Am Flughafen war die Reise zu Ende
Türkei Kemptener mit kurdischen Wurzeln darf nicht das Grab seiner Eltern besuchen
Kempten/Istanbul Eigentlich wollte Erdal Parlak aus Kempten das Grab seiner Eltern in der Türkei besuchen und in seiner Ferienwohnung nach dem Rechten sehen. Seine Reise endete jedoch schon nach der Landung am Flughafen in Istanbul. „Vor der Passkontrolle wurde ich aus der Schlange geholt, verhört und in einen kleinen Raum gebracht“, erzählt er. Dass er dort die nächsten 16 Stunden mit 25 anderen Reisenden verbringen wird und am nächsten Morgen die Heimreise antreten muss, ahnte der 43-jährige Deutsche da noch nicht. Mit dieser Erfahrung ist Parlak jedoch nicht allein: Dem Auswärtigen Amt sind allein im vergangenen Monat zehn Fälle bekannt geworden, in denen deutschen Staatsangehörigen die Einreise in die Türkei verweigert wurde. Eine Anfrage unserer Zeitung nach den Gründen für ein solches Vorgehen beim türkischen Generalkonsulat in München blieb bisher unbeantwortet.
Für Parlak ist klar, dass seine kurdische Abstammung der Grund für die Verhaftung war. Denn alle Personen, die zusammen mit ihm in dem kleinen Raum eingesperrt wurden, hätten kurdische Wurzeln gehabt. Der Industriemeister wusste zwar von ähnlichen Fällen, „trotzdem habe ich das nicht erwartet. Ich bin doch ein ganz normaler Tourist.“Er reise seit vielen Jahren in die Türkei und habe bisher noch nie Probleme gehabt. Er sei weder in einem kurdischen Verein aktiv, noch politisch engagiert. Lediglich bei einem kurdischen Neujahrsfest sei er heuer in Frankfurt gewesen. „Ich habe mich schon gefragt, ob es etwas damit zu tun hat“, sagt Parlak.
Die Stunden, die er mit den anderen Gestrandeten in dem etwa 40 Quadratmeter großen Raum ohne Fenster und mit nur wenig Sitzgelegenheiten am Flughafen verbrachte, beschreibt Parlak als traumatisierend: „Ich habe mich gefühlt wie in einer Isolationszelle. Der Eindruck von dem Raum, der Zustand der Menschen, das Unsaubere nimmt mich noch immer mit.“Schlimm fand er auch, dass ihm seine Papiere und sein Handy abgenommen wurden. „Ich konnte nicht einmal meiner Familie Bescheid sagen.“Über das Handy eines Syrers, der mit ihm eingesperrt war, habe er zwar die Telefonnummer der deutschen Botschaft herausgefunden. Nachts sei dort aber niemand mehr erreichbar gewesen. So musste er bis zum Morgen ausharren, an dem er ohne weitere Begründung in ein Flugzeug nach München gesetzt wurde. Auf den Dokumenten des Flughafens wird Parlak als „unzulässiger Reisender“bezeichnet. Er bekam den Tipp mit auf den Weg, beim nächsten Mal mit einem speziellen Visum einzureisen. „Das ist unvorstellbar, als Deutscher braucht man kein Visum für die Türkei“, sagt Parlak, der keine doppelte Staatsbürgerschaft hat. Das bestätigte ihm auch ein Mitarbeiter des türkischen Generalkonsulats, wo Parlak diese Woche einen Termin hatte. Warum ihm die Einreise verweigert wurde, konnte ihm aber auch dort niemand sagen.