Winter auf dem Bauernhof
Landwirtschaftsserie Die Bio-Bauern Knötzinger verpacken in diesen Tagen ihr wertvolles Gemüse – jede Woche 5000 Kisten. Bei den Wertinger Milchviehhaltern Wagner bleibt dagegen Zeit zum Durchatmen. Doch Arbeit gibt’s auch hier immer
Zwei Landwirte – zwei Ideen einer Hofbewirtschaftung. Beide versuchen, aus Tieren und Feldern qualitativ hochwertige und lukrative Produkte zu erzeugen. Unsere Zeitung warf in allen vier Jahreszeiten einen Blick auf die Arbeit auf einem Milchviehhof und einem mit biologischem Ackerbau. Mit dem Winter endet unsere Serie.
Nach der Suppe aus Wurzelpetersilie gibt’s überbackenes Pastinakengemüse, dazu Kartoffelbrei und gebackene RoteBeete-Scheiben. Kurz nach 12 Uhr sitzen die Knötzingers am Mittagstisch: die Blindheimer Bio-Bäuerin Barbara, ihr Mann Michel, Sohn Franz und dessen Großvater Erhard. Der Großteil des Essens stammt von den eigenen Feldern. Gemüse, das sie gemeinsam das Jahr über nach strengen Richtlinien anbauen, großziehen und ernten. Jetzt im Winter konzentriert sich die Arbeit nach innen, in die Lagerhallen. Jede Woche sortieren, waschen und verpacken die Knötzingers 5000 Kisten. Gefüllt mit fünf oder zehn Kilogramm Pastinaken, Petersilienwurzeln, Karotten, Rote Beete und Schwarzem Rettich gehen diese an den Bio-Großhandel und verschiedene Gemüse-Abo-Kisten. Mit dem Teleskoplader kippt die Bäuerin eine neue Ladung Pastinaken an den Beginn des Bandes. Nach der Wasch- und Poliermaschine landen sie auf der Computerwaage. Wer zu krumm, beinig, abgebrochen, zu groß oder zu klein ist, wird aussortiert. Früher landete das Gemüse als Kompost wieder auf dem Feld. Mittlerweile hat Barbara Knötzinger verschiedene Möglichkeiten gefunden: Spezielle Firmen bieten II. Wahl an, manches wird zu Saft, anderes kommt in biologisches Hundefutter oder geht an biologische Milchviehzüchter. Immer wieder spricht die 26-jährige Landwirtin von Wertschätzung und Wertschöpfung.
Frische Milch – darauf legt Familie Wagner großen Wert. Und die ist wahrhaftig frisch auf dem Hof der Wertinger Bauersfamilie. Gut 80 ausgewachsene Milchkühe stehen in ihrem Stall in Richtung Roggden, dazu kommen noch etliche Jungtiere, Kälber und Mastbullen. Im Jahr 2003 hat Martina Wagner den Hof gemeinsam mit ihrem Ehemann Karl von ihren Eltern übernommen. Sie bauen Raps, Zuckerrüben, Mais und Getreide an – vieles für ihre Tiere, manches verkaufen sie. Seit ihrer Kindheit trinkt Martina Wagner gerne Milch, verbrachte als Betriebshelferin viel Zeit bei Milchviehbetrieben und stellte die ehemalige Schweine- und Bullenmast ebenfalls um. Die 40-Jährige legt Wert auf gute Milch. Den Winter nutzt sie, um sich mit alternativen Möglichkeiten auseinanderzusetzen. Beim jüngsten Bäuerinnentag hieß ein Thema Homöopathie. Die Wertinger Bäuerin nutzt den Impuls. Vor Jahren hatte sie damit bereits gute Erfahrungen gesammelt, jetzt will sie daran anknüpfen. Mit einem Wassersprüher macht sie sich auf den Weg zu den Kälbern. Beim Vermeiden von Antibiotika geht es ihr weniger ums Senken von Arzneikosten, sondern vielmehr ums Tierwohl. Und das der Menschen, allen voran ihrer Familie. Jeden Morgen bringt sie nach dem Melken eine Kanne frischer Milch mit in die Küche und kocht sie ab. Michael (12) und Julia (7) rühren Kabapulver hinein und trinken’s zur Frühstückssemmel. Beide Kinder arbeiten bereits auf dem Hof mit, wollen ihn beide mal übernehmen und sind sich einig: „Die Kühe bleiben auf jeden Fall auf dem Hof.“
Kühe gibt’s auf dem Hof der Knötzinger zwar keine mehr, dafür bereits ebenfalls einen Hofnachfolger. Franz, noch kein Jahr alt, sitzt begeistert auf seinem speziellen Traktorkindersitz – weich gefedert und knallrot. Wann und wo immer möglich nehmen seine Eltern ihn mit – aufs Feld und in die Hallen. Eine arbeitsarme Zeit fehlt auf dem Bio-Hof. „Ich hätte immer viel Arbeit, teile sie mir mittlerweile besser ein“, erzählt die junge Landwirtin. Ganz bewusst verzichtet sie darauf, die Vermarktung ihres Gemüses aus der Hand zu geben. Vielmehr will sie mit den Abnehmern im Kontakt bleiben und ganz direkt erfahren, welches Gemüse gefragt und was zu verändern ist. Samenfeste Gemüse heißt der neue Trend. Sorten, die nicht unbedingt alle formgleich und gerade sind, dafür geschmacklich intensiver, nährstoffreicher und womöglich gesünder – „Wertschöpfung“eben.
Zum Wert eines Hofes gehören auch funktionierende Maschinen und Fahrzeuge, intakte Gebäude und Holz zum Heizen. Dafür findet Karl Wagner vorwiegend im Winter Zeit. Während die Kühe das ganze Jahr über gleichermaßen versorgt sein wollen, können sie im Ackerbau im Winter durchschnaufen. Sich selbst und das Umfeld auf die neue Saison vorbereiten. Bei den Knötzingers läuft das nebenbei.