Holzheim sagt Nein zum Kinderheim
Projekt Bürger und Gemeinderat lehnen die Einrichtung einstimmig ab. Was der Antragsteller dazu sagt und welche Ängste die Anwohner haben
Es herrscht Tumult im Weisinger Sitzungssaal. Noch zwei Minuten, bis die Holzheimer Gemeinderatssitzung beginnt. Immer wieder öffnet sich die Tür und weitere Leute treten in den Saal. Insgesamt 32 Besucher wollen bei der Sitzung am Dienstagabend dabei sein. „Normalerweise ist es nicht so voll“, sagt Rätin Martina Speinle. Warum es diesmal anders ist, liegt an dem Vorhaben von Karl-Heinz Kreutzer.
Der Neusäßer ist Eigentümer des Einfamilienhauses am Breitenberg 40 in Holzheim. Das Haus will Kreutzer jetzt gerne umbauen – in eine heilpädagogische Kinderheimeinrichtung. Neun Kinder und Jugendliche zwischen acht und 18 Jahren sollen an dem Standort unterkommen. Die Anwohner sind dagegen. In einem langen Brief erklären sie, warum das Kinderheim nicht in ihrem Wohngebiet entstehen soll. Grundsätzlich gehe es ihnen nicht um das Kinderheim an sich. Die Verkehrssituation sei ausschlaggebend für ihre Ablehnung.
Das Grundstück ist insgesamt 580 Quadratmeter groß. Nach Ansicht der Anwohner gibt es kaum freie Flächen um das Gebäude herum. Bürgermeister Erhard Friegel sieht die Errichtung deshalb ebenfalls kritisch: „Das Grundstück ist viel zu klein. Der Standort ist für ein Kinderheim unmöglich.“Die Kinder hätten laut Friegel kaum Möglichkeiten, draußen zu spielen. Es sei denn, sie nutzten die Straße als Spielwiese. Diese Gefahr sehen auch die Anwohner. „Die Kinder sind quasi gezwungen auf der Straße zu spielen, was für eine heilpädagogische Einrichtung ein untragbarer Zustand ist“, schreiben sie in ihrem Brief an die Gemeinde, der bei der Sitzung am Dienstag vorgelesen wurde.
Außerdem weisen sie auf den zunehmenden Verkehr hin, der eintritt, sollte die Einrichtung entstehen. Kraftfahrzeuge zur Versor- der Kinder und die Autos der Besucher und Betreuer würden in der Straße kaum Platz finden. Parkplätze gäbe es kaum. Die Konsequenz: Die Fahrzeuge würden auf den Gehwegen parken. „Die fehlenden Parkplätze sind das Hauptproblem“, sagt auch Gemeinderatsmitglied Christian Gäßler. Die anderen Mitglieder stimmen den Bedenken der Anwohner ebenfalls zu. „Wir müssen die Bewohner ernst nehmen. Die Kinder haben wenig Platz zum Spielen draußen, das ist ein großes Manko. Vom Wissensstand heute müssen wir den Umbau ab- lehnen“, sagt Wolfgang Fenzl. Diese Meinung teilt der gesamte Gemeinderat. Alle stimmen gegen die Errichtung eines Kinderheims.
Eigentümer Kreutzer ist enttäuscht, wie er uns gestern auf Anfrage mitteilt: „Ich find’s schade, dass es so gelaufen ist.“Die Parkplatzsituation sei keine Diskussionsgrundlage, sagt der Diplombiologe. Denn die Stellplatzverordnung sieht für die Einrichtung zwei Stellplätze vor. Diese werden auch zur Verfügung gestellt, versichert Kreutzer. Seit 1999 engagiert er sich für die Persönlichkeitsentwicklung von Jugung gendlichen und betreibt unter anderem die Jugend- und Kinderhilfeeinrichtung „Abenteuerschule4u“in Dillingen.
Den Einwand, dass die Kinder nicht ausreichend Platz zum Spielen hätten, kann Kreutzer nicht verstehen. „Es gibt einen Garten, der groß genug ist. Und Sport- und Spielplätze sind auch in der Nähe“, sagt er. Schon lange habe er nach einem geeigneten Standort für die geplante heilpädagogische Kinderheimeinrichtung gesucht. Kreutzer: „Das Haus am Breitenberg ist durch die moderne Bauweise und die vielen kleinen Räume optimal.“Im Juli oder August sollte der Betrieb des Kinderheimes losgehen. „Meine Mitarbeiter und ich haben uns mit Herzblut engagiert“, sagt Kreutzer. Dass sein Konzept in der Gemeinderatssitzung nur kurz abgehandelt wurde und so viel Ablehnung erfahren hat, bedrückt ihn darum ganz besonders. „Das ist eine gute Sache“, betont Kreutzer.
Er geht davon aus, dass die Verkehrssituation nur ein vorgeschobener Grund ist und die Bürger sich vielmehr vor kriminellen Jugendlichen fürchten. Für den Eigentümer sind solche Ängste völlig unbegründet. Jugendliche, von denen eine Selbst- und Fremdgefährdung ausgeht, die kriminell sind oder wegen eines Verbrechens verurteilt wurden, dürfen nicht in das geplante Kinderheim aufgenommen werden. So sieht es das Konzept vor.
Michael Wagner, Leiter des Jugendamts in Dillingen, befürwortet das Projekt. Durch die von Kreutzer betriebene „Abenteuerschule4u“arbeitet das Jugendamt schon seit Jahren mit ihm zusammen. „KarlHeinz Kreutzer ist ein zuverlässiger und erfahrener Kooperationspartner des Jugendamtes“, sagt Wagner. Es gebe außerdem einen zunehmenden Bedarf an Jugendhilfeeinrichtungen – ein weiterer Punkt, der nach Wagner für das Kinderheim spricht.
Obwohl die Mitglieder des Gemeinderats am Dienstag einstimmig gegen die Umbaumaßnahmen stimmten, ist das Thema noch nicht vom Tisch. Am Donnerstag spricht Kreutzer noch einmal mit Bürgermeister Friegel und Mitarbeitern vom Jugendamt über das Projekt. Anschließend geht der Bauantrag zusammen mit der Stellungnahme des Gemeinderats zum Landratsamt, der zuständigen Genehmigungsbehörde.
Jugendamt hat gute Erfahrungen gemacht