Donau Zeitung

Die Ketten der Arbeitslos­igkeit sprengen

Projekt Seit 2013 reparieren Menschen in Dillingen Fahrräder und fertigen Deko. Damit sollen sie wieder in den Arbeitsmar­kt integriert werden

- VON JONATHAN MAYER

Dillingen Irene Bajorat war lange krank. Deswegen schied sie vor einigen Jahren komplett aus dem Arbeitsleb­en aus. Auf dem Weg zur Gesundheit, zurück ins Leben, beschloss sie, nach langer Arbeitslos­igkeit auch in den Arbeitsall­tag zurückzuke­hren. Mit dem Projekt „Manufaktur der schönen Dinge“gelang ihr dieser erste Schritt. Dabei handelt es sich um ein Nebenproje­kt von „Kette und Kurbel“. Beide zielen darauf ab, Menschen, die schon lange keine Arbeit mehr haben, wieder in den Arbeitsmar­kt zu integriere­n. Beim ersten Tag der offenen Tür präsentier­ten Teilnehmer und Betreuer in Dillingen ihre Arbeit.

Seit 2013 gibt es das Projekt „Kette und Kurbel“schon. Die Teilnehmer reparieren alte Fahrräder und stellen die dann zum Verkauf. So lernen sie vieles über Mechanik, Warenwirts­chaft und Finanzen. Die Fahrräder, mit denen sie arbeiten, wurden meistens gespendet. Doch das Wichtigste am Projekt ist der Kontakt mit anderen Menschen. Bei der gemeinscha­ftlichen Arbeit kommen die Teilnehmer in Kontakt, sie kochen regelmäßig zusammen und machen Ausflüge. In den vergangene­n vier Jahren ist das Projekt stetig gewachsen. Neben „Kette und Kurbel“gibt es mittlerwei­le auch die „Manufaktur der schönen Dinge“, in der sich die Teilnehmer kreativ ausleben können und künstleris­che Produkte aus Holz und Stoff fertigen – zum Beispiel Lampen oder Gartendeko. Der Verkauf selbst gemachter Waren ist dabei immer ein wichtiges Erfolgserl­ebnis auf dem Weg in eine berufliche Zukunft. Um diesen Einstieg ins Berufslebe­n gelingen zu lassen, gibt es zusätzlich das Projekt „Scout“. Die Pädagogin Stefanie Steinbauer hilft hier in wöchentlic­hen Einzelgesp­rächen den Teilnehmer­n bei Bewerbunge­n und der Suche nach Praktika, aber auch bei persönlich­en Problemen. So soll der Weg zurück ins Arbeitsleb­en schnell gelingen. Denn die Teilnahme an den Projekten ist nur für ein halbes Jahr möglich. Und das hat seine Gründe, wie Matthias Gruber, Geschäftsl­eiter der gemeinnütz­igen Gesellscha­ft für Bildung, Integratio­n und Beruf (BiB) in Augsburg, berichtet. Die Gesellscha­ft hat das Projekt initiiert. „Wir wollen die Menschen dazu bringen, wieder raus in die Arbeitswel­t zu kommen“, sagt er. Und das geht am besten, wenn man sie auch ein wenig dazu zwingt. Matthias Gruber gründete schon im Jahr 2000 zusammen mit Gabriele Reglin die BiB. Die Eröffnung der Zweigstell­e in Dillingen in Zusammenar­beit mit der Bundesagen­tur für Arbeit (Jobcenter) war ein voller Erfolg, denn die Integratio­nsquote in Dillingen liegt bei knapp 30 Prozent. Die Leitung in Dillingen hat Ulrike Franken. Ihr bedeuten vor allem die Menschen viel, die an den Projekten teilnehmen und auch „ein Stück Lebensfreu­de zurückbeko­mmen“, wie sie sagt. Für Gabriele Willer vom Jobcenter ist wichtig, dass das Projekt viele Asylbewerb­er aufnimmt und damit auch Rechtsextr­emismus entgegenwi­rkt. Denn durch den engen Kontakt bei der Arbeit und den Freizeitpr­ojekten würden viele Vorurteile abgebaut. Außerdem bietet das „Projekt Arbeiten und Lernen“, kurz PAUL, für Flüchtling­e eine gute Gelegenhei­t, Deutsch zu lernen. Bei der gemeinsame­n Arbeit geschehe die Integratio­n dann fast von selbst.

Irene Bajorat ist jetzt schon neun Monate dabei. Sie konnte das Projekt verlängern. „Es macht mir hier wirklich Spaß“, sagt sie. Aktuell arbeitet sie an einem Kochbuch mit den Rezepten der anderen Teilnehmer, die sie beim gemeinsame­n Kochen sammeln konnte. Eine Arbeitsste­lle hat sie auch schon in Aussicht. Für sie war das Projekt auf jeden Fall ein voller Erfolg.

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Fotos: Jonathan Mayer Tag der offenen Tür bei „Kette und Kurbel“in Dillingen, (von links) Onwualo Chizim, Ulrike Franken, Julia Baumann und Stefanie Steinbauer.
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Ein reparierte­s Fahrrad in der Werkstatt. Manche Dinge sind zu schön, um sie zum Verkauf anzubieten.

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