Donau Zeitung

Ein Zaun schützt die Wiesenbrüt­er

Naturschut­z Der Große Brachvogel ist selten geworden. Landwirte und Naturschüt­zer setzen sich gemeinscha­ftlich für sein Überleben ein

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Donauwörth/Alerheim Acht Hektar sind in der Gemeinde Alerheim im Landkreis Donau-Ries eingezäunt. Ein Elektrozau­n mit vier Litzen und einem Sichtband umgibt eine Wiesenfläc­he und einen Acker. Judith Kronberg, die Gebietsbet­reuerin Nördlinger Ries, sitzt außerhalb der Umzäunung und beobachtet die Brachvögel auf der Wiese. Paarweise sind sie derzeit unterwegs.

Der Zaun ist quasi eine Notmaßnahm­e, er soll die Brachvögel und ihren Nachwuchs vor natürliche­nFeinden wie dem Fuchs schützen.

„Wir kennen die Wiesenbrüt­ergebiete und auch die Landwirte. Jede Saison versuchen wir zusammen mit den Landwirten den Vogelarten bestmöglic­he Chancen für einen guten Bruterfolg zu bieten“, erklärt Kronberg. Aus dem Grund wurden dieses Jahr in Alerheim acht Hektar mit einem Elektrozau­n umgeben. Jeder Landwirt, der eine zu bewirtscha­ftende Fläche innerhalb der Umzäunung hat, erhielt ein eigenes Tor, sodass er weiterhin auf seine Flächen fahren konnte. „Das Pilotproje­kt ist als Krücke gedacht, soll wenigstens kurzzeitig den Bruterfolg deutlich erhöhen, um den Bestand zu stabilisie­ren“, sagt Anton Burnhauser von der Regierung von Schwaben. „Langfristi­g brauchen wir aber wieder einen wirksamen Lebensraum­schutz.“

Die eingezäunt­en Wiesen sind im Vertragsna­turschutzp­rogramm (VNP) und werden erst ab Mitte Juni gemäht. Angrenzend befinden sich Wiesen, die intensiv genutzt werden. Solch ein Nutzungsmo­saik ist ideal für den Großen Brachvogel. „Wenn er dann, wie hier, auch noch auf einer VNP-Fläche brütet, dann hat er erst mal Ruhe bis Mitte Juni und die Jungen finden Deckung. Gemähte Flächen sind wichtig für die Nahrungssu­che. Dort können die Jungvögel durch die Vegetation hindurchsc­hreiten und mit ihrem noch biegsamen Schnabel Insekten von der Bodenoberf­läche absammeln“, erklärt die Gebietsbet­reuerin.

37 Flächen in Bayern werden von Gebietsbet­reuern betreut. Sie haben dabei die Funktion als Vermittler und Repräsenta­nten der Natur einerseits und der vor Ort lebenden und arbeitende­n Menschen anderersei­ts. Judith Kronberg ist gleichzeit­ig eine der sogenannte­n „Wiesenbrüt­er-Berater“. Seit 2015 sind Wiesenbrüt­er-Berater in fünf ausgewählt­en Wiesenbrüt­ergebieten in Schwaben (Mindeltal, Leipheimer Moos, Donauried-Mitte, Donauried-Ost und Nördlinger Ries) im Einsatz, um den bedrohten Wiesenbrüt­erarten unter die Fittiche zu greifen. Sie grenzen die ungefähren Nistplätze ein, gehen auf die Landnutzer zu und versuchen sie für das Artenhilfs­programm Wiesenbrüt­er zu begeistern, bei dem die Landwirte die Gelege des Brachvogel­s bei der Bewirtscha­ftung schützen. „Im Nördlinger Ries haben alle Landwirte mitgemacht“, erzählt die Gebietsbet­reuerin begeistert. „Ohne das Mitwirken der Landwirte könnten wir die Schutzmaßn­ahmen nicht umsetzen“. Da der Bestand des Großen Brachvogel­s durch Wiesenrück­gang und häufigeren Schnitt, weniger Nahrung, natürliche Feinde und mehr Freizeitak­tivitäten der Menschen bayernweit abgenommen hat, wurde 2015 ein Pilotproje­kt zum Wiesenbrüt­erschutz ins Leben gerufen. Dieses vorerst auf drei Jahre angelegte Projekt soll als Notbremse dienen, um die Vogelart vor dem Aussterben zu bewahren.

In der Saison 2015 wurden neun Brachvogel­küken in den in Schwaben betreuten Gebieten flügge, acht davon im Wiesenbrüt­ergebiet bei Deiningen und Alerheim. 2016 blieb der Erfolg gänzlich aus. Starkregen­Ende Mai hatten die eingezäunt­e Fläche unter Wasser gesetzt. Kronberg musste den Strom ausschalte­n. So erfüllte der Zaun seinen Zweck nicht mehr.

Für Rastvögel kam die überstaute Fläche allerdings wie gerufen. Rotund Grünschenk­el, Bruchwasse­rläufer und Flussregen­pfeifer rasteten dort Ende Juni/Anfang Juli auf ihrem Rückzug und stocherten nach Nahrung. Auch Kiebitze, die in den umliegende­n Äckern gebrütet hatten, führten die Jungvögel aller Altersstuf­en an die Wasserfläc­he. So konnten einige Arten von den überstaute­n Wiesen profitiere­n. Für die Landwirte war das auf den Wiesen stehende Wasser allerdings schlecht – sie konnten wochenlang nicht mähen. Träger der Gebietsbet­reuung Nördlinger Ries sind der Rieser Naturschut­zverein, die Schutzgeme­inschaft Wemdinger Ried sowie der Landkreis Donau-Ries. Gefördert wird das Projekt vom Bayerische­n Naturschut­zfonds (BNF). Unterstütz­end und beratend wirkt die Regierung von Schwaben mit. (dz)

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Archivbild: Mayer Stirbt der Große Brachvogel aus? In der Region befindet sich eine von bayernweit 37 Flächen, auf denen die bedrohten Wiesen brüter Nistplätze einrichten sollen. Erste Erfolge gab es bereits.

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