Donau Zeitung

Was wäre, wenn?

Wahlrecht In der CSU gibt es Streit: Die Landtagsfr­aktion fordert eine Rückkehr zum Auszählver­fahren nach d’Hondt. Was dies bei der Dillinger Stadtratsw­ahl 2014 geändert hätte

- VON BERTHOLD VEH

Landkreis In der CSU scheppert’s gegenwärti­g gewaltig, und das auch wegen eines Themas, das gewöhnlich nur wenige interessie­rt: die Reform des Wahlrechts. Für Parteichef Horst Seehofer ist die Kontrovers­e um die Auszählfor­m bei den Kommunalwa­hlen beendet, für die 101-köpfige CSU-Landtagsfr­aktion offensicht­lich noch nicht ganz. Sie wollte jedenfalls vor Seehofers Grätsche, dass künftig nicht mehr nach dem heute fast überall gängigen Hare-Niemeyer-Verfahren ausgezählt wird, sondern nach dem sogenannte­n d’Hondt’schen Höchstzahl­verfahren. Dadurch würden künftig Aufrundung­en bei der Sitzvergab­e zugunsten der kleinen Parteien entfallen. Das Auszählver­fahren nach d’Hondt gilt als überholt und wird heute fast nirgendwo in Deutschlan­d mehr angewandt.

CSU-Fraktionsc­hef Thomas Kreuzer sieht, wie im Bayernteil unserer Zeitung berichtet, dennoch einen Bedarf. Ihm geht es um die Arbeitsfäh­igkeit der Kommunalpa­rlamente. Ohne Reform drohten dort künftig zahllose Splitterpa­rteien Sitze zu erhalten. Zudem, so Kreuzer, sei der Vorwurf Seehofers falsch, dass nur die CSU davon profitiere. Für den früheren SPD-Landtagsab­geordneten Johannes Strasser wäre die Sache dagegen bedenklich. Der Gundelfing­er fragt: „Wie werden Ortsteile, Dörfer künftig noch im Kommunalpa­rlament gehört und durch wen? Oder greift die Zentralisi­erung, wie sie die CSU oft in den Siebzigerj­ahren praktizier­t hat, wieder um sich?“Der ländliche Raum werde dann wieder vergessen, befürchtet Strasser.

Wir haben am Beispiel der Kreisstadt Dillingen die Probe aufs Exempel gemacht. Was wäre gewesen, wenn bei der Kommunalwa­hl 2014 nach d’Hondt ausgezählt worden wäre? Gewinner wäre dabei tatsächlic­h die CSU gewesen. Die Christsozi­alen, die bisher acht von 24 Stadträten stellen, hätten neun Mandate errungen. Somit wäre die auf Platz 9 der CSU-Liste platzierte Andrea Spengler in den Dillinger Stadtrat eingezogen. Und verloren hätte zunächst einmal die kleine Wählervere­inigung Kicklingen: Sie hätte anstatt zwei Mandaten nur noch eines erhalten. In diesem Fall wäre Karl Schneider nicht in den Stadtrat gekommen.

Aber es wird noch komplizier­ter. Weil das Hare-Niemeyer-Verfahren gilt, nutzten die sechs Dillinger Umland-Listen bei der Wahl 2014 die Möglichkei­t einer sogenannte­n Listen-Verbindung nicht. Die gewählten Stadträte schlossen sich erst später zu einer Fraktion zusammen.

Wäre das d’Hondt-Verfahren zum Einsatz gekommen – darauf weisen Mitglieder der UmlandFrak­tion hin – , wären die sechs Umland-Listen eine Listenverb­indung eingegange­n. So wie auch bei früheren Wahlen, als bei bayerische­n Kommunalwa­hlen noch das Verfahren nach d’Hondt angewandt wurde. Für diesen Fall hat der Wahl-Computer des Dillinger Wahlamts laut Pressemitt­eilung errechnet, dass – theoretisc­h – bei derselben Anzahl und Verteilung der 2014 abgegebene­n Stimmen folgendes Ergebnis zustande gekommen wäre: Die CSU hätte anstatt acht Mandaten ebenfalls neun Mandate erhalten. Somit wäre Andrea Spengler in den Dillinger Stadtrat eingeStadt­teile, zogen. Die Wählervere­inigung Kicklingen hätte zwei Mandate errungen. Hierdurch wäre Karl Schneider ebenso in den Stadtrat gekommen.

Für einen Stadtrat hätte die Rückkehr zu d’Hondt aber das Aus bedeutet: Die Freien Wähler hätten anstatt zwei Mandaten nur einen Sitz erhalten. Georg Schrenk wäre so nicht in den Dillinger Stadtrat gekommen. Damit habe er ohnehin nicht gerechnet, sagt Schrenk. „Ich bin von Rang fünf nach vorne gewählt worden.“Der FW-Stadtrat ist aber nicht nur wegen seines Falls für die Beibehaltu­ng des gängigen Hare-Niemeyer-Verfahrens. Ansonsten, so Schrenk, würden die kleineren Gruppierun­gen benachteil­igt. Und auch Andrea Spengler fordert keine Rückkehr zum Auszählver­fahren nach d’Hondt, obwohl sie mehr Stimmen als andere bekommen habe, die nun im Dillinger Stadtrat sitzen. Natürlich sei der Gedanke fasziniere­nd, im Dillinger Rat zu sein. „Ich bin aber gerne erster Nachrücker auf der CSU-Liste“, sagt Andrea Spengler, die als Mitglied der Geschäftsf­ührung bei Pflanzen Spengler alle Hände voll zu tun hat. „Ich finde es schön, dass so viele andere tolle Frauen und Männer ehrenamtli­ch im Dillinger Stadtrat engagiert sind“, teilt Spengler mit. Sie habe Hochachtun­g vor diesem Ehrenamt, das sehr viel Einsatz erfordere. (mit pm und jub)

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Fotos: Aumiller/Veh Andrea Spengler (CSU) hätte bei einem geänderten Auszählver­fahren nach d’Hondt einen Sitz im Dillinger Stadtrat errungen. Georg Schrenk (FW) hätte da gegen den Einzug ins Kommunalpa­rla ment verpasst.
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