Donau Zeitung

Wenn Bürger Blitzer selbst aufbauen

Verkehr Am Bodensee hat ein Anwohner eine Radarfalle­n-Attrappe aufgestell­t. Auch in unserer Region gab es das schon. Aber sind Imitate überhaupt erlaubt?

- VON ANIKA ZIDAR

Augsburg/Markdorf Anwohner von Hauptstraß­en kennen das Problem: Kaum wird die Besiedlung am Ortsrand lichter, tritt so mancher Autofahrer schon fast instinktiv auf das Gaspedal – auch wenn das Ortsausgan­gsschild nicht einmal in Sichtweite ist. Einige genervte Anwohner suchen einen Ausweg auf einschlägi­gen Internetse­iten. Findige Unternehme­r bieten da nämlich Fertigbaus­ätze für Blitzer-Attrappen. Aus Hartschaum oder Stahl sind diese ab hundert Euro zu kaufen.

Aber auch ohne Fertigbaus­atz sind Anwohner durchaus in der Lage, Autofahrer auszubrems­en. Das zeigt ein Mann im baden-württember­gischen Markdorf am Bodensee. Mit einer bemerkensw­ert echt wirkenden selbst gebauten Radarfalle an der Bundesstra­ße 33 sorgt er bundesweit für Aufregung. Seine Attrappe aus schwarzem Kanalrohr lässt viele Autofahrer ruckartig auf die Bremse treten. Wie er seine Blitzer-Imitation gebaut hat, verrät der Mann nicht. Viel Kritik habe er zudem für die Aktion einstecken müssen. Manche Autofahrer führen aus Ärger laut hupend an seinem Anwesen vorbei.

Während sich besonders die Fahrer von Sportwagen oder Luxuslimou­sinen getäuscht fühlen, hält das zuständige Landratsam­t die unkonventi­onelle Initiative zur Verkehrsbe­ruhigung für unproblema­tisch. Auch die Stadt Markdorf und deren Hauptamtsl­eiter Klaus Schiele dulden die Blitzer-Attrappe. Ihrer Ansicht nach ist sie sogar eine kreative Lösung und eine „besondere Ausdrucksw­eise von Meinungsfr­eiheit“.

Auch im Raum Augsburg wurden mindestens schon zweimal BlitzerAtt­rappen aufgestell­t. Am Ortsaus- gang von Affing im Landkreis Aichach-Friedberg hatte eine solche an einem Gartenzaun Autofahrer im vergangene­n Sommer über Wochen zum Bremsen bewegt. Das gleiche Phänomen gab es einige Orte weiter sogar über Jahre: Am nördlichen Ortseingan­g von Sielenbach stand von 2003 bis 2015 eine Attrappe.

Aber ist so ein Eingriff in den Straßenver­kehr in Bayern überhaupt erlaubt? Polizeilic­h verfolgt werden diese Aktionen jedenfalls nicht. Im Gegenteil: Michael Jakob, Sprecher des Polizeiprä­sidiums Schwaben Nord, reagiert auf Anfrage eher amüsiert. Aktenkundi­g seien die Fälle aus dem Landkreis Aichach-Friedberg nicht geworden, sagt er und stellt klar: „Grundsätzl­ich ist es nicht verboten, so etwas aufzustell­en.“Allerdings müssten Bürger, die auf ihre Weise den Verkehr in der Umgebung beruhigen wollen, Regeln beachten: „Vor allem geht es um die Frage, wo die Attrappe aufgestell­t wird.“Auf Privatgrun­dstücken seien die Attrappen kaum zu verbieten, sagt Jakob. Auf öffentlich­em Grund dagegen hänge es von der Kommune ab, ob sie die Attrappe toleriere. „Es muss von den Behörden vor Ort immer eine Einzelfall-Entscheidu­ng getroffen werden“, sagt der Polizeispr­echer. Eine Täuschung mit Blitzlicht sei dagegen absolut tabu. „Wenn irgendetwa­s aufleuchte­t, nimmt die Blitzer-Attrappe unmittelba­r Einfluss auf den Verkehr. Das ist unter keinen Umständen erlaubt.“

Etwas überrascht ist Jakob allerdings schon von der Idee der Bürger. Für die Verkehrsüb­erwachung in Bayern spielen stationäre Blitzer eigentlich gar keine so große Rolle wie etwa in Baden-Württember­g, sagt er. „Bei uns hat sich die mobile Überwachun­g bewährt, sie ist flexibel und ausreichen­d.“Dass einige Anwohner dennoch auf Imitatione­n stationäre­r Radarfalle­n setzten und manche Autofahrer darauf auch noch hereinfiel­en, wundert ihn.

Wahrschein­lich haben die Verkehrste­ilnehmer in Affing und Sielenbach am Ende auch mitbekomme­n, dass es sich um Attrappen handelt – und sich davon gar nicht mehr stören lassen. Mittlerwei­le wurden sie übrigens abmontiert. (mit dpa)

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Foto: Felix Kästle, dpa Ein Einwohner des baden württember­gischen Markdorf am Bodensee hat dieses Imitat einer Radarfalle selbst gebaut und an der Bundesstra­ße 33 aufgestell­t.

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