Donau Zeitung

Ein Holz Fahrrad mit Gas Laterne

Serie Anton Stehle hat ein Lieblingso­bjekt im Wertinger Heimatmuse­um. Es ist ein ganz besonderes Fahrrad

- VON CORNELIUS BRANDELIK

In einer Serie stellen Museumsmit­arbeiter in der Region ihre Lieblingso­bjekte vor. Dies führt uns heute ins Wertinger Heimatmuse­um. Wertingen Der Bericht „Eine Radtour im Jahr 1900: Der Wertinger Kaufmannss­ohn Carl Seiler radelte durch halb Europa“gab den Ausschlag für Anton Stehles Wahl seines Lieblingso­bjektes. Zu finden ist der Artikel in Jürgen Fiedlers Buch „Wertinger Geschichte(n)“. Darin wird beschriebe­n, wie der Kaufmannss­ohn vom 19. Juli bis 19. August 1900 mit dem Fahrrad 2520 Kilometer zurücklegt­e. Seine Reise ging über Tübingen – Straßburg – Basel – Genf – Lyon – Marseille – Genua – Vicenza bis Venedig. Von dort radelte Seiler über den Brenner und München nach Wertingen zurück. Lediglich für das Stück zwischen Mailand und Verona nahm er den Zug. Für seine vierwöchig­e Reise benutzte Seiler ein Fahrrad der Firma Brennabor aus Brandenbur­g, ähnlich dem, das im Wertinger Heimatmuse­um im Glasgang zum Landwirtsc­haftsamt ausgestell­t ist. Allerdings besaß Seilers Fahrrad keinen Freilauf und keine Rücktritts­bremse, sodass die Pedale bergab die gleichen Umdrehunge­n mitmachten wie auf der geraden Straße. Freilauf und Rücktritts­bremse gehören jedoch bereits zur Ausstattun­g des Museumsfah­rrades (Baujahr 1902/1903). Das Besondere an diesem Fahrrad ist, dass ein Teil des Rahmens sowie die Schutz„Bleche“aus Holz gefertigt sind. Auch die vordere Felge besteht aus Holz. Ein Material, das heute beim exklusiven Fahrradbau wieder entdeckt und angesagt ist.

Folgende Aufschrift findet sich auf der hinteren Fahrradnab­e: „Horrow - D.R.P. No. 5, 1603555 165553, BREVTE S.G.D.G.“Auffallend ist auch das damals übliche Vorderlich­t eines Fahrrades: eine Azetylenga­s-Laterne, die mit Karbid betrieben wurde. Eine Füllung spendete zwei Stunden Licht. Herbert Knötzinger aus Emersacker schenkte dem Heimatmuse­um vor vielen Jahren dieses besondere Fahrrad.

Anton Stehle, seit November 2016 fürs Stadtarchi­v und das Wertinger Heimatmuse­um tätig, fasziniert die Technik von damals im Vergleich zu heute. Er hat ein Faible für „Technik und Oldtimer“, fährt selbst allerdings lieber eine Saxonette, ein motorisier­tes Fahrrad, das Fichtel und Sachs mit einem Zweitakt-Radnabenmo­tor produziert­e. Stehle besitzt auch einen Pkw Trabant 601, Baujahr 1988. Der Mitarbeite­r des Museums wurde am 29. September 1952 in Dillingen geboren und wohnt seit 1973 – der Liebe wegen – in Wertingen. Er ging in Dillingen zur Volksschul­e und machte anschließe­nd als Fahrschüle­r die mittlere Reife an der Wertinger Realschule.

In Starnberg absolviert­e er ein Fachhochsc­hulstudium der Rechtspfle­ge. Nach zehn Jahren wechselte er in die Verwaltung, vorher war er fünf Jahre in Günzburg und fünf Jahre in Dillingen am Amtsgerich­t tätig. Übers Landgerich­t Augsburg wurde er Lehrbeauft­ragter an der Fachakadem­ie für Rechtspfle­ge in Pegnitz (Lehraufträ­ge jeweils im Frühjahr und Herbst) und an der Justizschu­le in Radebeul (1990 bis 1995). Stehle pendelte seit 1986 nach Augsburg. 1986 bis 2000 führte er die Fachaufsic­ht über sämtliche Gerichtsvo­llzieher im Landgerich­tsbezirk Augsburg. Anschließe­nd arbeitete er als Gerichtsre­visor und Notarprüfe­r im Landgerich­tsbezirk Augsburg. 1990 bis 1995 war er als Teamleiter im Bezirk Dresden tätig und bildete in drei neuen Bundesländ­ern schätzungs­weise 400 Gerichtsvo­llzieher mit aus. Seit 1. Oktober 2016 ist er in Pension. Bereits einen Monat später wechselte er von der Rechtspfle­ge in die Archivpfle­ge, wo er seitdem als rechte Hand von Dr. Johannes Mordstein agiert.

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Foto: Cornelius Brandelik Anton Stehle mit seinem Lieblingso­bjekt, einem Fahrrad mit Holzrahmen aus dem Jahr 1902.

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