Jetzt denkt er an die Tagesbetreuung für Senioren
Sams Talk Walter Schneider darf man getrost den Mister Rot-Kreuz im Landkreis Dillingen nennen. Mit seinem Team hat er zuletzt ein Projekt nach dem anderen verwirklicht. Warum der Apotheker nächste Woche den Kreisvorsitz abgibt
Dillingen Der Ort, an dem Walter Schneider unsere Zeitung zum Interview empfängt, hat etwas Symbolisches. Der 76-Jährige residiert in der Anlage für Betreutes Wohnen in der Schillerstraße. Gebaut hat sie das Bayerische Rote Kreuz (BRK), das dort auch seine Kreisgeschäftsstelle hat. Es ist eines von vielen Projekten, das unter der Federführung des BRK-Kreisvorsitzenden Walter Schneider entstanden ist. Nächsten Freitag wird die RotKreuz-Familie den langjährigen Macher bei einer Feier verabschieden. Wir sprachen mit Walter Schneider, den man mit Fug und Recht als den Mister Rot-Kreuz im Landkreis Dillingen bezeichnen darf, über seine Gefühlslage.
Warum wollen Sie denn aufhören, zuletzt lief es doch richtig gut? Walter Schneider: Ich werde im August 77 und wollte eigentlich schon mit 73 aufhören. Aber ich ließ mich überreden. Und so hatte ich jetzt meine vier erfolgreichsten Jahre am Schluss. Es ist aber wirklich Zeit für mich, als Kreisvorsitzender abzutreten – auch aus gesundheitlichen Gründen.
Sie haben ja das Rot-Kreuz-Gen schon mit der Muttermilch aufgesogen? Schneider: Ja, mein Vater hat nach dem Krieg die SSV Dillingen wiederbelebt, und er war auch am Wie- deraufbau des Roten Kreuzes beteiligt – unter anderem als Kreisgeschäftsführer. 1978, da war ich bereits zehn Jahre Apotheker, dachte ich mir, da gehe ich auch mal dazu. Als es eine kleine Krise gab, wurde ich Chef der Dillinger Sanitätskolonne. Inzwischen bin ich seit 39 Jahren im Kreisvorstand. 1993 wurde ich stellvertretender Vorsitzender, und seit 2002 bin ich Kreisvorsitzender.
Was halten Sie für Ihren größten Erfolg? Schneider: Das Ganze ist immer Teamarbeit. Uns ist es gelungen, im gesamten Landkreis ein positives Bild des Roten Kreuzes zu vermitteln. Bei uns geht es nicht nur ums Tatütata, den Rettungsdienst. Wir sind heute ein kompletter Sozialdienstleister. Und dabei gab es einmal Stimmen, die Sozialstation wegen Unwirtschaftlichkeit aufzulösen. Es ist in den vergangenen Jahren so viel passiert – vom Bau des Rettungszentrums bis zur neuen Geschäftsstelle mit der Anlage für Betreutes Wohnen in der Schillerstraße. Stolz bin ich auf die Rettung der Altenpflegeschule in Wertingen. Die sollte geschlossen werden. Und der neue Waldkindergarten ist ebenfalls ein tolles Projekt. Es gibt aber bereits ein neues, großes Vorhaben. Schneider: Nicht nur eines. Wir wollen eine Einrichtung für die Tagespflege bauen. Es ist eine „Tagesbetreuung für Senioren“. Wir haben bereits ein Grundstück in der Nähe des Dillinger Krankenhauses. Und wir wollen auch ein neues Modell eines Heims für Senioren im Landkreis verwirklichen.
Was war Ihre größte Enttäuschung? Schneider: Ich sagte immer: Wenn ihr mich ärgert, hör ich auf. Aber sie haben mich nicht geärgert. Das Rote Kreuz war für mich immer eine Freude. Ich habe nur meine Pflicht getan. Und ich wollte etwas voranbringen, was den Menschen im Landkreis hilft. Geholfen haben mir auch sechs Damen in meiner „Oberen Apotheke“. Mein Sohn Matthias hat dafür gesorgt, dass ich weiterhin Unterstützung bekomme. Nicht zu vergessen ist meine Frau Gabriele, die das Ganze mitgetragen hat. Sie sagte, ich werde mein Bett beim Roten Kreuz aufschlagen. Und so ist es auch gekommen.
Sie haben zwei große Leidenschaften, Musik und Motorradfahren. Schneider: Den Motorradführerschein habe ich erst mit 45 gemacht. Danach habe ich mit dem Motorrad große Reisen unternommen – bis nach Mittelamerika und China. Das größte Glück war es, gesund wieder heimzukommen.
Und Sie wollten Musiker werden? Schneider: Als Schüler habe ich Klavier gespielt, dann auch Zither und Horn. Aber ich war nie gut. Ich wollte Dirigent werden. Und als ich anfang 40 eine Identitätskrise hatte, sagte meine Frau: Dann fang endlich an, Musik zu studieren. Musik ist etwas Emotionales, sie lässt mich nicht los. Für die Rotary-Clubs Dillingen und Donauwörth organisiere ich seit 40 Jahren regelmäßig Fahrten zu Konzerten und Opern.
Warum wollten Sie denn Dirigent werden? Schneider: Ich bin vom Sternzeichen her Löwe. Und jeder Löwe hat ein eingebautes Podest dabei. Mir hätte es Spaß gemacht, einen großen Apparat zu dirigieren.
Den großen Apparat hatten Sie ja beim Roten Kreuz. Schneider: Stimmt, wir haben im Kreisverband in den Bereitschaften, den Wasserwacht- und JugendGruppen 1818 aktive Ehrenamtliche. Hinzu kommen 7072 Fördermitglieder, die das Rote Kreuz im Landkreis finanziell unterstützen. Das sind immerhin fast zehn Prozent der Landkreisbevölkerung.