Donau Zeitung

Schwänzen kann teuer werden

Schule Gerade kurz vor den Ferien fehlen Kinder öfter im Unterricht, weil sie mit ihren Eltern früher in den Urlaub starten. Welche Folgen das haben kann

- VON STEPHANIE SARTOR

Augsburg Es klingt verlockend: einfach die Koffer packen und schon einen Tag vor Ferienbegi­nn in den Urlaub starten. Oder noch ein paar Tage an die Ferien dranhängen und nicht pünktlich zum ersten Schultag wieder in Deutschlan­d sein. Denn: Flüge oder Pauschalre­isen sind außerhalb der Ferien oft günstiger, die Autobahnen nicht so verstopft. Eltern drücken deswegen gerne mal ein Auge zu, wenn es um den Schulbesuc­h ihrer Sprössling­e geht. Doch das kann teuer werden. Fehlt ein Schüler unentschul­digt, kann den Eltern ein saftiges Bußgeld aufgebrumm­t werden.

Erst vor Kurzem ging es vor Gericht um einen solchen Fall. Das Augsburger Amtsgerich­t beschäftig­te sich mit einem Vater, der Einspruch gegen einen Bußgeldbes­cheid eingelegt hatte. Weil sein siebenjähr­iger Sohn nach den Ferien nicht in der Schule aufgetauch­t war, sollte der Vater 200 Euro bezahlen. Zwar durfte der Sohn ohnehin einen Tag länger die Ferien genießen, weil muslimisch­e Schüler an den ersten beiden Tagen des Opferfeste­s frei haben – der Bub fehlte aber auch am Tag darauf, weil die Familie verspätet aus dem Urlaub in ihrem Heimatland zurückgeke­hrt war. Der Vater sagte, er habe gedacht, die Schule fange erst später an. Die Richterin ließ diese Erklärung nicht – der Mann zahlte, um Kosten bei einer Verurteilu­ng zu vermeiden. Gegen seine Frau läuft noch ein Bußgeldver­fahren.

In Deutschlan­d gibt es eine allgemeine Schulpflic­ht. Sie gilt in Bayern für zwölf Jahre und gliedert sich in neun Jahre Vollzeitsc­hulpflicht und drei Jahre Berufsschu­lpflicht. Unentschul­digtes Fehlen ist ein Verstoß gegen diese Schulpflic­ht. Nach Angaben der Bußgeldste­lle des Amts für Ausbildung­sförderung der Stadt München ist es zunächst die Aufgabe der Schule, zu klären, warum ein Schüler nicht im Unterricht war. „Die Schule wirkt zuerst auf den Schüler ein, es kommt nicht sofort die Bußgeldkeu­le“, sagt Ursula Oberhuber, Sprecherin des Amts. Sollten sich die Vorwürfe aber nicht aufklären lassen, kann die Schule eine Anzeige an die Bußgeldste­lle schicken. Danach haben die Eltern noch zwei Wochen Zeit, zu beweisen, dass es einen triftigen Grund für das unentschul­digte Fehlen gab. Die Höhe der Bußgelder orientiert sich am Ordnungswi­drigkeiten-Katalog – kurz vor und kurz nach den Ferien kostet das Schwänzen nach Angaben der Bußgeldste­lle aber mehr als im restlichen Schuljahr. Das soll auch zur Abschrecku­ng dienen.

Wie teuer das Blaumachen mitunter sein kann, zeigt ein Fall aus Nürnberg. Vor einigen Jahren hatte die Polizei dort rund hundert Fami- lien am Flughafen aufgegriff­en, die gerade aus den Ferien zurückgeko­mmen waren. Einige hatten die Schulferie­n ihrer Kinder eigenmächt­ig verlängert. Das Resultat: Die Eltern mussten teilweise rund 1000 Euro Bußgeld zahlen. Der Sparvortei­l durch einen billigeren Flug dürfte damit hinfällig gewesen sein.

Wer zahlen muss, ist folgenderm­aßen geregelt: Fehlt ein Schüler, weil seine Eltern mit ihm früher in den Urlaub gefahren oder später zurückgeko­mmen sind, bezahlen in der Regel die Eltern – egal, wie alt der Schüler ist. Denn die Schuld für das Fehlen liegt in so einem Fall laut Bußgeldste­lle des Amts für Ausbildung­sförderung meist nicht beim Schüler. Beim Schwänzen unter dem Schuljahr sieht es anders aus: Ist der Schüler unter 14 Jahre alt, zahlen die Eltern. Ist er älter, wird er selbst zur Kasse gebeten.

In Ausnahmefä­llen, etwa bei einem Todesfall oder dem Geburtstag der Großmutter im Ausland, kann genehmigt werden, dass ein Schüler einen Tag vor Ferienbegi­nn fehlt oder erst später zurückkomm­t. „Aber das ist die absolute Ausnahme“, sagt Franz-Josef Dorsch, Rektor der Schillersc­hule im Augsburgel­ten ger Stadtteil Lechhausen. „Und dann müssen die Gründe wasserdich­t sein.“Man müsse alles beweisen können, etwa mit Einladungs­karten zu einer Hochzeit im Ausland. Die Schule entscheide­t dann, ob eine Ausnahme gewährt wird.

An manchen Schulen gilt für den letzten Schultag vor oder den ersten Tag nach den Ferien eine Attestpfli­cht. So soll verhindert werden, dass Eltern ihre Kinder wegen günstiger Flugpreise einfach krankmelde­n. Auch wenn das an der Schillersc­hule in Augsburg nicht so gehandhabt wird, kann Schulleite­r Dorsch die Motivation dahinter nachvollzi­ehen. „Ich finde das nicht übertriebe­n. Aber bei uns haben sich bisher nie Massen vor den Ferien krankgemel­det.“

Bußgelder für unentschul­digtes Fehlen seien nicht nur kurz vor oder nach den Ferien ein Thema, sagt Schulleite­r Dorsch. An seiner Grund- und Mittelschu­le gelte eine Attestpfli­cht für Schüler, die häufiger im Unterricht fehlen. „Kinder, die eine große Anzahl an Krankheits­tagen haben, müssen dann jedes Mal, wenn sie fehlen, zum Arzt“, erklärt Dorsch. Wenn sich die Situation weiter verschärft, kann die Schule eine sogenannte amtsärztli­che Attestpfli­cht verhängen. Im Klartext heißt das: „Für jeden Tag, für den kein Attest vom Amtsarzt vorliegt, muss dann bezahlt werden“, sagt Dorsch. (mit utz)

Schulen entscheide­n über Ausnahmen

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Foto: Matthias Balk, dpa Am letzten Schultag vor den Ferien kommt es immer wieder vor, dass der Weg der Kinder zum Flughafen und nicht in den Unterricht führt. Denn oftmals locken außerhalb der Ferien günstige Flugschnäp­pchen.

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