Sie zieht noch immer Pilger auf das Lechfeld
Kirchenserie Die Kirche Maria Hilf in Klosterlechfeld war einst eine der meistbesuchten Wallfahrtsstätten in Bayern. Davon zeugt noch immer ihre prächtige Ausstattung
Klosterlechfeld Wer heutzutage schnell an die Alpen will, der hat das Lechfeld auf der vierspurigen Bundesstraße 17 rasch passiert. Nur aufmerksame Autofahrer nehmen da, wo die Schnellstraße bei Klosterlechfeld leicht vertieft in einer lang gezogenen Kurve verläuft, westlich davon einen ungewöhnlichen Kuppelbau wahr. Doch es lohnt sich, hier abzufahren und die beeindruckende Wallfahrtskirche Maria Hilf zu besuchen.
Vor gut 400 Jahren war das Lechfeld für Reisende eine riskante Gegend. Das musste Anfang 1603 Regina von Imhof, die Witwe des Augsburger Bürgermeisters Raimund von Imhof, erfahren, die sich auf dem Rückweg von Augsburg zu ihrem Schloss in Untermeitingen in dichtem Nebel verirrt hatte. Der Lech war damals noch nicht reguliert, seine zahlreichen Nebenarme und Sumpfgebiete bildeten ein gefährliches Labyrinth.
Verzweifelt gelobte sie den Bau einer Kapelle zu Ehren der Mutter Gottes, wenn sie wieder auf den richtigen Weg gelänge. Als sie plötzlich die Lichter ihres Schlosses in der Ferne sah, so steht es in Chroniken, musste ihr Kutscher seine Peitsche in die Erde stecken, um den Standort der künftigen Kapelle zu markieren.
Der Grundstein wurde am 7. April 1603 gelegt. Den Entwurf hatte der berühmte Augsburger Baumeister Elias Holl gezeichnet. Als Vorbild für den Sakralbau diente ihm Santa Maria Rotonda – das antike Pantheon in Rom. Das Deckengemälde in der Rotunde ist das Werk von Johann Georg Lederer aus Augsburg und zeigt die Heimsuchung Mariä. Auch die Wandgemälde im Chor stammen von ihm.
Alle sechs Bilder beziehen sich auf die Gottesmutter, die unter anderem als Schutzmantelmadonna, Helferin in Seenot und Schützerin vor Feuersbrunst, dargestellt wird. Der ursprünglichen Gnadenkapelle wurde 1656 im Westen das rechteckige Langhaus mit den runden Seitenkapellen angefügt.
Einzigartig auch die drei in den Jahren 1690/91 hinzugefügten Kuppeln als Sinnbild für die Dreifaltigkeit. Der heutige Hochaltar ist 1748 nach Entwürfen des Laienbruders Concordius Scheidenberger entstanden. Ausführender Meister war Dominikus Bergmüller aus Türkheim. Im Mittelpunkt steht das Gnadenbild. Christus ist als Richter dargestellt, dem der Erzengel Michael und die Muttergottes beigegeben sind.
Schon während des Baus der Kirche habe sich das erste Mirakel ereignet, so wird berichtet: Ein Bauer hatte ein Opfer gelobt, damit es seiner kranken Tochter besser gehen würde. Tatsächlich wurde sie bald darauf gesund. Seitdem wurden Tausende wundersame Begebenheiten aufgezeichnet. Sie lösten eine rege Wallfahrt auf das Lechfeld aus, deren Blütezeit im 18. Jahrhundert war. Klosterlechfeld wurde damals zum zweitgrößten Wallfahrtsort in Bayern, nach Altötting.
Zu den prominentesten Pilgern zählten Kaiser Karl VI., der Kölner Erzbischof Klemens August I. und der bayerische Kurfürst Maximilian III. Joseph. Im Jahr 1624 war neben der Wallfahrtskapelle ein Franzis- kanerhospiz entstanden und 1668 zu einem Konvent erhoben worden. Im Zuge der Säkularisation wurde es 1803 dem Deutschen Orden übergeben und 1805 in ein Zentralkloster für Franziskaner umgewandelt.
In den 1950er-Jahren gab es noch mal eine kurze Renaissance durch einige große Soldatenwallfahrten. Seitdem ist nicht nur die Zahl der Besucher rückläufig. Nachwuchsmangel zwang im Jahr 1993 die letzten Franziskanerbrüder, Klosterlechfeld nach fast 400 Jahren wieder zu verlassen. Heute besuchen jedes Jahr etwa 5000 Pilger die schmucke Kirche auf dem Lechfeld. Zudem startet in Klosterlechfeld die jährliche Nachtwallfahrt für Frauen nach Andechs und auch Ettalpilger machen in Klosterlechfeld Rast.
Die Muttergottes helfe auch heute noch, berichtet Lechfeld-Pfarrer Thomas Demel, und nennt mehrere außergewöhnliche Ereignisse in den letzten Jahren. Ob es um die Erfüllung des Kinderwunsches oder die Heilung von schweren Krankheiten geht, immer wieder wenden sich Gläubige an die Gottesmutter. „Am 24. Mai 2013 lag eine Frau wegen einer kritischen Schwangerschaft mit der Gefahr, das Kind zu verlieren, im Krankenhaus. Wir haben für Mutter und Kind zu Maria Hilf gebetet. Dann geschah etwas Wunderbares. Kurz nach dem Beten rief die Klinik an, sie hatten das Kind geholt. Es war 26 Zentimeter groß, 600 Gramm schwer – aber es atmete selbst und durfte leben“, erzählt der Geistliche sichtlich berührt.
Besuchern der Kirche wird auch der östlich gelegene Kalvarienberg auffallen, der 1791 nach Plänen des Franziskanerpaters Sebastian Hößer erbaut wurde. Der Architekt ließ – in Ermangelung eines Berges auf dem flachen Lechfeld – den Kalvarienberg in Stein errichten.
Der Rundbau ist sieben Meter hoch, die unterste Plattform, auf der eine Darstellung von Jesus im Grabe in einer künstlichen Tuffsteinkammer eingebracht ist, einen Durchmesser von neun Metern. Über die beiden Freitreppen zur ersten Etage sieht man im Innern eine Darstellung Christi am Ölberg. Auf der Plattform findet sich eine Kreuzigungsszene, unter dem Kreuz Jesu stehen Maria und Johannes.