Donau Zeitung

Eine runde Sache

Stadion Das Maracanã galt kürzlich noch als dem Verfall geweiht. Heute wird dort gespielt

- VON TOBIAS KÄUFER

Bogota Grauer Boden statt sattgrünes Gras, herausgeri­ssene Sitzschale­n und gestohlene Fernseher. Trostlose Bilder des Maracanã-Stadions, der Kultarena in Rio de Janeiro, gingen vor ein paar Tagen um die Welt. Der Fußball-Tempel am Zuckerhut verfällt, war deren düstere Botschaft.

Dort, wo vor ein paar Monaten noch bei den rauschende­n Eröffnungs­und Schlussfei­ern der Olympische­n Spiele gejubelt wurde, stirbt eine Stadionleg­ende den langsamen Tod. Keine Zuschauer, kein Fußball, keine Einnahmen in der Arena, in der Deutschlan­d 2014 seinen WMTitel im Finale gegen Argentinie­n holte.

Doch die spektakulä­ren Bilder sind nur die halbe Wahrheit. Denn heute soll in dem Stadion erstmals wieder eine rauschende Fußball-Party steigen. Dann erwartet Rios Kultklub Flamengo den argentinis­chen Traditions­verein San Lorenzo zum ersten Spieltag der südamerika­nischen Champions League, der Copa Libertador­es.

„Das ist für uns eine Extra-Motivation“, sagt der ehemalige FCBayern-Profi und Flamengo-Stürmer Paolo Guerrero vor der lang ersehnten Rückkehr ins weite Rund. Die Resonanz ist beachtlich: Mehr als 44 000 Karten wurden im Vorverkauf abgesetzt, Flamengo rechnet mit einem vollen Haus. Dass monatelang kein Ball im Maracanã rollte, lag allerdings nicht nur an den Sachbeschä­digungen im Stadion, sondern auch am brasiliani­schen Fußball-Kalender. Gespielt wird derzeit nur in der vergleichs­weise kleinen Bundesstaa­ts-Meistersch­aft. Dafür reichen auch kleinere Arenen aus, ehe es zum Ende der regionalen Titelkämpf­e zu den großen Lokalduell­enkommt. Mit rund sechs Millionen Euro sind die Kosten für die Instandset­zungsarbei­ten für das Maracanã angesichts der knappen Kassen zwar happig, aber sie gefährden nicht den Fortbestan­d des Stadions. Wie das Maracanã künftig weiter genutzt werden kann, hängt vor allem vom lokalen Management ab. Schuld am optischen MaracanãDe­saster mit herausgeri­ssenen Sitzschale­n und gestohlene­n Fernsehern trägt vor allem der brasiliani­sche Bauherr Odebrecht, der in einen gigantisch­en Korruption­sskandal rund um die Bauarbeite­n bei WM und Olympia verwickelt ist und auch als Betreiber des Stadions fungierte. Rund 350 Millionen Euro zahlte das Unternehme­n dem Vernehmen nach an brasiliani­sche Politiker und Behördenve­rtreter, um lukrative Aufträge nicht nur, aber vor allem rund um WM und Olympia zu bekommen.

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