Viel Zuspruch für die Rolle rückwärts
Bildung In Bayern kehrt nach 13 Jahren das G 9 in den Schulalltag zurück. Nicht alle Rektoren im Landkreis Dillingen sehen die erneute Reform durchweg positiv
Landkreis Nach 14 Jahren der Diskussionen wird in Bayern zum Schuljahr 2018/19 wieder das G9 eingeführt. Das weckt vor allem die Hoffnungen vieler Eltern. Mit der Reform kommen aber auch neue Herausforderungen auf die Schulen zu. Wir haben die Rektoren der Gymnasien im Landkreis über diese Neuentwicklung befragt.
Wie die meisten Eltern ist auch Hans Lautenbacher, Schulleiter des Lauinger Albertus-Gymnasiums, froh, dass die Diskussion um das achtjährige Gymnasium jetzt beendet ist. Vor allem ist ihm wichtig, dass nach dem langen Hin und Her wieder Ruhe im Schulalltag einkehrt. Obwohl die Schüler in Lauingen laut Lautenbacher gut mit dem G8 zurechtkämen, hält er aus pädagogischen Gründen das G9 für die bessere Alternative. „Für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler ist das zusätzliche Jahr ein großer Gewinn“, sagt Lautenbacher. Und durch den Wegfall des Nachmittagsunterrichts hätten die Schüler auch wieder mehr Zeit für sich. Ob durch die Reform das Abitur auch an Qualität gewinnt, kann Lautenbacher allerdings noch nicht beurteilen. Sicher sei jedoch, dass das Albertus-Gymnasium die zusätzliche Jahrgangsstufe aufnehmen kann, ohne das Schulgebäude umbauen zu müssen. Denn seit dem Schuljahr 2011/12 sind acht Räume zum Gymnasium hinzugekommen, die vorher Teil der Außenstelle der CarolinaFrieß-Grundschule in Lauingen waren.
Obwohl das St.-BonaventuraGymnasium in Dillingen keine Probleme mit dem G 8 hatte, hält Rektor Franz Haider die Rolle rückwärts für eine gute Entscheidung. Denn die Schüler seien in der dreizehnten Klasse wesentlich reifer als in der zwölften. „Die gefundene Lösung gibt uns die Zeit, die wir brauchen, um die Erwartungen der Gesellschaft zu erfüllen“, sagt Haider. Durch die Reform wird in dem zusätzlichen Jahr mehr Wert auf die politische Bildung und den Umgang mit Medien gelegt. Haider hält es auch deshalb für möglich, dass die Qualität des Abiturs in Bayern zunimmt. Was das G8 angeht, zieht Haider ein ähnliches Fazit wie viele andere auch. „Zu schnell eingeführt und zu lange daran rumgebastelt“, wie er sagt. Allerdings hätte es gute pädagogische Ansätze gehabt. Der Aufnahme der zusätzlichen Jahrgangsstufe sieht Haider gelassen entgegen. Man müsse allerdings einige Räume umwidmen. Am Johann-Michael-Sailer Gymnasium in Dillingen sieht man die Dinge ähnlich. Direktor Kurt Ritter freut sich über die Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums. Denn die Schüler und Eltern fänden das besser. „Die Reform ist durchdacht, und ich hoffe, dass sie so durchgeführt wird“, sagt Ritter. Er betont allerdings auch, dass durch das Pilot-Projekt der Mittelstufe Plus am Sailer ohnehin bereits die neunjährige Option besteht. Und das bleibt vorerst auch so. Der Rektor des Sailer-Gymnasiums hofft darauf, dass die zukünftigen Abiturienten durch das zusätzliche Jahr reifer werden. Denn die Oberstufe würde sich im G9 verändern und im Niveau ansteigen. Und vor allem bräuchten die Universitäten bessere und reifere Studenten.
Das G 8 hält Kurt Ritter aber auch weiterhin für machbar. Ein wesentliches Problem für die Schüler sei im Landkreis die Anbindung mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gewesen. Denn durch die teilweise sehr langen Heimwege mit dem Bus würden die Schüler aktuell noch viel Freizeit verlieren. Es bleibe aber abzuwarten, ob sich die Schüler im G 9 durch die zusätzliche Zeit auch wieder mehr in ihrer Freizeit engagieren werden. Denn im G 8 hätte man gemerkt, dass das Interesse am Wahlunterricht zurückgeht. Dabei sei Schule mehr als nur Unterricht. Der aktuelle Umbau des Schulgebäudes sei von der Reform nicht betroffen. Denn die Schule habe auch nach dem Umbau noch genügend Räume für eine zusätzliche Jahrgangsstufe.
Bernhard Hof vom Gymnasium in Wertingen will die erneute Schulreform im Gespräch mit unserer Zeitung nicht bewerten. „Das ist eine politische Entscheidung des Landtages, der durch das Volk legitimiert ist. Das will ich nicht infrage stellen“, sagt Hof. Man habe in Wertingen mit großen Bemühungen das G 8 umgesetzt und damit Erfolg gehabt. Ob sich durch das neue G9 das Gymnasium als Schulform verbessern wird, hänge auch von der Umsetzung im Lehrplan ab.
Gut findet Hof, dass auch in Zukunft sehr gute Schüler durch die Möglichkeit, die elfte Klasse zu überspringen, gefördert werden. Und er hofft, dass das Abitur durch die Reform nicht entwertet wird und die zukünftigen Abiturienten durch das zusätzliche Jahr gleich wissen werden, was sie studieren wollen, ohne ein Jahr Auszeit zu brauchen. Was die Zahl der verfügbaren Klassenräume angeht, denkt Hof, dass sich diese Frage erst in einigen Jahren stellen wird. Nämlich dann, wenn die zusätzliche Jahrgangsstufe tatsächlich auf die weiterführende Schule kommt.