Sind im Landkreis mehr „Defis“notwendig?
Sicherheit Defibrillatoren können Leben retten. Sie einzusetzen, ist leicht – sich auf die Suche nach ihnen zu machen, kann aber im Notfall die falsche Wahl sein, wie ein Mediziner sagt
Landkreis Eine Person liegt auf dem Boden. Sie ist nicht ansprechbar, sie atmet nicht. Das deutet darauf hin, dass ihr Herz nicht mehr schlägt. Was nun? In diesem Fall kann es gut sein, dass ein Defibrillator helfen kann. Defibrillatoren – fachlich korrekt „Automatisierte externe Defibrillatoren“(AED) – sind tragbare Geräte, die durch einen einzelnen, starken Stromstoß das Herz wieder in den richtigen Schlagrhythmus bringen können. Der Einsatz der Geräte sei dabei „idiotensicher“, wie Christine Mathieu vom Roten Kreuz in Dillingen erzählt. Sie leitet die Lehrgänge für Laien, auch für den Einsatz der Defis: „Das Gerät erklärt Ihnen jeden Schritt. Da kann man nichts falsch machen.“Auch, da der AED selbst analysiert, wann sein Einsatz Sinn macht und wann nicht. „Man braucht keinerlei Angst haben, noch zusätzlichen Schaden anzurichten“, sagt Mathieu.
Der Kardiologe Dr. Franz von Hoch erklärt, in welchem Fall ein Defibrillator Leben retten kann. Denn einen Stromstoß sendet das Gerät nur aus, wenn sogenanntes Kammerflimmern vorherrscht. „Dann zirkuliert im Herzen Strom“, sagt der Chefarzt des Wertinger Krankenhauses. Der Normalzustand ist, dass der Sinusknoten, der „Taktgeber“des Herzens, 50 bis 60 Mal einen Stromstoß aussendet, der den Herzmuskel zur Kontraktion bringt – das Herz schlägt. Der zirkulierende Strom verhindert das, die Kontraktion bleibt aus, de facto herrscht Herzstillstand. Ein einzelner, starker Stromstoß eines AEDs neutralisiert das Stromniveau im Herzen. Mit etwas Glück fängt es dann wieder an, normal zu schlagen.
Wenn ein Herzstillstand vorliegt, ist bei den Helfern äußerste Eile geboten. Jede Minute, die verstreicht, erhöht laut von Hoch die Gefahr, dass der Patient nach einer Wiederbelebung Schäden am Gehirn davonträgt. Aber auch die Chancen, dass das Herz überhaupt wieder zum Schlagen gebracht wird, schwinden mit jeder verstreichenden Sekunde. Deshalb sei es wichtig, dass ein Ersthelfer wisse, was er tun muss. Wenn man eine nicht ansprechbare, nicht mehr atmende Person auffindet, soll man zunächst einen Notruf absetzen. Sich dann aber auf die Suche nach einem AED zu machen, sei die falsche Option, so der Kardiologe: „Wichtiger ist zunächst unbedingt die Herzdruck- massage.“Eine andere Person solle sich derweil auf die Suche nach einem AED machen. Wenn man allein unterwegs sei, mache man am besten durch Rufe auf sich aufmerksam und bitte eine weitere Person, das Gerät zu holen.
Stellt sich dann die Frage, woher derjenige in der gebotenen Eile einen AED auftreiben kann. Denn die flächendeckende Versorgung mit den Geräten ist nach Ansicht von Harald Bachler, Leiter des Rettungsdienstes in Dillingen, im Landkreis zwar in Ordnung, könnte aber noch besser sein. Ein Problem ist dabei auch, dass für die Geräte keine Meldepflicht besteht. Und warum die Geräte nicht überall aushängen, hat Gründe: Ein Defibrillator kostet zwischen 1000 und 2000 Euro. „Das lockt eben Diebe an“, vermutet der Mann vom BRK.
Um die Suche nach einem AED zu erleichtern und den Helfern kostbare Minuten zu sparen, hat das BRK die „BRK-Defi-App“entwickelt, in die mit der Zeit immer mehr Standorte von Defis eingespeist werden, so die Hoffnung. Die Anwendung zeigt dann sofort bei Aktivierung an, wo der nächste Defi hängt und wie weit er entfernt ist. Sie ist mit der beliebten Wegfindungssoftware Google Maps verknüpft.
Die Anwendung wird europaweit von Andreas Markmüller betreut, der in Donauwörth für das BRK arbeitet. 16 000 stationäre AEDs hat er mittlerweile schon in seiner Datenbank gespeichert. Allerdings befinden sich nur 23 davon im Landkreis Dillingen. Beispielsweise zwei in Wertingen, sechs in Dillingen. „Durch die fehlende Meldepflicht ist die Dunkelziffer aber möglicherweise sehr groß“, sagt Markmüller. Zum Vergleich: Für den Nachbarlandkreis DonauRies hat er 260 eingetragene AEDs in seiner Datenbank stehen. Für Harald Bachler sind die Vereinigten Staaten bei der Verwendung von Defibrillatoren vorbildhaft. „In den meisten Bundesstaaten haben dort sowohl Feuerwehr- als auch Polizeifahrzeuge immer einen Defi mit an Bord“, sagt Bachler. Solche Verhältnisse wünscht er sich auch für die Region.
Sein Wunsch könnte in Erfüllung gehen, die Feuerwehren wollen in Sachen Defis aufrüsten. So beispielsweise die Wehr Riedsend. Hintergrund war ein Unfall, als die Feuerwehr als Ersthelfer vor Ort war, das Opfer Herzstillstand hatte. Es konnte nicht gerettet werden. Deshalb will die Feuerwehr künftig bei Einsätzen stets einen AED an Bord haben und jährliche Schulungen dazu durchführen. Öffentlich aushängen wird aber auch dieser Defibrillator nicht. „Leider haben wir da von anderen Wehren keine guten Erfahrungsberichte gehört“, sagt der Kommandant der Riedsender Wehr, Reinhard Langenmair. Sprich: Diebstähle sind bei den Geräten verbreitet. Auch Franz von Hoch findet, dass gerade in Einsatzfahrzeugen die Geräte besonders viel Sinn machen. Da Feuerwehren an Unglücksstellen meist vor den Sanitätern vor Ort sind, könnte nach Ansicht des Arztes manches Leben »Kommentar gerettet werden.