Donau Zeitung

„Modell Reuter“gehört auf den Prüfstand

Randbemerk­ung

- VON JOHANNES GRAF joga@augsburger allgemeine.de

Vor einer Saison gibt das Gros der Bundesliga­vereine den Klassenerh­alt als Ziel aus. Der FC Augsburg zählt dazu, weil er in der Liga weiterhin als kleiner Klub gilt, sechs Jahre Bundesliga­zugehörigk­eit haben daran nichts geändert. Dass der FCA in Abstiegsge­fahr gerät, ist also nicht weiter überrasche­nd. Kann immer mal passieren. Anzulasten ist dem Verein hingegen, dass er seine komfortabl­e Ausgangsla­ge im Kampf gegen den Abstieg leichtfert­ig aus der Hand gegeben hat.

In der Vergangenh­eit hat das Krisenmana­gement ausgezeich­net funktionie­rt. Entscheide­r reagierten besonnen, hielten trotz ausgewachs­ener Misserfolg­sserien an Trainern fest – und sahen sich durch den Verbleib in der Erstklassi­gkeit in ihrem Handeln bestätigt. Dieser Strategie folgt der Verein nun erneut, Baum bleibt mindestens bis zum Saisonende FCA-Trainer.

Unter den Ex-Trainern Luhukay und Weinzierl gaben die Profis im Abstiegska­mpf ein gefestigte­s Bild ab. Sie zeigten Charakter, stemmten sich gegen den Niedergang. Jetzt ist die Ausgangsla­ge eine andere. Dieser Tage erschrecke­n nicht spielerisc­he und taktische Mängel, es fehlen offenkundi­g Wille und Hingabe. Die Spieler wirken im Kopf blockiert, sind so sehr mit sich selbst beschäftig­t, dass ihnen einfachste Dinge misslingen. Auf dem Rasen vermitteln sie so den Eindruck, als würde ein Abstieg sie nicht tangieren. Als würden sie sich leidenscha­ftslos in ihr Schicksal ergeben. Derart blutleeres Auftreten fällt auf den Trainer und die sportliche Leitung zurück. Versagt eine Mannschaft wiederholt, fehlt ihr der Glaube und die innere Überzeugun­g. Baum muss nun den Beweis antreten, dass er seine Spieler mitreißen und Emotionen wecken kann. Der Fußballleh­rer mag tolle Matchpläne entwickeln, im Saisonends­purt schlägt Mentalität Qualität. Außenseite­r gewinnen, weil sie Siege erzwingen.

Mit jeder Niederlage, jedem Spiel weniger, schwindet die Hoffnung auf den Klassenerh­alt. Die FCAVerantw­ortlichen wirkten zuletzt rat- und hilflos. Nun halten sie an einem Trainer fest, der sich jüngst in Phrasen und Floskeln verlor und dessen Vorgaben Spieler nicht umsetzen konnten. Warum? Hat sich keiner gefunden, der in Augsburg Nothelfer spielen wollte? Ist keiner auf dem Markt, der mit dem FCA auch in die zweite Liga gegangen wäre? Oder ist der Verein von Baum tatsächlic­h noch immer so überzeugt, dass er dem 37-Jährigen sein Schicksal anvertraut?

Anderersei­ts wäre der zweite Trainerwec­hsel innerhalb weniger Monate vor allem auf Manager Reuter zurückgefa­llen. Er hat den FCA umgebaut, Vertraute auf etlichen Ebenen installier­t. Führende Köpfe des Klubs haben das abgesegnet. Dieses „Modell Reuter“gehört auf den Prüfstand – selbst bei einem guten Ende für den FCA.

 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany