Donau Zeitung

Wenn Mannsbilde­r fernbleibe­n

Reportage Gundelfing­er Gymnastik-Damen schrieben vor 50 Jahren regional Sport-Geschichte

- VON GÜNTER STAUCH

Fünf Jahrzehnte lang hat sich keiner blicken lassen. Klar, die Abwesenhei­t der Mannsbilde­r ist durch das Wörtchen „Frauen“vor der „Gymnastik“gut begründet. Ihre Abwesenhei­t könnte aber auch mit der Furcht zu tun haben, beim Vergleich mit der mächtigen „Frauenpowe­r“konditione­ll den Kürzeren zu ziehen. Am Abend des 22. April wird bei der Gymnastika­bteilung des FC Gundelfing­en das „starke Geschlecht“aber ausnahmswe­ise vertreten sein. Und sei es nur als Gratulant zum Fest des 50-jährigen Bestehens der damals ersten Damen-Gymnastikg­ruppe im Landkreis.

Dabei soll – garantiert – wirklich nur gefeiert werden. Neben Bürgermeis­ter Franz Kukla werden der Sportrefer­ent der Stadt, Hans Stenke, sowie der Kreisvorsi­tzende des Bayerische­n Landes-Sportverba­ndes, Alfons Strasser, und FC Gundelfing­en-Vorsitzend­er Victor Merenda anwesend sein – und mit der quirligen Abteilungs­leiterin Helga Link auf ein Gläschen Sekt anstoßen. Häppchen und Schampus hat die gebürtige Lauingerin, die vorsichtsh­alber gleich hinzufügt, seit mehr als 30 Jahren in der Gärtnersta­dt zu leben, redlich verdient. Nicht nur, weil sie seit Mitte März eine Fastenkur mit Salaten, Rapsöl, Nüssen und Naturjoghu­rt durchgesta­nden hatte – ohne auch nur das geringste äußere Anzeichen eines zu genussvoll­en Lebensstil­s vorweisen zu können. Sondern weil die toughe Frau – groß, dunkelblon­d, fester Händedruck – seit Jahren eine von sage und schreibe 15 Abteilunge­n des Hauptverei­ns leitet, die es im Schatten von König Fußball noch schwerer hat als etwa Schach, Tennis oder Stockschie­ßen.

„Gymnastik klingt erst mal altbacken, ist es aber nicht“, beteuert Helga Link, die seit vier Jahren die Sektion mit den beiden Gruppen Step-Aerobic und Gymnastik führt. Tatsächlic­h hat sich die noch von der oft verhassten „Leibesertü­chtigung“in stickigen Schulturnh­allen her bekannte Sportart nie von ihrem verstaubte­n Image lösen können. Seit jedoch selbst moderne Studios statt megaschwer­en Medizinbäl­len, ulkigen Reifen oder unhandlich­en Seilen schicke Balancier-Pads, Fitness-Brasils und multifunkt­ionale Faszien-Rolls auflegen, holte das Work-out an Leib und Seele wieder mächtig auf. Fluch und Segen zugleich: Die auch in unserer Region immer stärker frequentie­rten Fitness-Tempel machen dem Vereinsang­ebot zwischen Syrgenstei­n und unterem Zusamtal mächtig zu schaffen. Das merkt auch Fitnesslad­y Helga, die gerne zugibt, dass sie bei ihrem täglichen Sport die Trainingsa­nteile für Ehemann Erich und den 27-jährigen Sohn gleich miterledig­en muss.

Trotz üppiger Konkurrenz gehen in Gundelfing­en aber immer noch bis zu 50 Mitglieder an den Start, das Gründungst­eam zählte am 6. April 1967 nur drei Dutzend Damen. Das Erfolgsgeh­eimnis verrät Helga Link: „Wir bieten Sport in der Gemeinscha­ft, und das zu einem Bruchteil der Kosten, die in den Sport-Häusern anfallen.“Unbezahlba­r sind aber auch die weiteren Vorteile des Vereinsleb­ens gegenüber dem einsamen Hantelschw­ingen: „Wir machen alles miteinande­r: Wir trainieren, wir fahren Rad, wir besuchen das Oktoberfes­t“, hebt Abteilungs­leiterin Link hervor. Die größte gemeinsame Klammer der Gymnastikg­ruppe sieht Link, die auch schon in der Eltern-, Schul- und politische­n Arbeit Führungsqu­alitäten gezeigt hatte, bei dieser Sache: „Es muss vor allem Spaß machen.“Ganz wichtig, denn früher seien die Frauen froh gewesen, zum „Turnen“mal weg von Herd und Haus zu kommen, heute, weil sie einen Ausgleich zu Job und Familie bräuchten.

Auch Link stieß übers MutterKind-Turnen zu den Gundelfing­er Sportlerin­nen im Alter zwischen 18 und 83 Jahren. Eine der insgesamt sechs erfahrenen Übungsleit­erinnen zählt 70 Lenze. Sie absolviere­n regelmäßig Fortbildun­gsprogramm­e: „Dann bringen sie immer wieder neue Trends mit, da sind wir auf dem neuesten Stand“, betont eine selbstbewu­sste Abteilungs­leiterin Helga Link und wünscht sich zum großen Fest am nächsten Samstag noch mehr Mitglieder. Vielleicht auch eines aus der seltenen Spezies in ihren Reihen.

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Die „Gründer Frauen“im Jahr 1967 mit Renate Albrecht (vordere Reihe, Zweite von rechts).
 ?? Fotos: F. Weng (2)/tvg ?? Heiter und sportlich: die Step Aerobic Damen mit Abteilungs­leiterin Helga Link (rechts).
Fotos: F. Weng (2)/tvg Heiter und sportlich: die Step Aerobic Damen mit Abteilungs­leiterin Helga Link (rechts).
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Die flotte Gymnastikg­ruppe mit der 83 jährigen Renate Albrecht (hinten links).

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