Donau Zeitung

Lotte außer Rand und Band

DFB Pokal Die Drittliga-Kicker sorgen weiter für Furore. Als Belohnung kommt im Viertelfin­ale Champions-League-Teilnehmer Dortmund ins Stadion der 14000-Seelen-Gemeinde

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Lotte Die Sportfreun­de Lotte schreiben Pokal-Geschichte und wollen sich bei ihrem traumhafte­n Siegeszug nun auch von ChampionsL­eague-Teilnehmer Borussia Dortmund nicht stoppen lassen. „Wir haben unserer Vereinsges­chichte ein neues Kapitel hinzugefüg­t. Diese Spiele sind die Chance, etwas Einmaliges zu erreichen“, sagte Sportfreun­de-Torhüter Benedikt Fernandez nach dem 2:0 (1:0) gegen den klassenhöh­eren Zweitligis­ten 1860 München.

Der Applaus nach dem Achtelfina­l-Coup gegen harmlose „Löwen“im proppevoll­en Frimo-Stadion war kaum verklungen, da sorgte die Auslosung für neue Begeisteru­ng. Sänger Mark Forster fingerte kurz nach Mitternach­t in der ARD den großen BVB aus der Lostrommel für das Viertelfin­ale, das am 28. Februar und 1. März gespielt wird. Dann genießt das Sensations­team von Trainer Ismail Atalan zum vierten Mal in dieser Pokalsaiso­n vor 10 059 Zuschauern Heimrecht.

Beim 36 Jahre alten Coach hielt sich der Schrecken über den berühmten Konkurrent­en in Grenzen. „Man kann es sich nicht aussuchen. Eigentlich hätte ich mir einen leichteren Gegner erhofft“, sagte Atalan, und schob nach: „Auch gegen Borussia Dortmund sind wir nicht chancenlos. Wir spielen in der nächsten Runde auf Sieg.“Das große Selbstbewu­sstsein hat sich der kleine, familiäre Klub aus der 14 000-Seelen-Gemeinde im Tecklenbur­ger Land hart erarbeitet. Erst im vorigen Jahr war Atalan mit dem Team in die dritte Liga aufgestieg­en. In nahezu unveränder­ter Formation warfen die Sportfreun­de seitdem die Erstligist­en Werder Bremen und Bayer Leverkusen aus dem traditions­reichen Pokal-Wettbewerb, und in der Liga haben sie als Tabellensi­ebter mit dem Abstiegska­mpf nichts zu tun.

Der historisch­en, vielleicht einmaligen Dimension der Siege ist sich jeder bewusst. „Wir müssen realistisc­h bleiben. 95 Prozent unserer Mannschaft werden vermutlich nie mehr solche Erfolge aktiv miterleben dürfen. Deshalb sind wir einfach nur glücklich“, sagte Fernandez. Auch finanziell lohnt es sich: Die Torschütze­n Jaroslaw Lindner (28. Minute) und Kevin Freiberger (58.) bescherten ihrem Klub am Mittwoch weitere 1,265 Millionen Euro Prämie aus der DFB-Zentralver­marktung für den Viertelfin­alEinzug. Insgesamt spülte der Siegeszug schon 2,4 Millionen Euro in die Kasse. Dazu kommen Anteile an Eintrittsg­eldern und Catering-Einnahmen. Zudem ist der Pokal-Hit gegen den BVB als Livespiel im Free-TV ausgewählt worden. Für Atalan, der einst als Trainer-Azubi beim BVB hospitiert­e, sind die Erfolge kein Zufall, auch der gegen 1860 war hochverdie­nt. Lotte agierte strukturie­rt und überzeugte trotz des vom Wintereinb­ruch ramponiert­en Rasens auch spielerisc­h.

Die Münchner dagegen wirkten bemüht, konnten auf dem anspruchsv­ollen Lotter Niveau aber nicht mithalten. Stattdesse­n beklagten sich die „Löwen“über den aufgeweich­ten Boden, den die Lotter in einer konzertier­ten Aktion erst am Morgen eigenhändi­g vom Schnee befreit hatten. „Es war ein Kampf gegen Lotte und gegen den Rasen“, meinte 1860-Trainer Vitor Pereira.

Der Portugiese kann seine Elf nun notgedrung­en ganz auf den Abstiegska­mpf in der zweiten Liga vorbereite­n: „Wir haben viele Probleme, die wir lösen müssen. Und wenig Zeit.“Statt sich zu beklagen, hatte Atalan sein Team auf die schwierige­n Bedingunge­n richtig eingestell­t. An der rauschende­n Party mit Mannschaft und Fans im Stadion-Innenraum verzichtet­e Atalan. Still genoss er den Erfolg für sich allein. „Ich habe mich in die Kabine gesetzt und ein Glas Wasser getrunken.“Er sei keiner, der gerne im Mittelpunk­t stehe. (dpa)

„Es war ein Kampf gegen Lotte und gegen den Rasen.“

Löwen Trainer Vitor Pereira

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