Ausspähen geht viel zu leicht
Ausspähen unter Freunden, das geht sehr wohl. Zumindest technisch ist das gar kein Problem. Das Internet hat den Geheimdiensten dieser Welt ungeahnte Möglichkeiten der Datensammlung gegeben. Wer wissen will, was in einer fremden Regierung so läuft, muss heute keine Briefe mehr mit Dampf öffnen oder eine Abhör-Wanze im Büro verstecken. Nachrichtendienste zapfen heute gleich die Knotenpunkte des weltumspannenden, grenzen- und schrankenlosen Datenverkehrs an. Genauso, wie mancher eifersüchtige Ehemann die E-Mails seiner Frau mitliest oder heimlich die Liste ih- rer Handy-Gesprächspartner kontrolliert, ist auch unter politischen Verbündeten die Schnüffelei weit verbreitet.
Mit ihrem berühmten Satz, dass ausspähen unter Freunden gar nicht geht, meint Angela Merkel keineswegs die technische Seite. Sondern die moralische. Spionage unter befreundeten Mächten ist ihrer Meinung nach ein Unding und noch dazu überflüssig. Schließlich sei der Kalte Krieg ja vorbei.
Es ist richtig und wichtig, den technisch unendlichen Möglichkeiten, in die Privatsphäre der Bürger einzudringen, klare und enge rechtsstaatliche Grenzen zu setzen. Doch zu glauben, dass Verbündete sich künftig nicht mehr ausspionieren, wäre mehr als naiv. So wie bei den eifersüchtigen Ehepartnern ist die Frage nach Treue und Verlässlichkeit gerade bei politischen Verbündeten interessant. Den Feinden wird ohnehin alles zugetraut.
Wenn Deutschland auf das Schnüffeln bei Freunden künftig verzichtet, ist das eine feine Sache. Obwohl es manchmal schon interessant wäre, etwas genauer zu wissen, was so alles im Busch ist. Was etwa die Briten in Sachen Brexit im Schilde führen. Oder was der neue Chef im Weißen Haus gerade ausheckt...