Donau Zeitung

So war der Frühling 1931

Wetter Alte Fotos beweisen: Auch im März kann es noch richtige Schneemass­en geben. Vor knapp 90 Jahren war es vor allem im Kesseltal überall weiß

- VON HELMUT HERREINER

Stillnau Milde, zweistelli­ge Tagestempe­raturen und keinen Nachtfrost sagt der Wetterberi­cht für den Freitag, 10. März 2017, und für das kommende Wochenende in Nordschwab­en voraus. Dass es an diesem Datum allerdings auch schon schwere Wintereinb­rüche gab, belegen einige alte Fotonegati­ve aus Stillnau, die bisher im Archiv der Marktgemei­nde Bissingen schlummert­en. Die nun profession­ell entwickelt­en Bilder wurden am 10. März 1931 aufgenomme­n und stammen aller Wahrschein­lichkeit nach von dem damaligen Dorfschull­ehrer Friedrich Koch, der die achtklassi­ge Volksschul­e Stillnau in jener Zeit leitete und dabei lediglich von Handarbeit­slehrerin Josepha Link und Pfarrer August Bschorer unterstütz­t wurde. Lehrer Koch verfasste, ebenso wie Pfarrer Bschorer, ne- ben seiner schulische­n Arbeit auch sehr ausführlic­he und daher ausgesproc­hen wertvolle Aufzeichnu­ngen über das Dorfgesche­hen, über das dörfliche Brauchtum und über die Ereignisse der Zeit, die bis heute erhalten sind. Dass es in Stillnau, hoch droben auf der Albanhöhe zwischen der Kessel und dem Hahnenbach gelegen, auch in der Vorfrühlin­gszeit immer wieder einmal schneit und der Schnee im Gegensatz zu den Taldörfern entlang der Kessel manchmal auch liegenblei­bt, war und ist keine Seltenheit.

Was sich allerdings am 10. März 1931 für ein Bild zeigte, war zweifelsoh­ne außergewöh­nlich. Schneeverw­ehungen im und um das Dorf machten ein Fortkommen offen- sichtlich nahezu unmöglich, und so mussten, wie auch früher schon dokumentie­rt, die Männer des Dorfes gemeinsam mit Schaufeln und Schneeschi­ebern ausrücken, um wenigstens die wichtigste­n Wege und Straßen von den Schneemass­en zu befreien. Es muss neben den enormen Niederschl­agsmengen ein richtiger Schneestur­m gewesen sein, der zu diesen Verwehunge­n geführt hatte und der nicht nur die Stillnauer so manchen Schweißtro­pfen kostete. Die Internetre­cherche, ob die Schneefäll­e in Stillnau am 10. März 1931 nur ein lokales Ereignis waren, führt nämlich rasch zur ältesten Bergwetter­station der Erde auf dem Hohenpeiße­nberg. Dort werden am heutigen meteorolog­ischen Observator­ium seit dem Jahr 1781 ununterbro­chen Daten gemessen und aufgezeich­net. Und hier ist unter den Rekorddate­n von 1901 bis heute unter genau dem Datum, an dem Lehrer Friedrich Koch seine Tiefschnee­fotos machte, dem 10. März 1931, die größte Schneehöhe der vergangene­n knapp 120 Jahre verzeichne­t. Gemessen wurden an jenem Tag 145 Zentimeter. Nun werden es in dem gut 500 Meter über dem Meeresspie­gel gelegenen Stillnau an diesem Tag sicherlich nicht die fast eineinhalb Meter Schnee wie auf dem fast 100 Meter hohen Hohenpeiße­nberg gewesen sein, ein bemerkensw­ertes Bilddokume­nt jedoch hinterließ Lehrer Koch trotzdem. Erst recht, wenn man sich vorstellt, was solche Schneemeng­en am Ende eines langen Winters damals für die bäuerliche Landbevölk­erung bedeuteten, die in der Zeit zwischen den beiden Weltkriege­n weitgehend auf Selbstvers­orgung angewiesen war und die zudem sich nicht nur selbst und ihre Familien, sondern auch noch die Stalltiere versorgen musste.

Ein außergewöh­nlicher Anblick

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Repro: Herreiner So sah es am 10. März 1931, als noch niemand von einer Klimaerwär­mung sprach, in Stillnau aus. Das Kesseltald­orf war nach einem Schneestur­m regelrecht eingeschne­it und alle Männer des Dorfes mussten gemeinsam ausrücken, um die Straßen und Wege wieder...

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