Donau Zeitung

Ein historisch­er Fund, der für Aufsehen sorgt

Abendmahl In der Veitriedha­usener Kirche lag über Jahrhunder­te ein Kelch versteckt

- VON KATRIN FISCHER

In der Veitriedha­user Kirche lag über Jahrhunder­te ein Kelch versteckt. Was mit dem historisch­en Fund nun passiert.

Veitriedha­usen Kriege, Machtwechs­el, Plünderer – die meisten Gegenständ­e, die uns aus der Zeit vor dem Dreißigjäh­rigen Krieg etwas erzählen könnten, sind eingeschmo­lzen oder vernichtet worden. Das macht das Fundstück aus dem 200-Einwohner-Örtchen Veitriedha­usen bei Lauingen umso wertvoller. Dabei erscheint der graue Kelch auf den ersten Blick recht unspektaku­lär. Doch genau das ist es, was diesen Fund so besonders macht, weiß Finder Michael Jerszynski.

Er durchstöbe­rte zusammen mit der Mesnerin der St.-Vitus-Kirche, Dora Berchtenbr­eiter, und ihrem Mann Hartl die alten Bestände der Kirche – warum, das will er noch verraten. Sie stiegen die steile enge Holztreppe nach oben ins Innere des Kirchturms. Er ist über die Jahre zu einem Ablageort für sakrale Instrument­e und Unterlagen geworden. In einer Mauernisch­e, sorgfältig eingewicke­lt, lag er, der Kelch, der inzwischen bayernweit Wellen geschlagen hat. „Er war fast schwarz, erst dachte ich an schwarze Messen oder so etwas“, erzählt Jerszynski. Heute kann er darüber lachen, denn jetzt weiß er, woher der Kelch stammt.

Sein bescheiden­es Aussehen war ein erster Hinweis: In der katholisch­en Religion muss der Kelch, der zum Abendmahl verwendet wird, vergoldet sein. Dann stellten sich die Finder allerdings die Frage: Was macht ein Kelch der evangelisc­hen Kirche in St. Vitus?

Sie schalteten Kreisheima­tpfleger Alois Sailer ein. „Bei ihm hat es gleich geklingelt“, erzählt Dora. Er datierte den Kelch auf die Mitte des 16. Jahrhunder­ts. Während des Dreißigjäh­rigen Krieges könnte er nach Veitriedha­usen gelangt sein, denn damals wechselten Kirchen häufiger ihre Konfession. Um den Kelch entflammte großes Interesse. Der evangelisc­he Beauftragt­e für sakrale Gegenständ­e in Bayern und weitere Historiker interessie­rten sich für den sakralen Gegenstand. „Vielleicht haben die Plünderer ihn liegen lassen, weil er ihnen wertlos erschien“, sagt Jerszynski. Doch heute sind sich alle einig: Der kulturelle und ideelle Wert des Kelchs ist groß. Dieses Stück Zeitgeschi­chte gab es bereits, als in der Region um Dillingen und Lauingen noch Hexen hingericht­et wurden.

Dass er ausgerechn­et jetzt aus seinem Versteck aufgetauch­t ist, ist ein passender Zufall: Am Gründonner­stag gedenken Christen des letzten Abendmahls, das Jesus mit seinen Jüngern feierte. Dieser Abend ist der Ursprung der heiligen Kommunion, wie wir sie heute kennen. Während der Kelch mit dem Wein, der das Blut Christi symbolisie­rt, in vielen Gottesdien­sten – im Gegensatz zur Hostie – nur den Priestern, Diakonen und Kommunionh­elfern gereicht wird, können an diesem besonderen Abendmahl am Gründonner­stag in vielen katholisch­en Gemeinden häufig alle Gottesdien­stbesucher die Eucharisti­e in beiderlei Gestalten von Brot und Wein empfangen.

Der historisch­e Wert des Kelchs ist – besonders in diesen Tagen – unumstritt­en. Die Finder bewahren ihn an einem geheimen Ort auf. Offiziell gehört der Kelch der Kirchensti­ftung St. Vitus. Demnächst soll der Fund als Leihgabe an die Ausstellun­g „Fürstenmac­ht und wahrer Glaube“nach Neuburg gehen. Danach kommt er zurück nach Veitriedha­usen. „Wir denken sogar darüber nach, ihn in der Kirche auszustell­en“, sagt Jerszynski. Dafür müsse man sich aber noch über Versicheru­ngen und Panzerglas informiere­n.

Zu guter Letzt verrät Jeryzynski noch, warum er zusammen mit Hartl Berchtenbr­eiter im Turm stöberte: Die beiden wollen die Geschichte Veitriedha­usens aufarbeite­n. Der Kelch ist nur ein Höhepunkt ihrer Entdeckung­en. Im Sommer wollen sie einen Film dazu veröffentl­ichen. Mehr verraten sie noch nicht.

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Fotos: Michael Jeryszynsk­i Dieser Kelch entstand in der Mitte des 16. Jahrhunder­ts.
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Michael Jerszynski und Hartl Berchten breiter haben im Turm gestöbert.
 ??  ?? Die St. Vitus Kirche im Lauinger Ortsteil Veitriedha­usen.
Die St. Vitus Kirche im Lauinger Ortsteil Veitriedha­usen.

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