Ein historischer Fund, der für Aufsehen sorgt
Abendmahl In der Veitriedhausener Kirche lag über Jahrhunderte ein Kelch versteckt
In der Veitriedhauser Kirche lag über Jahrhunderte ein Kelch versteckt. Was mit dem historischen Fund nun passiert.
Veitriedhausen Kriege, Machtwechsel, Plünderer – die meisten Gegenstände, die uns aus der Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg etwas erzählen könnten, sind eingeschmolzen oder vernichtet worden. Das macht das Fundstück aus dem 200-Einwohner-Örtchen Veitriedhausen bei Lauingen umso wertvoller. Dabei erscheint der graue Kelch auf den ersten Blick recht unspektakulär. Doch genau das ist es, was diesen Fund so besonders macht, weiß Finder Michael Jerszynski.
Er durchstöberte zusammen mit der Mesnerin der St.-Vitus-Kirche, Dora Berchtenbreiter, und ihrem Mann Hartl die alten Bestände der Kirche – warum, das will er noch verraten. Sie stiegen die steile enge Holztreppe nach oben ins Innere des Kirchturms. Er ist über die Jahre zu einem Ablageort für sakrale Instrumente und Unterlagen geworden. In einer Mauernische, sorgfältig eingewickelt, lag er, der Kelch, der inzwischen bayernweit Wellen geschlagen hat. „Er war fast schwarz, erst dachte ich an schwarze Messen oder so etwas“, erzählt Jerszynski. Heute kann er darüber lachen, denn jetzt weiß er, woher der Kelch stammt.
Sein bescheidenes Aussehen war ein erster Hinweis: In der katholischen Religion muss der Kelch, der zum Abendmahl verwendet wird, vergoldet sein. Dann stellten sich die Finder allerdings die Frage: Was macht ein Kelch der evangelischen Kirche in St. Vitus?
Sie schalteten Kreisheimatpfleger Alois Sailer ein. „Bei ihm hat es gleich geklingelt“, erzählt Dora. Er datierte den Kelch auf die Mitte des 16. Jahrhunderts. Während des Dreißigjährigen Krieges könnte er nach Veitriedhausen gelangt sein, denn damals wechselten Kirchen häufiger ihre Konfession. Um den Kelch entflammte großes Interesse. Der evangelische Beauftragte für sakrale Gegenstände in Bayern und weitere Historiker interessierten sich für den sakralen Gegenstand. „Vielleicht haben die Plünderer ihn liegen lassen, weil er ihnen wertlos erschien“, sagt Jerszynski. Doch heute sind sich alle einig: Der kulturelle und ideelle Wert des Kelchs ist groß. Dieses Stück Zeitgeschichte gab es bereits, als in der Region um Dillingen und Lauingen noch Hexen hingerichtet wurden.
Dass er ausgerechnet jetzt aus seinem Versteck aufgetaucht ist, ist ein passender Zufall: Am Gründonnerstag gedenken Christen des letzten Abendmahls, das Jesus mit seinen Jüngern feierte. Dieser Abend ist der Ursprung der heiligen Kommunion, wie wir sie heute kennen. Während der Kelch mit dem Wein, der das Blut Christi symbolisiert, in vielen Gottesdiensten – im Gegensatz zur Hostie – nur den Priestern, Diakonen und Kommunionhelfern gereicht wird, können an diesem besonderen Abendmahl am Gründonnerstag in vielen katholischen Gemeinden häufig alle Gottesdienstbesucher die Eucharistie in beiderlei Gestalten von Brot und Wein empfangen.
Der historische Wert des Kelchs ist – besonders in diesen Tagen – unumstritten. Die Finder bewahren ihn an einem geheimen Ort auf. Offiziell gehört der Kelch der Kirchenstiftung St. Vitus. Demnächst soll der Fund als Leihgabe an die Ausstellung „Fürstenmacht und wahrer Glaube“nach Neuburg gehen. Danach kommt er zurück nach Veitriedhausen. „Wir denken sogar darüber nach, ihn in der Kirche auszustellen“, sagt Jerszynski. Dafür müsse man sich aber noch über Versicherungen und Panzerglas informieren.
Zu guter Letzt verrät Jeryzynski noch, warum er zusammen mit Hartl Berchtenbreiter im Turm stöberte: Die beiden wollen die Geschichte Veitriedhausens aufarbeiten. Der Kelch ist nur ein Höhepunkt ihrer Entdeckungen. Im Sommer wollen sie einen Film dazu veröffentlichen. Mehr verraten sie noch nicht.