„Ein Doping Jäger schützt saubere Athleten“
Interview Günter Younger ermittelt für die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Der bayerische Polizist hat früher für Interpol Rauschgift-Kriminaliät bekämpft. Gegen Doper und Sportbetrüger geht er einen neuen Weg
Sind Sie ein Doping-Jäger? Younger: Ja. Für mich ist ein Doping-Jäger einer, der saubere Athleten schützt. Ich war selbst ein Athlet und weiß, wie es ist, wenn man sich Tag für Tag quält und dann einer kommt, der betrügt. Das geht mir als Polizist gegen den Strich. Gerade im Sport finde ich es noch schlimmer. Als Doping-Jäger ist es deshalb wichtig, diejenigen, die betrügen, rauszufinden und rauszufiltern, sodass die Zuschauer das Vertrauen bekommen, sauberen Sport zu sehen.
Die Wada will Whistleblower ermutigen, über Doping-Vergehen zu sprechen. Ein neues Allheilmittel, weil Tests wenig bringen? Younger: Es ist ein weiteres, wichtiges Mittel, weil man mit Ermittlungen im Sport viel erreichen kann. Da wir weder Polizei noch Strafverfolger sind und die Möglichkeiten des Ermittelns limitiert sind, braucht es Whistleblower, um im Doping-System Augen zu haben.
Sie bauen in der Wada eine Abteilung für Investigation auf. Werden Sie selbst noch vor Ort ermitteln wie mit der Untersuchungskommission von Richard Pound, als es um den Nachweis von systematischem Doping in der russischen Leichtathletik ging? Younger: In der Abteilung wollen wir die Zuständigkeit für Whistleblower und Ermittlung trennen. Deshalb kümmere ich mich um alle Whistleblower und werde nicht in jedem Fall ermitteln.
Haben Sie den Verdacht, es existieren auch in anderen Ländern ähnliche Doping-Systeme wie in Russland? Younger: Ich glaube nicht, dass es woanders ein so perfektes System gibt, das über Jahre etabliert worden ist. Es gibt sicher andere Länder mit Problemen. Da müssen wir genau drauf schauen. Das ist die Rolle der Wada. Sie kann nicht jedem einzelnen Athleten hinterherlaufen. Nur eine Vermutung zu haben, nützt nichts: Wir brauchen Whistleblower, die im Land sind und uns sagen, wo wir hinschauen sollen.
Sie haben gesagt, bei jedem großen Fall, den Sie als Polizist bearbeitet und gelöst haben, war ein Whistleblower dabei, der zur Aufklärung beigetragen hat. Braucht es mehr Julia Stepanowas, die das systematische Doping in Russland enthüllte? Younger: Je mehr, desto besser. Denn je mehr bekannt wird, desto weniger ist das Ganze exotisch. Die Kultur sollte unter Athleten, Trainer und Funktionären sein: Wir wollen sauberen Sport! Und wir wollen, dass jemand aussagt, wenn irgendwo etwas schiefläuft.
Ist Doping aus Sicht eines Polizisten eine kriminelle Handlung oder nur ein Regelverstoß? Younger: Für mich gibt es da keinen Unterschied. Wenn ich vorgebe, etwas zu verkaufen, und jemand kauft es für einen bestimmten Preis und stellt später fest, es ist gefälscht, dann würden Sie zur Polizei gehen, weil es Betrug ist. Wo ist der Unterschied zum Sport?
Sie haben bei Interpol gegen Rauschgift-Kriminalität gekämpft. Der Kampf gegen Drogen kann das Problem nur eindämmen. Ist es nicht ähnlich in der Doping-Bekämpfung – ähnlich unbefriedigend? Younger: Polizisten nennen es Kriminalitätskontrolle, mit Druck die Schwelle des Übertretens hochzuhalten. Im Sport wollen wir die Schwelle zu dopen so hoch wie möglich halten. Wichtig ist, das Bewusstsein zu schaffen, man kann erwischt werden.
Sie wurden von der Wada auch angeheuert, um eine Brücke zur Justiz zu schlagen. Dies ist Ihnen im Fall des früheren Leichtathletik-Präsidenten Lamine Diack und seines Clans gelungen. Frankreichs Justiz ermittelt gegen ihn wegen Geldwäsche und Betrug... Younger: Es hat keiner von der Diack-Familie damit gerechnet, dass wir in der Lage sind, ihr Imperium zu zerstören. Das haben wir. Das ist für mich Genugtuung genug.
Interview: Andreas Schirmer, dpa
Das Aufspüren von Sportbetrügern und Dopern soll durch den deut schen Kriminalbeamten Günter Younger eine neue Qualität für die Welt Anti Doping Agentur errei chen. Bei der Polizei in Bayern nannten Kollegen ihn „Mr. Hunter“. Dem Spitznamen will er auch als WADA Direktor für Investigation alle Ehre machen. Der 47 Jährige ist in Plattling geboren und hieß früher Seibold. Mit der Heirat seiner Neu seeländischen Frau nahm er deren Namen an. Younger arbeitete auch bei Interpol und war Mitglied der WADA Kommission zur Untersu chung des systematischen Dopings in der russischen Leichtathletik.