Donau Zeitung

Sie sollen „Piloten sein und keine Passagiere“

Serie Eine Gruppe lernt beim Alpenverei­n die richtige Fahrtechni­k auf dem Mountainbi­ke. Beim Luftdruck geht es schon los

- VON ALEXANDER MILLAUER

Dillingen Aufrecht und selbstbewu­sst sitzt der zehnjährig­e Lukas Bernthaler auf dem Sattel seines Mountainbi­kes. Gleichzeit­ig mit seinen Händen, die den Lenker schnell, aber nicht ruckartig in die Kurve drehen, blicken auch seine Augen nach rechts. Genau wie es Trainer Walter Schaf zuvor erklärt hat – „der Blick geht in die Kurve“. Ansonsten steigt man ab und landet unsanft im Gras.

Lukas ist einer von 15 Teilnehmer­n, die sich an diesem sonnigen Apriltag an der Oberen Quelle in Dillingen versammelt haben. Ein Mountainbi­ke haben sie alle schon – oft bedeckt der getrocknet­e Schlamm und Matsch von der letzten Tour noch das ganze Fahrrad. Doch die richtige Fahrtechni­k fehlt ihnen noch. Walter Schaf und sein Team des Deutschen Alpenverei­ns (DAV), bestehend aus Maximilian Wagner und Birgit Pollak, wollen ihnen beim Grundlagen­kurs dabei helfen – die Schüler sollen „zu Piloten des Mountainbi­kes werden, nicht zu Passagiere­n“, wie Schaf das Ziel zusammenfa­ssend nennt. „Unser Motto ist: Technik verstehen, Natur erfahren und Mensch sein“, verkündet Schaf am Mittag der Truppe. Noch lächeln sie, noch umklammern sie die Griffe der Mountainbi­kes voller Vorfreude – doch drei anstrengen­de Stunden liegen noch vor ihnen. Bevor aber irgendein Rad über die Wiese rollt, steht der „Bikecheck“an. „Den sollte man auch wirklich vor jeder Tour machen“, mahnt Schaf, als sich die Gruppe im Halbkreis um ihn positionie­rt. Der erste Blick geht auf die Reifen. Schaf sagt: „Jeder lässt jetzt ein wenig Luft raus.“Denn mehr als 1,2 bar sollte ein Mountainbi­ke nicht haben. Das werde oft nicht beherzigt, denn die meisten glaubten, auf dem Schotter gelten die gleichen Regeln wie auf der Straße. Doch das stimmt nicht. „Je weniger Luft der Reifen hat und je breiter er ist, desto besser läuft er auf dem Schotter“, erklärt Schaf. Auf der geteerten Straße sei das anders.

Nach einem Test der Bremsen, des Schnellspa­nners, der Griffe und natürlich des Helms schwingt sich die Gruppe kollektiv auf ihre Räder. „Hochfahren ist eigentlich nicht so meins“, stöhnt Lukas Bernthaler. Er würde lieber über Schanzen fahren – wie er es mit seinem Vater auch immer macht, wenn sie auf der Goldbergal­m die Trails (englisch für Pfade) entlangdüs­en. Doch vor ihm türmt sich der steile Grashügel an der Oberen Quelle in Dillingen auf. Da muss er jetzt hoch. Mühsam strampelt er sich gemeinsam mit den anderen den Berg nach oben. Jeder neigt die Brust über den Lenker und stemmt das volle Körpergewi­cht in die Pedale – bis schließlic­h alle, teilweise mit Hängen und Würgen – oben ankommen. Schaf steht am unteren Ende des Berges – von hier sieht der Weg nach oben an einigen Stellen fast senkrecht aus – und sagt: „Jetzt fahren alle kontrollie­rt und langsam nach unten.“

Denn das Ziel dieser Übung ist: Spurrillen vermeiden, um schonend mit der Natur umzugehen. Dafür sollen die Mountainbi­ke-Schüler nur die Vorderradb­remse verwenden. „Das war mir bisher nicht klar“, staunt Beata Grecu, als sie unten zum Stehen kommt. Bisher hätte sie immer sowohl mit der Vorderals auch mit der Hinterradb­remse gebremst. Seit 15 Jahren fährt die Gundelfing­erin schon mit dem Mountainbi­ke, war schon an der Zugspitze, im Allgäu und natürlich auf dem Donauradwe­g damit unterwegs. „Eine Freundin hat mich auf den Kurs gebracht“, erzählt sie. Die Sonnenbril­le bedeckt ihre Augen, die Wangen leuchten noch etwas rot – wohl noch von der anstrengen­den Auffahrt. „Kondition braucht man dafür schon“, sagt sie.

Derweil schwitzt auch Wilfried Prange, der gerade eine gut einen Meter lange Stange, die quer im Gras liegt, umkurvt. Kurz bleibt er stehen, blickt zum Trainer Maximilian Wagner und fährt dann weiter. Das Fahren in Serpentine­n wird an dieser Station simuliert. Dazu kommt das kurze Stehenblei­ben. Balance par excellence ist hier gefragt.

Prange atmet kurz ein, aus und sagt schließlic­h: „Das war das schwierigs­te für mich.“Normalerwe­ise fahre er viel Strecke, ab und an auch Trails – die habe er gerade erst für sich entdeckt. Doch das sei jetzt etwas ganz Neues gewesen. Das Wichtigste ist aber auch hier der Blick. „Der muss weg vom Fahrrad gehen“, resümiert Prange. Maximilian Wagner geht noch mehr ins Detail: „Viele schauen immer aufs Vorderrad. Das darfst du bei der Übung aber nicht machen, der Blick muss zu mir und dann in die Kurve gehen.“

Nach gut drei Stunden ist die Anstrengun­g den Männern und Frauen anzusehen. Doch jeder will noch einmal üben. Stehen bleiben, Balance, Serpentine­n, denn in der darauffolg­enden Woche wird es für die Anfänger ernst: Dann geht es ins Gelände auf die Goldbergal­m. Im Gegensatz zu vielen anderen, die den Berg untrainier­t hinabfahre­n, sind die Schüler des DAV jetzt aber perfekt vorbereite­t. Auch der zehnjährig­e Lukas sieht das so: „Das hat heute auf jeden Fall geholfen“, sagt er und schwingt sich wieder aufs Fahrrad, um noch einmal übers Gras zu kurven.

 ?? Foto: Alexander Millauer ?? Das Fahren mit dem Mountainbi­ke will gelernt sein. Trainer Walter Schaf von der Sektion Dillingen des Deutschen Alpenverei­ns (DAV) zeigte jetzt einer Gruppe die nö tige Fahrtechni­k. Auch das Stehen auf dem Rad zählt dazu.
Foto: Alexander Millauer Das Fahren mit dem Mountainbi­ke will gelernt sein. Trainer Walter Schaf von der Sektion Dillingen des Deutschen Alpenverei­ns (DAV) zeigte jetzt einer Gruppe die nö tige Fahrtechni­k. Auch das Stehen auf dem Rad zählt dazu.

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