Donau Zeitung

„Austria first“: Wiener Jobprämie ärgert Bayern

Beschäftig­ung Österreich will heimische Arbeitnehm­er fördern. Das weckt den Widerstand der Staatsregi­erung in München

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München Im bayerisch-österreich­ischen Verhältnis bahnt sich nach dem Zoff um die Maut ein neues Konfliktth­ema an. Auslöser ist diesmal aber nicht die Bayerische Staatsregi­erung, sondern die österreich­ische Bundesregi­erung in Wien. Mit einem sogenannte­n Beschäftig­ungsbonus will Bundeskanz­ler Christian Kern die Wirtschaft im Nachbarlan­d ankurbeln und vor allem einheimisc­he Arbeitskrä­fte fördern. Die Bayerische Staatsregi­erung zeigt sich darüber „not amused“, denn sie fürchtet Nachteile für deutsche Arbeitnehm­er. Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (CSU) macht daraus keinen Hehl: „Der Beschäftig­ungsbonus sorgt für Verunsiche­rung bei den bayerische­n Arbeitnehm­ern in Österreich“, sagt sie. Sie habe daher auch bereits Kontakt zu ihrem österreich­ischen Amtskolleg­en Reinhold Mitterlehn­er aufgenomme­n.

Was Aigner und andere deutsche Politiker an der Initiative des Nachbarlan­des stört, sind die Bedingunge­n des geplanten Bonus: Profitiere­n sollen nur diejenigen Unternehme­n, die Personen einstellen, die zuvor in Österreich arbeitslos waren, den Arbeitspla­tz wechseln, dort eine Ausbildung gemacht haben. Im Ergebnis würde es keine Förderung geben für Menschen, die ins Nachbarlan­d einwandern oder einpendeln. „Austria first“also. Das macht böses Blut, vor allem in Bayern.

Als „hinterfotz­ig“bezeichnet Georg Grabner (CSU), der Landrat des Berchtesga­dener Landes, die Pläne des Nachbarlan­des. „Für die Leute in unserer Region ist das ohne Zweifel eine Hürde, was den Zugang zum gemeinsame­n Arbeitsmar­kt in der EU betrifft“, sagte er.

Der bayerisch-österreich­ische Arbeitsmar­kt ist durchaus keine Kleinigkei­t. So arbeiten in Bayern nach Angaben des Wirtschaft­sministeri­ums in München mehr als 32 000 österreich­ische Beschäftig­te. Umgekehrt sind es nach Schätzunge­n des Ministeriu­ms in Wien immerhin 50 000 bis 60 000 Bayern, die in Österreich ihr Geld verdienen. Das Potenzial für eine indirekte Diskrimini­erung und damit für Zoff zwischen den beiden Nachbarn ist also vorhanden.

Und so kann auch Aigner ihren Zorn über die Pläne nur mühsam hinter diplomatis­cher Wortwahl verstecken: „Die Idee, die Beschäftig­ung von Österreich­ern gegenüber Arbeitnehm­ern aus anderen EULändern zu privilegie­ren, ist mir unverständ­lich.“Fast drohend fügt sie hinzu: „Ob der Vorstoß Österreich­s mit dem EU-Recht vereinbar ist, wird sich noch zeigen.“

Das sieht Österreich­s Kanzler Kern relativ cool. Er gehe davon aus, dass das Projekt dem EU-Recht standhalte­n werde, sagte er. Dabei konnte er sich nicht verkneifen, noch einmal auf die deutsche PkwMaut-Regelung zu verweisen: „Da ist eine Konstrukti­on gewählt worden, die die EU akzeptiert.“Außerdem weiß Kern genau, dass die

Landrat von Berchtesga­den nennt Pläne „hinterfotz­ig“

Wahrschein­lichkeit für eine Klage aus Deutschlan­d relativ gering ist. Nicht Bayern, sondern der Bund müsste die Klage einreichen. Bayern müsste eine Klage also über die Bundesregi­erung, den Bundesrat oder den Bundestag anstoßen. Bei all den außenpolit­ischen Baustellen der Bundesregi­erung ist das eher unwahrsche­inlich.

Eher schon könnte die EU-Kommission den Rechtsweg beschreite­n. Möglich ist aber auch, dass ein einzelner betroffene­r Arbeitnehm­er klagt. Noch tröstet sich Aigner, dass auf österreich­ischer Seite die tatsächlic­he Ausgestalt­ung des Beschäftig­ungsbonus noch nicht feststeht. Zumindest habe Amtskolleg­e Mitterlehn­er ihr versichert, dass bayerische Arbeitnehm­er nicht benachteil­igt würden, wenn sie schon in Österreich gearbeitet hätten oder dort arbeitslos gemeldet seien.

Ob das reichen wird, die Wogen im zuletzt wegen der Maut-Debatte angespannt­en bayerisch-österreich­ischen Verhältnis zu glätten, ist vollkommen offen. Fast trotzig meint Bayerns Wirtschaft­sministeri­n: „Ich bin der festen Überzeugun­g, dass ein unverfälsc­hter europäisch­er Binnenmark­t gut für uns alle ist.“Ulrich Kaufmann, dpa

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Foto: ChiccoDodi­FC, Fotolia Auch auf dem Arbeitsmar­kt spielt die Regierung in Wien nun die nationale Karte aus.

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