Kleve kämpft gegen das Kleingeld
Einkaufen Vor einem Jahr fassten die Händler der Stadt den Beschluss, Ein- und Zwei-Cent-Münzen zu verbannen. Was daraus geworden ist
Kleve Anfang Februar 2016 machte die 50000-Einwohner-Stadt Kleve bundesweit Schlagzeilen. Zahlreiche Einzelhändler hatten sich zusammengeschlossen und sagten dem lästigen Kleinstgeld den Kampf an. Ein- und Zwei-Cent-Münzen sollten aus den Ladenkassen verschwinden, krumme Rechnungsbeträge stattdessen auf 5 Cent auf- oder abgerundet werden, so wie es in den nahe gelegenen Niederlanden schon lange üblich ist. Ein Jahr später fällt der Erfolg gemischt aus.
„Geehrte Kunden, wir RUNDEN“. Das Schild steht auch heute noch an der Kasse des IntersportGeschäfts in Kleve. „Wir bleiben der Sache treu“, sagt Filialchef Christof Dammers. Bei den Kunden stoße der Verzicht auf das Kleinstgeld überwiegend auf positive Resonanz, betont er.
Auch eine Umfrage der Hochschule Rhein-Waal zeigt, dass der Kampf gegen das Kleinstgeld bei den Kunden auf Unterstützung trifft. Fast drei Viertel von 376 in der Klever Fußgängerzone befragten Verbrauchern fanden das Aufoder Abrunden beim Bezahlen „gut“oder „sehr gut“, wie Professor Jakob Lempp berichtet. Nur 13 Prozent bewerteten es negativ. Drei Viertel der Befragten gehen davon aus, dass das Runden letztlich keinen Einfluss auf ihr Portemonnaie hat, weil sich das Auf- und Abrunden am Ende ausgleicht. Wobei das möglicherweise ein Fehlschluss ist: Ein ganz kleines bisschen teurer könnte es für die Kunden werden: Einfach weil die meisten Preise auf 9 enden. Wer nur ein oder zwei Teile kauft, bei dem wird in der Regel aufgerundet. Erst wenn mehr Teile im Einkaufskorb sind, kann es auch zu Abrundungen kommen.
Intersport-Chef Dammers berichtet, dass durch das Runden über das Jahr hinweg ein gemessen am Umsatz sehr bescheidener Überschuss von 74 Euro für das Unternehmen herausgekommen sei. „Das werden wir für einen guten Zweck spenden“, verspricht er. Den Klever Händlern ging es bei der Einführung des Rundens schließlich nicht darum, mehr Geld zu verdienen, sondern darum, Kosten zu senken. „Die Idee kam, weil die Banken damit begannen, für die Bereitstellung oder die Abnahme von Kleingeld Gebühren zu erheben“, erzählt Klaus Fischer, Chef eines Modegeschäfts und Mitinitiator der Aktion. Das Runden sollte sparen helfen. Doch hat sich diese Hoffnung nur selten erfüllt. Von 45 befragten Unternehmen gaben nur 18 Prozent an, dass die Verwaltungskosten für den Bargeldbestand tatsächlich reduziert wurden. Gleichzeitig bedeutet das Runden mehr Arbeit für die Händler. Denn die Teilnahme ist völlig freiwillig. Jeder Kunde hat einen Anspruch auf die centgenaue Abrechnung seiner Einkäufe.
Wohl auch deshalb fiel die Zufriedenheit der Händler spürbar geringer aus als die der Verbraucher. Zeigten sich bei den befragten Kunden 72 Prozent zufrieden mit dem Runden, so waren es bei den Händlern
Es macht sich Ernüchterung breit
nur 57 Prozent. Wo vor einem Jahr Aufbruchstimmung herrschte, ist Ernüchterung eingetreten.
Auch Klaus Fischer, der vor einem Jahr noch hoffte, die Klever Aktion könne ein „Vorbild für ganz Deutschland“sein, räumt ein, dass sich seine Hoffnungen nicht erfüllt haben. „Die meisten machen das noch weiter“, sagt er über die anfangs gut 70 Teilnehmer der Aktion. „Aber der Schwung ist raus.“Ihm sei kein Fall bekannt, wo andere Kommunen dem Beispiel von Kleve gefolgt seien. Ähnlich nüchtern fällt die Bilanz des Geschäftsführers des Einzelhandelsverbandes Kleve, Achim Zirwes, aus: „Das war ein super Marketinggag. Aber das Thema ist eingeschlafen.“