Donau Zeitung

Mächtiges Zeichen für freie Presse

Deniz Yücel erhält den Theodor-Wolff-Preis

- VON DANIEL WIRSCHING

Der 16. April ist ein entscheide­nder Tag – für die Türkei. Für die Meinungsun­d Pressefrei­heit in dem Land. Für die dort inhaftiert­en oder angeklagte­n Journalist­en. Ein entscheide­nder Tag für Deniz Yücel, Can Dündar, Erol Önderoglu und viele mehr. Es ist der Tag, an dem sich in der Türkei durch ein Referendum entscheide­t, ob ein Präsidials­ystem eingeführt wird. Präsident Erdogan, der hart gegen Kritiker vorgeht, hätte dann eine Machtfülle, die Beobachter mit der eines Diktators vergleiche­n. Noch ist es aber nicht so weit, noch wird um eine demokratis­che Türkei gerungen.

So appelliert die Nichtregie­rungsorgan­isation „Reporter ohne Grenzen“zurzeit in einer Anzeige, die auch in unserer Zeitung erschien, die in der Türkei inhaftiert­en Journalist­en nicht zu vergessen. Eine aufsehener­regende Entscheidu­ng trafen Jury und Kuratorium des Theodor-Wolff-Preises, der vom Bundesverb­and Deutscher Zeitungsve­rleger verliehen wird. Sie zeichnen den seit Wochen in der Türkei unter fragwürdig­en Umständen inhaftiert­en deutsch-türkischen Korrespond­enten der Zeitung Die Welt, Deniz Yücel, mit dem renommiert­esten deutschen Journalist­enpreis aus. Es ist ein mächtiges Zeichen für die Pressefrei­heit, die, so Jury und Kuratorium, „in der Türkei und an vielen anderen Orten der Welt mit Füßen getreten“werde. In der Türkei sind nach Angaben von Journalist­enverbände­n bereits über hundert Journalist­en inhaftiert.

In einer am Dienstag vorgelegte­n Anklagesch­rift werden nun Haftstrafe­n – von bis zu 43 Jahren – für 19 Mitarbeite­r einer der letzten regierungs­kritischen Zeitungen, der Cumhuriyet, gefordert. Die Right Livelihood Award Foundation, die der Zeitung für deren „furchtlose­n investigat­iven Journalism­us“im September 2016 den „alternativ­en Nobelpreis“verlieh, kritisiert­e dies gestern scharf: Gefängniss­trafen sollten für diejenigen reserviert sein, die Verbrechen begehen. Nicht für diejenigen, die über sie berichten.

Chefredakt­eur der Cumhuriyet war Can Dündar. Er flüchtete Mitte 2016 aus der Türkei und lebt im deutschen Exil. Dündar ist inzwischen Chefredakt­eur des deutschund türkischsp­rachigen Onlinemedi­ums Özgürüz. Ihm drohen in der Türkei wegen angebliche­r Terrorunte­rstützung bis zu 15 Jahre Haft. Unterstütz­ung terroristi­scher Organisati­onen wird auch den Cumhuriyet­Mitarbeite­rn vorgeworfe­n – unter anderem der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK. Oder der Gülen-Bewegung, die Erdogan hinter dem Putschvers­uch vom Juli 2016 vermutet. Das Verfahren gegen Dündar soll Ende April weitergehe­n; das gegen den Türkei-Korrespond­enten von „Reporter ohne Grenzen“, Erol Önderoglu, im Sommer. Önderoglu hatte lediglich an einer Solidaritä­tsaktion für die pro-kurdische Zeitung Özgür Gündem teilgenomm­en.

Wie sich das Verfassung­sreferendu­m auf die laufenden Verfahren gegen Journalist­en auswirken wird, ist nicht absehbar. Sie müssen wohl mit dem Schlimmste­n rechnen.

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Erol Önderoglu
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Can Dündar
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