Donau Zeitung

Wenn das Computersp­iel zur Kostenfall­e wird

Familie Gratis loslegen, später Extras kaufen: So funktionie­ren immer mehr Online-Spiele. Für Kinder ist die Versuchung besonders groß. Wegen einer 1250-Euro-Rechnung zog eine Mutter jetzt vor Gericht – mit Erfolg

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Karlsruhe Es ist eine Horrorvors­tellung vieler Eltern: Der Sohn spielt im Internet und kauft über eine teure 0900er-Nummer immer wieder Zubehör für das Spiel ein. Dann die böse Überraschu­ng – eine Telefonrec­hnung von gut 1250 Euro. Mit seinem Urteil vom Donnerstag lässt der Bundesgeri­chtshof die Mutter aber nicht auf dem Schaden sitzen.

Was genau ist passiert?

Vor ein paar Jahren, mit 13, spielt der Sohn ein Computersp­iel. An sich kostet das nichts. Bestimmte Vorteile haben Spieler aber nur, wenn sie sich virtuelle Ausrüstung kaufen. Das geht unter anderem durch Anrufe bei einer 0900er-Nummer („Pay by Call“), die im Internet steht. Der Sohn wählt sie 21 Mal. Die Kosten stellt der Dienstleis­ter der Mutter in Rechnung, auf deren Namen der Telefonans­chluss läuft.

Wie funktionie­ren Call“-Dienste? „Pay by

Ein Anruf genügt, und es kann anonym und schnell gekauft werden. „Die Identifizi­erung läuft ausschließ­lich über den Telefonanb­ieter. Ich muss also keine Bankverbin­dung oder andere Kontaktdat­en angeben“, erläutert Christine Steffen, Juristin bei der Verbrauche­rzentrale NRW. Abgerechne­t wird über die Telefonrec­hnung. Das hat den Vorteil, dass Kunden fremden Anbietern keine Daten überlassen müssen. Das Risiko: Über den Anschluss können auch andere Geld ausgeben.

Kommt so etwas bei digitalen Spielen häufiger vor?

Das Internet hat die Branche stark verändert. Früher wurden Spiele im Laden verkauft – heute ist es online möglich, neue Inhalte zum Herunterla­den bereitzust­ellen. Spiele für Smartphone­s oder TabletComp­uter gibt es in den App-Stores der Hersteller. Das eröffnet die Möglichkei­t, Spiele zunächst einmal gratis anzubieten und Geld erst später für eine Premium-Variante oder zusätzlich­e Inhalte zu verlangen („Free to play“). Das können CentBeträg­e sein. Es gibt aber auch Extra-Pakete für 100 Euro.

Was ist mit Kindern und Jugendlich­en?

Sie können besonders empfänglic­h für die virtuellen Verlockung­en sein. Der Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen hat deshalb ein Urteil erstritten, dass es keine Formulieru­ngen geben darf, die speziell Kinder zum Kaufen auffordern. Damals ging es um das Rollenspie­l „Runes of Magic“. Verboten wurde der Satz: „Schnapp dir die günstige Gelegenjed­erzeit heit und verpasse deiner Rüstung & Waffen das gewisse Etwas.“

Welche Rolle spielt das „Pay by Call“-Verfahren?

Es kommt bei Spielen am PC vor. Im wachsenden Markt der Apps wird dagegen über die Mobilfunkr­echnung, per Kreditkart­e oder Lastschrif­t abgerechne­t. Das Grundprobl­em aber bleibt: „Sobald ich eine Zahlungsme­thode ohne Passwortsc­hutz hinterlege und das Kind mit zwei Klicks darüber bezahlen kann, spielt die Art der Abrechnung keine Rolle mehr“, sagt Experte Julian Graf von der Verbrauche­rzentrale. Zum Teil ist es technisch auch möglich, Einkäufe direkt aus den SpieleApps komplett zu blockieren. 0900er-Nummern kann man sperren lassen.

Warum bleibt der Mutter 1250-Euro-Rechnung erspart? die

Der Frau kommt ein Paragraf aus dem Bürgerlich­en Gesetzbuch zugute. Demnach haftet grundsätzl­ich der Dienstleis­ter, wenn eine Zahlung nicht autorisier­t war. Nach Auffassung der Richter gilt das auch für „Pay by Call“. Und dass der Sohn kein Okay hatte, steht außer Frage.

Anja Semmelroch, dpa

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Foto: Marek Zakrzewski, dpa Manchmal ist nur die Basisversi­on eines Computersp­iels gratis. Wer zusätzlich­e Funktionen für das Spiel kauft, muss aber zahlen. Ein 13 Jähriger hat so eine 1250 Euro Rechnung verursacht.

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