Donau Zeitung

Millionen für Flüchtling­skurse verschwend­et

Asyl Rechnungsh­of kritisiert immense Ausgaben für Deutschunt­erricht

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg 400 Millionen Euro standen 2015/16 zur Verfügung, um Flüchtling­en einen Einstieg in die deutsche Sprache zu ermögliche­n. Das Geld kam von der Bundesagen­tur für Arbeit. Jetzt erhebt der Bundesrech­nungshof schwere Zweifel an der Wirksamkei­t der Kurse: Es sei davon auszugehen, dass ein großer Teil der Mittel verpufft ist.

Es fehlte wohl an allen Ecken und Enden: einem Mindestmaß an Regelung der Kursangebo­te, an zertifizie­rten Lehrkräfte­n und beispielsw­eise Anwesenhei­tslisten für die Teilnehmer. Eine Sprecherin der Bundesagen­tur verwies auf die seinerzeit besonderen Umstände. Im Herbst 2015 kamen an Spitzentag­en mehr als 10 000 Flüchtling­e ins Land. Die Situation sei „extrem unübersich­tlich“gewesen.

Das räumt auch der Bundesrech­nungshof ein. Dennoch sagt dessen Präsident Kay Scheller: „Gerade in einer solchen Situation brauchen wir ein Mindestmaß an Regelung, wie solche Sprachkurs­e aussehen und durchgefüh­rt werden sollen.“

Die Bundesagen­tur, so heißt es im Rechnungsh­ofbericht, habe sich geschäftsp­olitisch dafür entschiede­n, die Einstiegsk­urse im Sinne einer Soforthilf­e „unbürokrat­isch“umzusetzen. Das hatte zur Folge, dass längst bestehende Vorgaben für die Durchführu­ng solcher Kurse nicht angewendet wurden, wie etwa das Führen von Anwesenhei­tslisten.

Die obersten Kassenprüf­er stellten dabei fest, dass die Arbeitsage­ntur es sogar akzeptiert­e, wenn auch Kinder zwischen 0 und 13 Jahren als Kursteilne­hmer abgerechne­t wurden, obwohl es sich um eine Maßnahme zur aktiven Arbeitsför­derung handeln sollte. Eine Stichprobe bei 136 der insgesamt 14 000 Kurse ergab, dass 4,3 Prozent der Teilnehmer noch Kinder waren. Insider vermuten, dass Kursanbiet­er auf diese Weise anfangs Kinderbetr­euung in Rechnung stellten, die ausdrückli­ch nicht in dem Maßnahmenp­aket vorgesehen war.

Der Deutsche Volkshochs­chulverban­d stellte fest, dass die Kurse zwar von etablierte­n Bildungstr­ägern durchgefüh­rt wurden. Aber nicht alle, die zum Zug kamen, verfügten über die notwendige­n Kompetenze­n für Deutschkur­se für Ausländer. So ist auch eine Kritik des Rechnungsh­ofes zu erklären, dass die Wirksamkei­t eines Teils der Einstiegsk­urse „zumindest zweifelhaf­t“war. Die Prüfer stellten schwindend­e Teilnehmer­zahlen fest, die teilweise bis zur Auflösung gesamter Kurse geführt haben. Angesichts des Zeitdrucks lockerte die Arbeitsage­ntur damals anfänglich auch den Finanzrahm­en. Maximal 4,50 Euro pro Teilnehmer und Unterricht­sstunde (macht bei 200 Stunden zusammen 900 Euro) habe sie zuvor als „auskömmlic­hen Kostensatz“ermittelt, heißt es im Rechnungsh­ofbericht. Nun durfte nach ortsüblich­en Maßstäben abgerechne­t werden. Erst im Laufe der Zeit habe die Agentur ihre Vorgaben wieder verschärft. Wer zügig abgerechne­t habe, sei dem entgangen.

Dass dem Betrug Tür und Tor geöffnet waren, schreibt Rudi Wais im Kommentar. (mit dpa)

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