Die Krise des Islam
Vom fatalen Zerfall der Gesellschaften
Ein gängiges (westliches) Vorurteil lautet: Der Sturz vieler Länder der islamischen Welt ins Chaos und in autoritäre Herrschaftssysteme gründet darin, dass zwischen traditionellen Strukturen und dem modernen Staat keine Aufklärung stattfand (wie im Westen). Es gibt nur harte Fronten zwischen Religion und Liberalität; das führt zu Eskalation und Fundamentalismus.
Wer’s differenzierter will, liegt bei Reinhard Schulze goldrichtig. Der Berliner Professor für Islamwissenschaften hat seine ohnehin schon umfassende „Geschichte der Islamischen Welt“überarbeitet und vor allem um ein Kapitel zu den aktuellen Krisen ergänzt. Und dieses zeigt, warum der sogenannte Islamismus nichts anderes ist als ein Krisensymptom des Islam selbst. Der Islam nämlich habe lange wie ein Kitt der Gesellschaften gewirkt, gerade beim Gang in eine eigene Form der modernen Staatlichkeit. Eine „Partnerschaft“zwischen Islam und Gesellschaft nennt das Reinhard Schulze. Diese „islamische Öffentlichkeit“aber sei zerfallen – durch den medialen und wirtschaftlichen Einfall des westlich geprägten Kapitalismus. Mit sozialen Folgen sowie Konkurrenz und Spaltung zwischen den Staaten . . .
Detailreich und komplex wird hier geschildert, wie ein ganz eigener Aufklärungsprozess durch den global agierenden Westen unwiederbringlich gebrochen worden sein dürfte. (ws)