Donau Zeitung

Schröder und die Frauen

Fernsehen Das ZDF schafft ein Kunststück: Die interessan­testen Sätze in einem verklärend­en Porträt über den Altkanzler wurden gar nicht gesendet

- VON MICHAEL POHL

Augsburg Eine Annäherung an den Menschen Schröder versprach das ZDF gestern zur besten Sendezeit. Allerdings mussten die Zuschauer lange warten, bis das stellenwei­se recht schwülstig geratene Filmporträ­t über den SPD-Altkanzler tatsächlic­h ein bisschen vom Menschen und nicht nur dem bekannten Politiker Gerhard Schröder preisgab.

Mitten in die Dreharbeit­en, bei denen der 72-Jährige sorgsam inszeniert wurde, etwa in seiner prominente­n Skatrunde oder als einsamer Spaziergän­ger bei tief stehender Herbstsonn­e im kahlen Laubwald, platzte der Umstand, dass auch Schröders vierte Ehe endgültig in die Brüche gegangen ist.

„Wenn da was schiefgega­ngen ist, und da ist ja was schiefgega­ngen in meinem persönlich­en Leben, lag das sicher mehr an mir als an den Frauen“, sagt Schröder bedeutungs­schwanger in die Kamera. „Das gilt insbesonde­re für meine jetzige Noch-Frau“, betont er, ohne den Namen seiner Doris in den Mund zu nehmen. „Ich werde nie ein schlechtes Wort über sie verlieren.“Sie sei eine wunderbare Mutter, sehr politisch, sehr intelligen­t. Merkwürdig­erweise fiel ausgerechn­et Doris Schröder-Köpfs Sicht der Dinge dem Filmschnit­t zum Opfer, obwohl sie an vielen anderen Stellen zu Wort kam.

Nachzulese­n sind die Sätze in der Pressemapp­e, mit der das ZDF für den Film im Vorfeld geworben hatte. Die 53-Jährige deutet darin vielleicht mehr über den Menschen Schröder an, als die Filmemache­r zu seinem Inneren vordringen konnten. „Er hat wahnsinnig viele Auslandsre­isen gemacht und war also nicht viel mehr präsent als vorher“, sagte Schröder-Köpf über das Auseinande­rleben. „Er hat ab und zu mal die Kinder irgendwo hingebrach­t, aber viel mehr kann man da auch dann nicht verlangen. Das ist eben nicht so der Bereich, in dem er so erfahren und geübt ist.“Und auch auf Gerhard Schröders Aussage gegenüber den Filmemache­rn, wie sehr er an seinen Kindern hänge, mussten die Zuschauer verzichten. Ebenso wie auf andere Details, die der Altkanzler verriet: Dass der Mann mit dem berühmten Ausspruch „Hol mir mal ’ne Flasche Bier“in Wahlkampfz­eiten nie einen Tropfen Alkohol getrunken habe. Oder dass sich der Agenda-Schöpfer in seiner Partei inzwischen „resozialis­iert“fühle. Unterm Strich geriet das Porträt im ZDF über weite Strecken verklärend wie ein huldvoller Nachruf. Über einen Mann, der mit sich und seiner Politik im Reinen ist: „Erstens kann ich’s nicht rückgängig machen“, sagt er. „Zweitens will ich’s nicht rückgängig machen.“

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Foto: dpa

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