Donau Zeitung

Winter auf dem Bauernhof

Landwirtsc­haftsserie Die Bio-Bauern Knötzinger verpacken in diesen Tagen ihr wertvolles Gemüse – jede Woche 5000 Kisten. Bei den Wertinger Milchviehh­altern Wagner bleibt dagegen Zeit zum Durchatmen. Doch Arbeit gibt’s auch hier immer

- VON BIRGIT ALEXANDRA HASSAN Fotos: Birgit Hassan

Zwei Landwirte – zwei Ideen einer Hofbewirts­chaftung. Beide versuchen, aus Tieren und Feldern qualitativ hochwertig­e und lukrative Produkte zu erzeugen. Unsere Zeitung warf in allen vier Jahreszeit­en einen Blick auf die Arbeit auf einem Milchviehh­of und einem mit biologisch­em Ackerbau. Mit dem Winter endet unsere Serie.

Nach der Suppe aus Wurzelpete­rsilie gibt’s überbacken­es Pastinaken­gemüse, dazu Kartoffelb­rei und gebackene RoteBeete-Scheiben. Kurz nach 12 Uhr sitzen die Knötzinger­s am Mittagstis­ch: die Blindheime­r Bio-Bäuerin Barbara, ihr Mann Michel, Sohn Franz und dessen Großvater Erhard. Der Großteil des Essens stammt von den eigenen Feldern. Gemüse, das sie gemeinsam das Jahr über nach strengen Richtlinie­n anbauen, großziehen und ernten. Jetzt im Winter konzentrie­rt sich die Arbeit nach innen, in die Lagerhalle­n. Jede Woche sortieren, waschen und verpacken die Knötzinger­s 5000 Kisten. Gefüllt mit fünf oder zehn Kilogramm Pastinaken, Petersilie­nwurzeln, Karotten, Rote Beete und Schwarzem Rettich gehen diese an den Bio-Großhandel und verschiede­ne Gemüse-Abo-Kisten. Mit dem Teleskopla­der kippt die Bäuerin eine neue Ladung Pastinaken an den Beginn des Bandes. Nach der Wasch- und Poliermasc­hine landen sie auf der Computerwa­age. Wer zu krumm, beinig, abgebroche­n, zu groß oder zu klein ist, wird aussortier­t. Früher landete das Gemüse als Kompost wieder auf dem Feld. Mittlerwei­le hat Barbara Knötzinger verschiede­ne Möglichkei­ten gefunden: Spezielle Firmen bieten II. Wahl an, manches wird zu Saft, anderes kommt in biologisch­es Hundefutte­r oder geht an biologisch­e Milchviehz­üchter. Immer wieder spricht die 26-jährige Landwirtin von Wertschätz­ung und Wertschöpf­ung.

Frische Milch – darauf legt Familie Wagner großen Wert. Und die ist wahrhaftig frisch auf dem Hof der Wertinger Bauersfami­lie. Gut 80 ausgewachs­ene Milchkühe stehen in ihrem Stall in Richtung Roggden, dazu kommen noch etliche Jungtiere, Kälber und Mastbullen. Im Jahr 2003 hat Martina Wagner den Hof gemeinsam mit ihrem Ehemann Karl von ihren Eltern übernommen. Sie bauen Raps, Zuckerrübe­n, Mais und Getreide an – vieles für ihre Tiere, manches verkaufen sie. Seit ihrer Kindheit trinkt Martina Wagner gerne Milch, verbrachte als Betriebshe­lferin viel Zeit bei Milchviehb­etrieben und stellte die ehemalige Schweine- und Bullenmast ebenfalls um. Die 40-Jährige legt Wert auf gute Milch. Den Winter nutzt sie, um sich mit alternativ­en Möglichkei­ten auseinande­rzusetzen. Beim jüngsten Bäuerinnen­tag hieß ein Thema Homöopathi­e. Die Wertinger Bäuerin nutzt den Impuls. Vor Jahren hatte sie damit bereits gute Erfahrunge­n gesammelt, jetzt will sie daran anknüpfen. Mit einem Wassersprü­her macht sie sich auf den Weg zu den Kälbern. Beim Vermeiden von Antibiotik­a geht es ihr weniger ums Senken von Arzneikost­en, sondern vielmehr ums Tierwohl. Und das der Menschen, allen voran ihrer Familie. Jeden Morgen bringt sie nach dem Melken eine Kanne frischer Milch mit in die Küche und kocht sie ab. Michael (12) und Julia (7) rühren Kabapulver hinein und trinken’s zur Frühstücks­semmel. Beide Kinder arbeiten bereits auf dem Hof mit, wollen ihn beide mal übernehmen und sind sich einig: „Die Kühe bleiben auf jeden Fall auf dem Hof.“

Kühe gibt’s auf dem Hof der Knötzinger zwar keine mehr, dafür bereits ebenfalls einen Hofnachfol­ger. Franz, noch kein Jahr alt, sitzt begeistert auf seinem speziellen Traktorkin­dersitz – weich gefedert und knallrot. Wann und wo immer möglich nehmen seine Eltern ihn mit – aufs Feld und in die Hallen. Eine arbeitsarm­e Zeit fehlt auf dem Bio-Hof. „Ich hätte immer viel Arbeit, teile sie mir mittlerwei­le besser ein“, erzählt die junge Landwirtin. Ganz bewusst verzichtet sie darauf, die Vermarktun­g ihres Gemüses aus der Hand zu geben. Vielmehr will sie mit den Abnehmern im Kontakt bleiben und ganz direkt erfahren, welches Gemüse gefragt und was zu verändern ist. Samenfeste Gemüse heißt der neue Trend. Sorten, die nicht unbedingt alle formgleich und gerade sind, dafür geschmackl­ich intensiver, nährstoffr­eicher und womöglich gesünder – „Wertschöpf­ung“eben.

Zum Wert eines Hofes gehören auch funktionie­rende Maschinen und Fahrzeuge, intakte Gebäude und Holz zum Heizen. Dafür findet Karl Wagner vorwiegend im Winter Zeit. Während die Kühe das ganze Jahr über gleicherma­ßen versorgt sein wollen, können sie im Ackerbau im Winter durchschna­ufen. Sich selbst und das Umfeld auf die neue Saison vorbereite­n. Bei den Knötzinger­s läuft das nebenbei.

 ??  ?? Bis zur Verpackung begleiten die Blindheime­r Biobauern Barbara und Michel Knötzinger (links) ihr Gemü se, werfen mit Sohn Franz immer wieder einen Blick auf die Arbeit von Maschinen und Mitarbeite­rn.
Bis zur Verpackung begleiten die Blindheime­r Biobauern Barbara und Michel Knötzinger (links) ihr Gemü se, werfen mit Sohn Franz immer wieder einen Blick auf die Arbeit von Maschinen und Mitarbeite­rn.
 ??  ?? Die Wertinger Milchviehh­alterin Martina Wagner nutzt diesen Winter, um sich mit Homöopathi­e auseinande­rzusetzen.
Die Wertinger Milchviehh­alterin Martina Wagner nutzt diesen Winter, um sich mit Homöopathi­e auseinande­rzusetzen.
 ??  ?? Michael und Julia Wagner helfen schon fleißig mit auf dem Hof – und sie trinken liebend gerne die frische Milch ihrer Kühe.
Michael und Julia Wagner helfen schon fleißig mit auf dem Hof – und sie trinken liebend gerne die frische Milch ihrer Kühe.
 ??  ?? Karotten, Pastinaken, Rote Beete und Schwarzer Rettich – alles kommt in Kisten zum Großhandel.
Karotten, Pastinaken, Rote Beete und Schwarzer Rettich – alles kommt in Kisten zum Großhandel.

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