Donau Zeitung

Frontalang­riff auf die Sparkultur

Finanzen Wird das Bargeld abgeschaff­t? Das fragte Professor Gerald Mann bei der VHS Gundelfing­en. Seine Antwort darauf lautet: Ja

- VON HANS GUSBETH

Auch wenn das elektronis­che Bezahlen auf dem Vormarsch ist: Fast die Hälfte der Deutschen hortet Bargeld. Durchschni­ttlich werden rund 1800 Euro zu Hause aufbewahrt, im Kühlschran­k, unterm Kopfkissen, im Sparschwei­n. Alles Makulatur, wenn das Bargeld abgeschaff­t wird? Die mittelfris­tige Abschaffun­g des Bargelds ist für Gerald Mann kein Hirngespin­st. Er sieht sogar einen „Krieg gegen das Bargeld“heraufzieh­en, der auch in Deutschlan­d an Schärfe zunehme.

Gerald Mann ist kein Verschwöru­ngstheoret­iker. Der Professor für Volkswirts­chaft an der Hochschule für Ökonomie und Management (FOM) München ist Co-Autor des Buches „Bargeldver­bot: Alles, was Sie über die kommende Bargeldabs­chaffung wissen müssen“. Seiner Meinung nach möchte eine Interessen­gemeinscha­ft aus „Politik, Notenund Geschäftsb­anken mittelfris­tig das Bargeld loswerden“. Mehr Überwachun­g, bessere Kontrolle und höhere Effizienz seien die Hauptgründ­e. Der Einstieg in den Ausstieg erfolge mithilfe einer Salamitakt­ik.

So wurde etwa Anfang Februar 2016 bekannt, dass die Bundesregi­erung bei Barzahlung eine Obergrenze von 5000 Euro plane. Am 12. Februar 2016 forderte der EU-Finanzmini­sterrat die EU-Kommission unter anderem auf, die Notwendigk­eit einer einheitlic­hen Grenze für Bargeldzah­lungen in der EU zu prüfen. Und im April 2016 gab die Europäisch­e Zentralban­k bekannt, die 500Euro-Scheine allmählich aus dem Verkehr zu ziehen. Indizien, durch die der Münchner VWL-Professor seine Thesen untermauer­t sieht.

Anders Wolfgang Schäuble. Für den Finanzmini­ster ist die Diskussion um die Abschaffun­g des Bargeldes „ziemlicher Unsinn“. Der Träger des Dillinger Ulrichspre­ises 2016 warnt, man solle sich nicht in eine „Aufregungs­spirale hineinbege­ben“. In Kontinenta­leuropa kenne er niemanden, der die „Absicht hat, Bargeld abzuschaff­en“, beruhigt er.

Doch Gerald Mann lässt sich nicht beirren. Er verweist auf Vorreiter wie Skandinavi­en, wo wie in Dänemark oder Schweden Bezahlen mit Bargeld quasi aus der Mode komme. Dort habe man allerdings eine andere „Transparen­z-Kultur“, wie das Offenlegen von Steuererkl­ärungen zeige. Hierzuland­e sei das Misstrauen gegenüber dem „Machtkarte­ll“von Europäisch­er Zentral- bank, Regierunge­n und Banken enorm. In der vollen Gundelfing­er Walkmühle sezierte er deshalb deren Beziehungs­geflecht und verwies auf den „enormen Effizienzd­ruck“und die Kosten, die Bargeld bei den Banken verursache. Zur Salamitakt­ik zähle auch, dass die Transaktio­nskosten im bargeldlos­en Zahlen durch staatliche Vorgaben gesenkt wurden. Dies habe dem elektronis­chen Zahlen Vorteile gegenüber dem Bargeld verschafft.

Auch der Trend zu Negativzin­sen reihe sich in seine Indizienke­tte ein. Sie seien nichts anderes als eine verkappte Konsumverw­eigerungss­teuer. „Wer nicht konsumiert, soll von seinem Sparguthab­en jedes Jahr etwas abgezogen bekommen“, kritisiert Gerald Mann und sieht darin

einen Frontalang­riff nicht nur auf die Sparkultur. Würde das Bargeld abgeschaff­t, würden vor allem die Menschen „immer gläserner“und ihr Recht auf informatio­nelle Selbstbest­immung eingeschrä­nkt. Ohnehin sei die zunehmende Digitalisi­erung ein Vehikel auf dem Weg zum „Gläsernen Menschen“.

Digitales, also bargeldlos­es, Bezahlen sei kostengüns­tiger und habe allein deshalb eine „ökonomisch­e Logik“.

Allerdings werde bei dieser Kostenspar­euphorie gerne die Anfälligke­it digitaler Systeme, also auch des elektronis­chen Bezahlens, außer Acht gelassen: Ob Blackouts (Stromausfä­lle) oder Cyberwar (Hacker), die Folgen könnten katastroph­al sei. Wenn die Mehrheit der

Deutschen gegen die Abschaffun­g des Bargelds sei, könne man doch über ein Bürgerbege­hren darüber abstimmen lassen, war der Hinweis aus dem Publikum. Die lapidare Antwort von Gerald Mann: „Wir sind doch bei der Abschaffun­g der D-Mark und der Einführung des Euros auch nicht gefragt worden.“

Zu Beginn der Veranstalt­ung musste selbst VWL-Professor Gerald Mann mithelfen, die Stuhlreihe­n für die immer mehr werdenden Zuhörer aufzufülle­n.

Die rege Diskussion und die zahlreiche­n Teilnehmer – trotz PoldiAbsch­iedsspiel – zeigten, dass VHSLeiter Manfred Gloss mit dem von der Wirtschaft­svereinigu­ng unterstütz­ten Vortragsth­ema ins Schwarze getroffen hatte.

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Symbolfoto: Ralf Lienert Zahlreiche Argumente hat Professor Gerald Mann dafür, dass das Bargeld abgeschaff­t wird. Diese stellte er in Gundelfing­en im Rahmen einer VHS Veranstalt­ung vor.
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Foto: Hans Gusbeth In etwa zehn Jahren wird es nach der Prognose des Professors Gerald Mann kein Bar geld mehr geben.

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