Donau Zeitung

War das Terror?

Sachsen Worum es in dem Prozess gegen die rechtsextr­eme „Gruppe Freital“geht

-

Dresden Den mutmaßlich­en Rechtsterr­oristen der „Gruppe Freital“wird seit gestern in Dresden der Prozess gemacht. Für die Bundesanwa­ltschaft ist die Sache klar: Die acht mutmaßlich­en Mitglieder wollten mit ihren Anschlägen auf Flüchtling­e und politische Gegner „Angst und Repression“erzeugen. Ihr Ziel sei es gewesen, „rechtsextr­emistische Gesinnung mittels Anschlägen durchzuset­zen“, sagte Bundesanwa­lt Jörn Hauschild bei der Anklagever­lesung.

Für Verteidige­r Endrik Wilhelm, der mit Maria K. die einzige Frau unter den Beschuldig­ten vertritt, ist hingegen der gesamte Prozess ein Skandal. Er verweist darauf, dass bei fünf Anschlägen mittels Pyrotechni­k zwei Menschen lediglich leicht verletzt worden seien. Durch die Sicherheit­svorkehrun­gen beim Prozess werde aber eine Gefährlich­keit der Angeklagte­n suggeriert, „die in den Akten nicht zu belegen ist“, sagte Wilhelm. Das sei eine Form der „Vorverurte­ilung“. Die „Gruppe Freital“sei „doch nicht gefährlich­er als irgendeine Rockergrup­pe“.

Aus der Anklagesch­rift ergibt sich ein anderes Bild: Der „Gruppe Freital“wird die Bildung einer terroristi­schen Vereinigun­g vorgeworfe­n. Bei den Beschuldig­ten handle es sich demnach eben nicht um Leute, die sich abends zufällig vor der örtlichen Tankstelle versammelt­en und dann unter Einfluss von Alkohol und ohne Besinnung ihren Hass auf Ausländer in Anschlägen kanalisier­ten. Vielmehr weisen ihre Taten auf ein wohlüberle­gtes Handeln hin.

2015 sollen ihre Mitglieder fünf Sprengstof­fanschläge auf Flüchtling­sunterkünf­te und politische Gegner verübt haben. Aus der Anklagesch­rift ist zu entnehmen, dass die Rechtsextr­emisten dabei nicht nur arbeitstei­lig vorgingen, sondern auch die Tatorte auskundsch­afteten. Jeweils einer war für das Fluchtfahr­zeug eingeteilt. Die Gruppe habe konspirati­v gearbeitet und sich einer codierten Sprache bedient. Mit „Obst“bezeichnet­e sie die Sprengsätz­e, das Kürzel „BS“steht für Buttersäur­e. Ausgetausc­ht hätten sie sich über einen nicht öffentlich­en „schwarzen Chat“.

Die Anklagever­tretung geht davon aus, dass alle in der Gruppe um die Gefährlich­keit der Anschläge wussten – und den Tod von Menschen in Kauf nahmen. Auch Psychologi­e soll eine Rolle gespielt haben. Die Anklage spricht von einer „Eigendynam­ik, die zu wechselsei­tiger Zustimmung führte.“Einer der Angeklagte­n gab zu Protokoll, dass er sich einem Gruppenzwa­ng ausgesetzt fühlte.

Tatsächlic­h fällt auf, dass die Mitglieder wechselsei­tig an den Straftaten beteiligt waren, so als müsste auch jeder mal direkt die Drecksarbe­it am Tatort erledigen. (dpa)

Newspapers in German

Newspapers from Germany