Die Probleme der Wertinger Geburtshilfe
Warum konnten vor fünf Jahren keine Frauenärzte für die verwaiste Geburtsstation in Wertingen gefunden werden, was zur Folge hatte, dass sie geschlossen werden musste? Landrat Leo Schrell: Vor fünf Jahren war klar, dass die Belegärzte in Wertingen ihre belegärztliche Tätigkeit, also die stationäre Versorgung von Patienten, aufgeben, ihre Praxen zur ambulanten Behandlung von Patienten jedoch weiterbetreiben werden. Die dienstliche Belastung war dabei der Hauptgrund, die Geburtshilfe aufzugeben. Seinerzeit mussten die beiden Belegärzte gemeinsam mit einem weiteren bei der Klinik angestellten Arzt gewährleisten, an 365 Tagen im Jahr und während der 24 Stunden am Tag innerhalb von zehn Minuten im Krankenhaus bei der entbindenden Frau sein zu können. Um dies im Anstellungsverhältnis zu gewährleisten, wäre mit Blick auf das Arbeitszeitrecht eine dauerhafte Beschäftigung von bis zu acht oder neun Ärzten bei der Klinik erforderlich gewesen. Dies war angesichts der nur geringen Geburtenzahl von jährlich rund 230 und den geringen stationär operativen Leistungen nicht möglich. In dieser Situation konnte man eine Auslastung der Ärzte nicht garantieren. Angesichts dieser Situation und der genannten Fallzahlen war es weder möglich, qualifizierte Ärzte zu gewinnen, noch eine Hauptabteilung am Krankenhaus in Wertingen zu etablieren.
Wurde rückblickend zu wenig getan, die damaligen Beleg-Frauenärzte Dr. Wiedemann und Dr. Balej am Wertinger Krankenhaus zu halten? (Es ging damals um die Übernahme der Versicherungsprämie) Landrat Schrell: Für die beiden damals praktizierenden Ärzte sowie für unseren angestellten Arzt wurden die Kosten für die Haftpflichtversicherung schon damals anteilig und teils voll übernommen. Es ging damals auch in der Endkonsequenz nicht ums Geld, sondern um die dienstliche Belastung. Dies wurde auch deutlich, als der Verein der Freunde des Krankenhauses Dillingen damals öffentlich erklärte, er würde sich an Kosten für den Erhalt der Geburtshilfe beteiligen. Auch dieses Angebot konnte die Geburtshilfe am Krankenhaus Wertingen nicht erhalten.
Wer bezahlt die Versicherungsprämien für die neuen Gynäkologen in Dillingen und wie hoch sind diese? Landrat Schrell: Wie in Wertingen beteiligt sich die Klinik auch in Dillingen schon bisher an den Haftpflichtkosten. Diese Haftpflichtversicherungsbeiträge für die Geburtshilfe sind exorbitant hoch, und die Einnahmen für die Leistungen stehen in keinem Verhältnis mehr zu den Kosten, was auch in immer mehr Regionen bundesweit dazu führt, dass Gynäkologen, aber auch Hebammen – dort besteht das gleiche Problem –, nicht mehr bereit sind, in der Geburtshilfe zu arbeiten. Wir sind diesbezüglich von den bundespolitischen Rahmenbedingungen enttäuscht. Für die neue Hauptabteilung wird eine Versicherung über die Klinik abgeschlossen. Im Belegarztsystem muss sich im Gegensatz dazu jeder Arzt, unabhängig von der Anzahl der Leistungen, versichern. Pro Arzt wurden im letzten Jahr über 40000 Euro Versicherungsprämie bei Neuversicherung fällig, im Jahr 2017 liegt dieser Betrag schon über 50 000 Euro.
Rund 230 Babys wurden in Wertingen jährlich geboren. Dillingen hat bisher nicht davon profitiert, denn Schwangere bevorzugen eher Donauwörth und Augsburg. Was wollen Sie künftig tun, damit mehr werdende Mütter aus dem Zusamtal sich entscheiden, in Dillingen zu entbinden, und damit auch den Erhalt der Station sichern? Landrat Schrell: Wir sind sicher, dass wir mit der neuen Struktur und der ärztlichen Qualität in der Klinik die Patientinnen ansprechen werden. Ebenso rechnen wir mit einer verstärkten Zuweisung und Empfehlung durch die niedergelassenen Arztpraxen. Hierfür gibt es mehrere Gründe: hohe fachliche Kompetenz, ständige Erreichbarkeit und ein umfangreiches sehr gutes ärztliches und hervorragendes persönliches geburtshilfliches Angebot der Hebammen am KH St. Elisabeth Dillingen. Die Fragen stellte Bärbel Schoen