Donau Zeitung

Das Haus auf Berges Gipfel

Alpinismus Wie sich die Hütten in den vergangene­n 150 Jahren entwickelt haben

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Noch liegt Schnee auf den Gipfeln. Doch beim Deutschen Alpenverei­n (DAV) geht es schon „Hoch hinaus!“. So heißt die neue Sonderauss­tellung vom 9. März bis 8. April im Alpinen Museum München über Wege und Hütten in den Alpen. Die Schau untersucht erstmalig das Phänomen der alpinen Schutzhütt­en sowohl aus kultur- als auch architektu­rgeschicht­licher Sicht. Im Mittelpunk­t steht die Frage, was die Besonderhe­it der alpinen Wege und Hütten ausmacht und wie der Typus „Hütte“in den vergangene­n 150 Jahren entstand.

Zum Ausstellun­gsstart wird auch die alte Höllentala­ngerhütte, die im Jahr 2013 im Wetterstei­n abgetragen und im Museumsare­al auf der Praterinse­l wieder aufgebaut wurde, feierlich eingeweiht. „Eines unserer schönsten Ausstellun­gsstücke ist die Ur-Hölle“, sagt Friederike Kaiser, DAV-Geschäftsb­ereichslei­terin Kultur. „Diese Hütte ist ein wundervoll­es Beispiel für die Anfänge des Schutzhütt­enbaus und erzählt ungewöhnli­che Geschichte­n. In ihr können unsere Besucher das Bergleben um 1900 hautnah erleben.“

Ob eine Hütte gebaut werden soll und welche Aufgabe sie erfüllen soll, wurde unter den Mitglieder­n der Alpenverei­nssektione­n oft und lange diskutiert. „Die Frage, wie viel Komfort auf einer Hütte angebracht ist, bewegt die Gemüter noch bis heute“, weiß Friederike Kaiser. Stark steigende Hüttenbesu­chszahlen nach dem Ersten Weltkrieg führten zu dem Versuch, NichtBergs­teiger durch spartanisc­he Einfachhei­t abzuschrec­ken. 1923 wurden die sogenannte­n „Tölzer Richtlinie­n“verabschie­det. Sie sahen Matratzenl­ager mit Decken statt Zimmern mit Federbette­n vor. Die Verpflegun­g sollte einfach sein, auf Radio und Grammofon verzichtet werden. Jedoch nicht jeder Hüttenwirt und jede Sektion nahm die Richtlinie­n so genau. . „Nach wir vor gab es auch Zimmer mit wenigen Betten und Kalbsbrate­n, Schnitzel und Wein auf Speisekart­en“, erzählt Friederike Kaiser.

Die Hütten der zweiten Generation spiegelten bereits die Bedürfniss­e der städtisch-bürgerlich­en Gesellscha­ft wider, aus der die Mehrzahl der Alpinisten kamen. „Um die Jahrhunder­twende baute man holzvertäf­elte Hütten mit Erkern und stattete sie mit Möbeln und Porzellan aus“, berichtet die Architekti­n und Kunsthisto­rikerin Doris Hallama, die an der Universitä­t Innsbruck mit den Schwerpunk­ten alpine Kulturland­schaft- und Baukulturf­orschung lehrt. „Die Bergführer schliefen auf Strohlager­n getrennt von der Herrschaft auf dem Dachboden. Wo möglich, wurde den Damen ein eigener Schlafraum zugestande­n.“

Hörstation­en mit nachgestel­lten Dialogen des Wirtes der Ur-Hölle und seines Personals sowie literarisc­he Erzählunge­n von Hüttenbesu­chern machen deutlich, wie einfach die Hütten zu Anfang ausgestatt­et waren und wie schwierig Bau, Transport und Bewirtscha­ftung sich gestaltete­n. Die Ausstellun­g zeigt ein buntes Potpourri aus 150 Jahren Bergkultur. Verbotssch­ilder, Originalst­ühle verschiede­ner Hütten, Postkarten, Gemälde und Modelle verdeutlic­hen, wie die Hütten das Bergerlebn­is prägen. Im Böhlau-Verlag erscheint eine zweibändig­e Publikatio­n unter dem Titel „Hoch hinaus! Wege und Hütten in den Alpen“. O

Alpines Museum, München, Praterinse­l 5, Tel. 098/211224 0, www.alpenverei­n.de, Öffnungsze­i ten Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr.

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Foto: Deutscher Alpenverei­n Die 1894 erbaute Höllentala­ngerhütte, die sogenannte „Ur Hölle“wurde beim Alpinen Museum auf der Praterinse­l wieder aufgebaut.
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