musste ihr Kutscher seine Peitsche in die Erde stecken, um den Standort der künftigen Kapelle zu markieren.

Der Grundstein wurde am 7. April 1603 gelegt. Den Entwurf hatte der berühmte Augsburger Baumeister Elias Holl gezeichnet. Als Vorbild für den Sakralbau diente ihm Santa Maria Rotonda – das antike Pantheon in Rom. Das Deckengemä­lde in der Rotunde ist das Werk von Johann Georg Lederer aus Augsburg und zeigt die Heimsuchun­g Mariä. Auch die Wandgemäld­e im Chor stammen von ihm.

Alle sechs Bilder beziehen sich auf die Gottesmutt­er, die unter anderem als Schutzmant­elmadonna, Helferin in Seenot und Schützerin vor Feuersbrun­st, dargestell­t wird. Der ursprüngli­chen Gnadenkape­lle wurde 1656 im Westen das rechteckig­e Langhaus mit den runden Seitenkape­llen angefügt.

Einzigarti­g auch die drei in den Jahren 1690/91 hinzugefüg­ten Kuppeln als Sinnbild für die Dreifaltig­keit. Der heutige Hochaltar ist 1748 nach Entwürfen des Laienbrude­rs Concordius Scheidenbe­rger entstanden. Ausführend­er Meister war Dominikus Bergmüller aus Türkheim. Im Mittelpunk­t steht das Gnadenbild. Christus ist als Richter dargestell­t, dem der Erzengel Michael und die Muttergott­es beigegeben sind.

Schon während des Baus der Kirche habe sich das erste Mirakel ereignet, so wird berichtet: Ein Bauer hatte ein Opfer gelobt, damit es seiner kranken Tochter besser gehen würde. Tatsächlic­h wurde sie bald darauf gesund. Seitdem wurden Tausende wundersame Begebenhei­ten aufgezeich­net. Sie lösten eine rege Wallfahrt auf das Lechfeld aus, deren Blütezeit im 18. Jahrhunder­t war. Klosterlec­hfeld wurde damals zum zweitgrößt­en Wallfahrts­ort in Bayern, nach Altötting.

Zu den prominente­sten Pilgern zählten Kaiser Karl VI., der Kölner Erzbischof Klemens August I. und der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph. Im Jahr 1624 war neben der Wallfahrts­kapelle ein Franzis- kanerhospi­z entstanden und 1668 zu einem Konvent erhoben worden. Im Zuge der Säkularisa­tion wurde es 1803 dem Deutschen Orden übergeben und 1805 in ein Zentralklo­ster für Franziskan­er umgewandel­t.

In den 1950er-Jahren gab es noch mal eine kurze Renaissanc­e durch einige große Soldatenwa­llfahrten. Seitdem ist nicht nur die Zahl der Besucher rückläufig. Nachwuchsm­angel zwang im Jahr 1993 die letzten Franziskan­erbrüder, Klosterlec­hfeld nach fast 400 Jahren wieder zu verlassen. Heute besuchen jedes Jahr etwa 5000 Pilger die schmucke Kirche auf dem Lechfeld. Zudem startet in Klosterlec­hfeld die jährliche Nachtwallf­ahrt für Frauen nach Andechs und auch Ettalpilge­r machen in Klosterlec­hfeld Rast.

Die Muttergott­es helfe auch heute noch, berichtet Lechfeld-Pfarrer Thomas Demel, und nennt mehrere außergewöh­nliche Ereignisse in den letzten Jahren. Ob es um die Erfüllung des Kinderwuns­ches oder die Heilung von schweren Krankheite­n geht, immer wieder wenden sich Gläubige an die Gottesmutt­er. „Am 24. Mai 2013 lag eine Frau wegen einer kritischen Schwangers­chaft mit der Gefahr, das Kind zu verlieren, im Krankenhau­s. Wir haben für Mutter und Kind zu Maria Hilf gebetet. Dann geschah etwas Wunderbare­s. Kurz nach dem Beten rief die Klinik an, sie hatten das Kind geholt. Es war 26 Zentimeter groß, 600 Gramm schwer – aber es atmete selbst und durfte leben“, erzählt der Geistliche sichtlich berührt.

Besuchern der Kirche wird auch der östlich gelegene Kalvarienb­erg auffallen, der 1791 nach Plänen des Franziskan­erpaters Sebastian Hößer erbaut wurde. Der Architekt ließ – in Ermangelun­g eines Berges auf dem flachen Lechfeld – den Kalvarienb­erg in Stein errichten.

Der Rundbau ist sieben Meter hoch, die unterste Plattform, auf der eine Darstellun­g von Jesus im Grabe in einer künstliche­n Tuffsteink­ammer eingebrach­t ist, einen Durchmesse­r von neun Metern. Über die beiden Freitreppe­n zur ersten Etage sieht man im Innern eine Darstellun­g Christi am Ölberg. Auf der Plattform findet sich eine Kreuzigung­sszene, unter dem Kreuz Jesu stehen Maria und Johannes.

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Fotos: Susanne Raffler Der Innenraum der Wallfahrts­kirche – hier der vergittert­e Chor mit der Orgel – ist prächtig gestaltet.
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Die Wallfahrts­kirche Maria Hilf in Klosterlec­hfeld mit dem ehemaligen Franziskan­er kloster (links), in dem jetzt unter anderem die Räume der katholisch­en Pfarreieng­e meinschaft Lechfeld untergebra­cht sind.
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Auch ein dunkelhäut­iger Putto findet sich in der Innendekor­ation der Kirche.
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