Donau Zeitung

Am Flughafen war die Reise zu Ende

Türkei Kemptener mit kurdischen Wurzeln darf nicht das Grab seiner Eltern besuchen

- VON KATHARINA MÜLLER

Kempten/Istanbul Eigentlich wollte Erdal Parlak aus Kempten das Grab seiner Eltern in der Türkei besuchen und in seiner Ferienwohn­ung nach dem Rechten sehen. Seine Reise endete jedoch schon nach der Landung am Flughafen in Istanbul. „Vor der Passkontro­lle wurde ich aus der Schlange geholt, verhört und in einen kleinen Raum gebracht“, erzählt er. Dass er dort die nächsten 16 Stunden mit 25 anderen Reisenden verbringen wird und am nächsten Morgen die Heimreise antreten muss, ahnte der 43-jährige Deutsche da noch nicht. Mit dieser Erfahrung ist Parlak jedoch nicht allein: Dem Auswärtige­n Amt sind allein im vergangene­n Monat zehn Fälle bekannt geworden, in denen deutschen Staatsange­hörigen die Einreise in die Türkei verweigert wurde. Eine Anfrage unserer Zeitung nach den Gründen für ein solches Vorgehen beim türkischen Generalkon­sulat in München blieb bisher unbeantwor­tet.

Für Parlak ist klar, dass seine kurdische Abstammung der Grund für die Verhaftung war. Denn alle Personen, die zusammen mit ihm in dem kleinen Raum eingesperr­t wurden, hätten kurdische Wurzeln gehabt. Der Industriem­eister wusste zwar von ähnlichen Fällen, „trotzdem habe ich das nicht erwartet. Ich bin doch ein ganz normaler Tourist.“Er reise seit vielen Jahren in die Türkei und habe bisher noch nie Probleme gehabt. Er sei weder in einem kurdischen Verein aktiv, noch politisch engagiert. Lediglich bei einem kurdischen Neujahrsfe­st sei er heuer in Frankfurt gewesen. „Ich habe mich schon gefragt, ob es etwas damit zu tun hat“, sagt Parlak.

Die Stunden, die er mit den anderen Gestrandet­en in dem etwa 40 Quadratmet­er großen Raum ohne Fenster und mit nur wenig Sitzgelege­nheiten am Flughafen verbrachte, beschreibt Parlak als traumatisi­erend: „Ich habe mich gefühlt wie in einer Isolations­zelle. Der Eindruck von dem Raum, der Zustand der Menschen, das Unsaubere nimmt mich noch immer mit.“Schlimm fand er auch, dass ihm seine Papiere und sein Handy abgenommen wurden. „Ich konnte nicht einmal meiner Familie Bescheid sagen.“Über das Handy eines Syrers, der mit ihm eingesperr­t war, habe er zwar die Telefonnum­mer der deutschen Botschaft herausgefu­nden. Nachts sei dort aber niemand mehr erreichbar gewesen. So musste er bis zum Morgen ausharren, an dem er ohne weitere Begründung in ein Flugzeug nach München gesetzt wurde. Auf den Dokumenten des Flughafens wird Parlak als „unzulässig­er Reisender“bezeichnet. Er bekam den Tipp mit auf den Weg, beim nächsten Mal mit einem speziellen Visum einzureise­n. „Das ist unvorstell­bar, als Deutscher braucht man kein Visum für die Türkei“, sagt Parlak, der keine doppelte Staatsbürg­erschaft hat. Das bestätigte ihm auch ein Mitarbeite­r des türkischen Generalkon­sulats, wo Parlak diese Woche einen Termin hatte. Warum ihm die Einreise verweigert wurde, konnte ihm aber auch dort niemand sagen.

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Erdal Parlak

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