Welche Geldanlage Experten empfehlen
Finanzen Viele Landkreisbürger setzen nach wie vor auf klassische Konten, stellt der Kreisverband der Raiffeisen- und Volksbanken für 2016 fest. Warum Experten zu Alternativen raten
Landkreis Es gibt Menschen, die haben ihr Leben lang gearbeitet und gespart. Viele haben vor Jahren einen langfristigen Plan geschmiedet: Wenn sie im Rentenalter rund 100000 Euro zusammen haben, bekommen sie dank Zinsen einen monatlichen Betrag, eine Art zusätzliche Rente. Aus diesen Plänen wird aber nichts – in NullzinsZeiten. Im März hat die Europäische Zentralbank den Leitzins auf null Prozent gesenkt. Das wirkt sich direkt auf den Zinssatz aus, den Sparer auf ihr Guthaben bekommen.
„Vor Kurzem war ein 70-Jähriger bei mir, der hat seine Lebensversicherung ausbezahlt bekommen. Er rechnete einmal mit 3000 Euro Zinsen monatlich. Jetzt bekommt er nichts oben drauf“, erzählt Alexander Lehmann. Die beiden Vorsitzenden des Kreisverbands der Volksbanken Raiffeisenbanken im Landkreis Dillingen, Lehmann und Alexander Jall, haben in jüngster Zeit viele solcher Gespräche geführt.
Die Vorsitzenden haben die Zahlen für das Jahr 2016 zusammengetragen. Ein Blick darauf zeigt: Die Landkreisbürger setzen trotz allem noch auf klassische Modelle, wie Girokonten oder Sparbücher. Die Summe der Kundeneinlagen bei der Bank ist gestiegen, von 1229 Millionen Euro auf 1272 Millionen Euro. „Die Deutschen lieben das Sparbuch“, sagt Lehmann. Doch zurzeit lohne es sich nicht, sein Geld auf diese Weise anzulegen.
Die Vorsitzenden raten stattdessen zu Fonds-Sparplänen. Dabei zahlen Kunden regelmäßig einen Geldbetrag ein und investieren damit zum Beispiel in ein Paket aus verschiedenen Aktien. Durch die Bandbreite soll das Risiko gesenkt werden. Fonds sind dennoch risikoreicher als ein Sparbuch, bieten aber auch mehr Chancen auf Gewinne. Was sich viele Menschen fragen: Was machen die Experten selbst mit ihrem Geld? „Ich habe zum Beispiel vor 17 Jahren angefangen, in einen Fonds einzuzahlen“, erzählt Lehmann. Anfangs habe es nicht gut ausgesehen. „Ich war jahrelang im Minus.“Gegen 2008 hätten sich die Aktienkurse aber wieder erholt. Jetzt, 2017, strahle er übers ganze Gesicht, sagt er.
Eigene Erfahrungen hin oder her – der Leiter der Filiale in Bissingen hat die Erfahrung gemacht, dass Aktien und andere Alternativen den Kunden im Landkreis zu unsicher sind. Während die Einlagen bei den Banken selbst um 3,5 Prozent gestiegen sind, hat das Anlagevolumen, das die Banken für Verbundpartner, wie zum Beispiel Union Investment, verwalten, nur um 1,8 Prozent zugenommen. Stattdessen hätten sich leider viele damit abgefunden, dass sie bei der Bank keine Zinsen für ihr Geld bekommen, sagt auch Jall. Nur die junge Generation sei Alternativen gegenüber aufgeschlossener.
Im Moment zeigen viele Prognosen, dass sich die Zinspolitik der Europäischen Zentralbank vorerst nicht ändern wird. Damit will die Europäische Zentralbank erreichen, dass die Banken Kredite bereitstellen. Das Kreditvolumen der Raiffeisen- und Volksbanken im Landkreis Dillingen ist im vergangenen Jahr gestiegen – von 923 Millionen Euro auf 956 Millionen Euro. Darunter sind zum Beispiel auch viele Kredite für Menschen, die sich ein Haus bauen wollen. Die Begleiterscheinung dieser EZB-Politik: Für das Geld, das die Banken horten, müssen sie selbst eine Art Strafe bezahlen. Das heißt: Für die 1272 Millionen Euro, die die Kunden im Landkreis derzeit bei den Filialen des Kreisverbands liegen haben, bezahlen die Banken Strafzinsen. Die erste Bank, die diese Negativzinsen an ihre Kunden weitergegeben und diese für ihre Einlagen zur Kasse gebeten hat, war die Raiffeisenbank Gmund am Tegernsee.
Bei den Raiffeisenbanken im Landkreis kommen die Kunden derzeit noch bei null raus. Doch Jall und Lehmann können nicht dauerhaft dafür garantieren, dass auf ihre Kunden keine Abzüge zukommen. „Bislang schlucken wir die Negativzinsen“, sagt Jall auch mit Blick auf die gestiegenen Kundeneinlagen. „Aber wir wissen nicht, wie die Entwicklung weitergeht.“Derzeit müssen Privatkunden noch nicht damit rechnen, dass die Kosten der Bank auf sie umgewälzt werden. Doch einige Großkunden werden bereits von den Filialen des Kreisverbandes zur Kasse gebeten, berichtet Jall.
Die Finanzwelt wird immer komplizierter, und es ist die Aufgabe der Bankberater, ihren Kunden die Auswirkungen zu erklären. Parallel sind jedoch viele Banken dabei, ihr Filialnetz zu straffen. Auch der Kreisverband Dillingen der Raiffeisenbanken Volksbanken hat im Jahr 2017 weniger Filialen als noch ein Jahr zuvor. Fünf Filialen im Landkreis Dillingen sind seit Kurzem geschlossen: Haunsheim, Syrgenstein, Bächingen, Blindheim und Lutzingen. „Die Filialen haben selbstständig beobachtet, wie viele Besucher sie noch haben. Darauf basierten diese Entscheidungen“, sagt Jall. Die Zahl der Bankautomaten sank von 45 auf 37.
Diese Entwicklung soll aufgefangen werden durch ein ausgebautes Online-Angebot der Raiffeisenund Volksbanken. Kunden können bereits vieles mit Handy, Laptop oder Tablet erledigen: ihren Kontostand abrufen oder zum Beispiel Geld überweisen. Jall und Lehmann würden sich wünschen, dass ihre Kunden einmal alles auf einen Blick haben: Ihre Versicherungen, ihre Sparkonten – einfach alle Verträge, die sie bei ihrer Bank abgeschlossen haben, sollen Kunden über einen Online-Kanal verwalten können. „Im Moment können wir dieses Omnikanalkonzept noch nicht anbieten, doch wir sind auf dem Weg dahin“, sagt Jall. Das heiße aber nicht, dass die persönliche Beratung nicht nach wie vor einen wichtigen Stellenwert einnimmt. „Vor allem im ländlichen Bereich werden wir weiterhin gut aufgestellt bleiben“, sagt Jall.
„Ich war mit meinem Aktienfonds jahrelang im Minus. “
Alexander Lehmann
„Vor allem im ländlichen Bereich sind wir gut aufgestellt.“
Alexander Jall