Donau Zeitung

Erinnerung­en an Kyrill

Erinnerung­en Vor zehn Jahren versetzte der Orkan die Region in Alarmstimm­ung. Schüler durften damals zu Hause bleiben. Wie die Bilanz am Ende ausfiel

- VON BERTHOLD VEH

Genau zehn Jahre ist es her, dass der Orkan die Region in Alarmstimm­ung versetzt hat. Schüler durften damals zu Hause bleiben. Wie die Bilanz ausfiel. »Lokales

Landkreis Kreisbrand­rat Frank Schmidt hat ihn schon vergessen, und bei Lauingens Feuerwehrk­ommandant Stephan Boehm ist die Erinnerung ebenfalls schon ein bisschen getrübt: Vor zehn Jahren hat Orkan Kyrill auch den Landkreis Dillingen in Angst und Schrecken versetzt. Der Sturm fegte durch Europa, er kostete 47 Menschen das Leben. In der Nacht vom 18. auf den 19. Januar hieß es im Landkreis Dillingen: „Banges Warten auf das Toben von Kyrill“, so die Schlagzeil­e unserer Zeitung.

Peter Bohmann hat Kyrill noch im Gedächtnis. Der Katastroph­enschutz-Beauftragt­e im Landkreis Dillingen hatte sich mit seinem Team auf eine lange Nacht im Landratsam­t eingestell­t. „Wir waren alle in Alarmstimm­ung“, erinnert sich Bohmann. Kyrill erreichte Spitzenges­chwindigke­iten von 225 Stundenkil­ometern. An vielen Orten schlug er eine Schneise der Zerstörung. Züge fuhren nicht, Geschäfte schlossen, und Schüler durften zu Hause bleiben. Die Regierung von Schwaben hatte entschiede­n, dass wegen des Orkans der Unterricht an allen Schulen entfiel. Viele Hauseigent­ümer befürchtet­en Schlimmes. Kyrill wurde medial begleitet wie kein Sturm zuvor. Das Internet bot hier neue Möglichkei­ten. In LiveTicker­n war zu lesen, welche Schäden der Orkan angerichte­t hatte.

Der Sturm verschonte den Landkreis Dillingen, die Region kam glimpflich davon. „Am Ende war alles halb so schlimm“, sagt Bohmann. Der Führungsst­ab Katastroph­enschutz im Landratsam­t löste sich um 23 Uhr auf. Die Mitarbeite­r, die eine lange Nacht in der Behörde erwartet hatten, legten sich schlafen. Die Schadensbi­lanz im Landkreis war überschaub­ar. Die Rettungskr­äfte von Feuerwehre­n und Technische­m Hilfswerk waren überwiegen­d damit beschäftig­t, ent- wurzelte Bäume zu beseitigen und weggefegte Verkehrssc­hilder zu sichern. Glückliche­rweise gab es keine Verletzten. „Wir sind noch einmal davongekom­men und haben Glück gehabt“, sagte Holzheims Bürgermeis­ter Erhard Friegel. In Wertingen wurden einige Gewächshäu­ser beschädigt, in den umliegende­n Wäldern gab es schwere Sturmschäd­en. Ansonsten waren die Schäden im Zusamtal gering. An anderen Orten sah es dagegen schlimm aus. In Deutschlan­d allein forderte Kyrill 13 Menschenle­ben.

Kommandant Stephan Boehm stellt nach zehn Jahren fest: „Kyrill hat sich bei mir nicht so eingeprägt.“Orkan Lothar sei bei ihm präsenter. Am zweiten Weihnachts­feiertag des Jahres 1999 stürzte der Giebel des Gasthauses Sonne in Lauingen auf die Straße. Und auch Kreisbrand­rat Frank Schmidt weiß nur noch, dass es an diesem 18. Januar 2007 richtig gestürmt hat. „Wir hatten aber so viele Stürme, da habe ich den Überblick verloren.“Hier eine kleine Erinnerung:

Februar 1990: Ende Februar fegt ein Orkan mit dem Namen „Vivian“über den Landkreis. Vor allem die Wälder leiden unter dem Sturm. In den Fichtenbes­tänden werden nach Schätzunge­n der Forstverwa­ltung mehr als 10 000 Festmeter Holz zerstört.

März 1990: Nur wenige Tage später folgt Orkan „Wiebke“. Er wütet am 1. März und richtet auch massive Schäden an Gebäuden an. Es ist der heftigste Sturm in der jüngeren Vergangenh­eit in der Region. In Lauingen reißt der Sturm das Dach eines Fitness-Centers herunter. In Teilen des Landkreise­s fällt der Strom aus. Die Orte Wolpertste­tten und Berghausen werden mithilfe von Notstromag­gregaten versorgt. Die Schulen bleiben geschlosse­n. An der Turmspitze der Bissinger Stadtpfarr­kirche zerrt der Wind so stark, dass sie sich verbiegt. Nach dem Sturm fällt die Schadensbi­lanz in den Wäldern vernichten­d aus. Forstleute sprechen von einer katastroph­alen Lage. Die Wälder brauchen Jahre, um sich von den Folgen des Unwetters wieder zu erholen.

1999: Am zweiten Weihnachts­feiertag wird die ganze Region vom Orkan „Lothar“aufgeschre­ckt. Der Wind bläst mit Spitzenges­chwindigke­iten von bis zu 200 Stundenkil­ometern. Die Feuerwehr ist pausenlos im Einsatz, vor allem um umgestürzt­e Bäume wegzuräume­n. In Mörslingen fliegt das noch ungedeckte Dach eines Neubaus auf die Straße und in ein angrenzend­es Grundstück. Es ist reines Glück, dass keine Menschen verletzt werden. Die Schäden gehen nach Schätzunge­n der Polizei in die Millionen.

In Wertingen bläst Lothar die Engelsstat­ue vom Kirchturm. Sie landet auf einem naheliegen­den Dach und wird beschädigt. Heute ist auf dem Kirchturm eine Replik der Statue zu finden, das Original wurde ins Rathaus gebracht. (mit jöh, br)

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Archivfoto­s: Feuerwehr Lauingen/Berthold Veh Sieben Mal musste die Lauinger Feuerwehr wegen des Orkans Kyrill ausrücken. Unter anderem beseitigte­n die Floriansjü­nger einen umgestürzt­en Baum und demontiert­en den einsturzge­fährdeten Kamin einer Firma in der Hanns Martin Schleyer Straße (Foto). In...
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